Review: Golden Kamuy (Vol. 1)

Viele Anime-Serien nutzen als Handlungsort oftmals den Ballungsraum um Tōkyō. Die nördlichste Hauptinsel Japans wird jedoch nur äußerst selten thematisiert. Golden Kamuy versetzt den Zuschauer nicht nur nach Hokkaidō, sondern zugleich auch in die ausgehende Meiji-Zeit.

Golden Kamuy ist kurz nach dem russisch-japanischen Krieg angesiedelt. Im Mittelpunkt der Erzählung steht der ehemalige Soldat Sugimoto Saichi, der aus der Armee entlassen wurde und jetzt als Tagelöhner und Herumtreiber sein Geld verdient. Während er in der winterlichen Idylle in einem Bach Gold schürft, erzählt ihm ein alter Mann eine mysteriöse Geschichte. So gab es auf Hokkaidō einst riesige Goldvorkommen, das eine bestimmte Gruppe von Ainu angehäuft hat. Als die Japaner das Land erschlossen, wurden die Ainu von einem von Gier getriebenen Mann ermordet. Auf seiner Flucht hat der Mann den Goldschatz irgendwo in der Einöde von Hokkaidō versteckt. Im Gefängnis hat er den Weg zum Schatz auf den Rücken von anderen Häftlingen tätowiert und jenen, denen die Flucht gelingt, hätten einen Anspruch auf die Hälfte des Schatzes. Das macht Sugimoto, der sich selbst als „unsterblich“ bezeichnet, hellhörig und neugierig. Während seiner Suche nach dem Schatz respektive nach ehemaligen Gefangenen trifft Sugimoto auf die junge Ainu Asirpa. Mit dieser schließt er sich zusammen, denn ihr Vater gehörte zu den Ainu, die wegen des Goldes ermordet wurden. Während der unsterbliche Sugimoto seine Kraft und sein Können demonstrieren kann, steuert Asirpa ihr Wissen über die Wildnis bei, die die beeindruckende Kulisse der Anime-Serie ausmacht.

Lebensweise der Ainu als Erzählfaktor

Mit jeder einzelnen Episode von Golden Kamuy setzen Sugimoto und Asirpa das Rätsel um den Goldschatz immer mehr zusammen. Dabei müssen sie sich großen Gefahren wie einem Bärenangriff und gefährlichen Bedrohungen wie mordlustigen Soldaten stellen. Die Story ist spannend und zeigt mit solchen Mitteln verschiedene Facetten des Überlebens, woran auch Asirpa nicht ganz unschuldig ist. Sie zeigt Sugimoto und somit auch dem Zuschauer in vielen Szenen die Lebensweise der Ainu. Zusammen mit der Darstellung der Natur und der Tiere ergibt sich so ein symbiotisches Gesamtbild, das dem Zuschauer einen guten Eindruck von der Zeit und der Lebensweise der Ainu verleiht. Allerdings findet die Geschichte von Golden Kamuy nicht nur in der Wildnis statt. Hin und wieder führt es die Charaktere auch (zurück) in die Zivilisation, wie zum Beispiel in die Stadt Otaru, um nach neuen Informationen zu dem Verbleib der entflohenen Häftlinge einzuholen. Mit der Zeit kommen weitere Figuren wie der wahnsinnige Tsurumi Tokushirō oder der undurchsichtige Hijikata Toshizō hinzu, die sich Sugimoto und Asirpa auf die eine oder andere Weise in den Weg stellen. Trotz der ernsten Situation bleibt in Golden Kamuy auch Platz für humorvolle Einlagen, die etwas aufgesetzt wirken, die Darstellung des tristen Alltags der Charaktere aber dafür sehr wohl auflockern.

Trennung zwischen beweglichen und festen Elementen

In visueller Hinsicht besticht die Anime-Serie des noch sehr jungen Geno Studios in erster Linie mit ihren detailliert ausgearbeiteten Charakteren. Die zeitgemäßen Kleidungsstücke der Figuren sind mit zahlreichen Einzelheiten gespickt, die positiv ins Auge springen. Weniger gelungen ist jedoch das Zusammenwirken von beweglichen und festen Elementen im Bild. Die Animationen haben kaum bis gar keine Auswirkung auf die Umgebung. Wenn Fußstapfen im Schnee notwendig sind, beginnt die Einstellung meist in der laufenden Szene. Teilweise fehlen sie aber auch ganz, was die Atmosphäre zu einem guten Teil stört. Neben dem leicht defizitären Bild in Full-HD kann Golden Kamuy aber mit der guten Klangqualität in DTS-HD Master Audio 2.0 punkten. Die meist ruhigen Melodien passen hervorragend zur winterlichen Präsentation. Hinzu kommen atmosphärische Soundeffekte wie das Rauschen des Windes oder das Knistern an Feuerstellen, die in der japanischen Tonspur aber etwas klarer wirken. Dennoch warten sowohl die japanische als auch die deutsche Synchronfassung mit sehr guten Sprechern auf, die ihre Charaktere mit Leben erfüllen. Laut Herstellerangaben dürfen sich Käufer über ein Tattoo, zwei Art Cards und eine Leseprobe als physische Boni freuen. Im digitalen Bonusmaterial liegen hingegen sechs kurze und halbwegs lustige Bonus-Clips bei.

Geschrieben von Eric Ebelt

Erics Fazit (basierend auf der Blu-ray-Fassung): Golden Kamuy überzeugt von der ersten Minute an. Anstatt die Helden in aller Breite vorzustellen, werden sie in der Anime-Serie des Geno Studios beiläufig charakterisiert. So bleibt mehr Zeit für die Entfaltung der spannenden Story, in der sich Sugimoto Saichi und Asirpa mit gefährlichen und bedrohlichen Situationen konfrontiert sehen müssen. Um die Handlung voranzutreiben, bedient sich die Serie immer wieder an der Darstellung der Lebensweise der Ainu. So erfährt der Zuschauer nicht nur mehr über die (einstige) Lebensweise der Ainu, sondern auch mehr über die Zeit, in der Golden Kamuy spielt. Die Serie möchte dabei authentisch bleiben, bedient sich aber auch Freiheiten. Bei Hijikata Toshizō handelt es sich beispielsweise um eine historische Persönlichkeit, die 1869 als Anführer der Shinsengumi getötet wurde. Nichtsdestotrotz überzeugt die Geschichte um Sugimoto und Asirpa mit ihrem Detailreichtum, dem sich kein Interessent von historischen Werken entziehen kann. So darf es in der zweiten Volume gerne weitergehen!

Vielen Dank an Kazé Anime für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Golden Kamuy (Vol. 1)!

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