Nicht selten erscheinen Anime-Serien in übersetzter Form erst viele Jahre nach der ersten Veröffentlichung im deutschsprachigen Raum. Anders sieht es bei Dr. Stone aus dem Jahr 2019 aus. Bereits im März 2021 veröffentlichte Kazé Anime die erste Volume hierzulande.
An der Oberschule der drei Oberschüler Ōki Taiju, Ishigami Senku und Ogawa Yuzuriha geht alles seinen gewohnten Gang. Senku ist im Wissenschaftsclub aktiv und Taiju möchte seiner Freundin Yuzuriha nach über fünf Jahren endlich seine Gefühle gestehen. Genau in diesem Moment blitzt in der Ferne ein Licht auf. Dieses sorgt dafür, dass plötzlich alle Menschen auf der Erde versteinert werden. Insgesamt 3700 Jahre vergehen. In dieser Zeit erobert die Flora und die Fauna den Planeten Stück für Stück zurück. Städte weichen Wäldern und Tiere leben in freier Wildbahn, die zuvor noch domestiziert oder in zoologischen Gärten gelebt haben. Im ersten Moment klingt das wie das Finale eines Science-Fiction-Films, in dem die Menschheit einen ordentlichen Denkzettel verpasst bekommen hat. Nach 3700 Jahren löst sich allerdings die Versteinerung von Taiju, der daraufhin lernen muss, sich in der Wildnis zurechtzufinden. Die einsame Idylle währt jedoch nicht lange, denn die Zivilisation besteht bereits aus einem anderen Menschen. Sein Freund Senku hat erst sich selbst und dann offenbar auch noch Taiju aus dem ewigen Schlummer befreit. Gemeinsam beginnen sie damit, die Zivilisation wieder aufzubauen. Dazu erwecken sie einerseits ihre Freundin Yuzuriha wieder zum Leben und andererseits befreien sie den sehr kampferprobten, aber leider zwielichtigen Shishiō Tsukasa.
Grüne Zukunft
Somit dreht sich in Dr. Stone bei Weitem nicht alles um den Wiederaufbau der Zivilisation und dem erneuten Erfinden von Werkzeugen, Waffen und Innovationen. Es geht im Grunde auch um die gesellschaftliche und politische Form der „neuen“ Welt, denn Tsukasa ist der Ansicht, dass gerade ältere Leute nicht aus dem Stein befreit werden sollten. Nur die jungen und starken Menschen sollten die Welt bevölkern und im Einklang mit der Natur leben. Da Senku diese Meinung nicht vertreten kann, prallen die beiden schnell aufeinander. Ebenfalls wird in den sechs Episoden, die jeweils eine ungefähre Laufzeit von 24 Minuten aufweisen, auch die Frage nach dem Versteinerungsprozess gestellt und ob diese fantasievolle Idee nicht auch mit wissenschaftlichen Mitteln erklärt werden kann. Dies all spielt vor einer wundervollen Kulisse, in der die japanische Metropolregion um Tōkyō von der Natur eingenommen wurde. Es sind jedoch auch Orte wie der Kōtoku-Tempel in der Stadt Kamakura zu erkennen, die ihren realen Vorbildern zum Verwechseln ähnlich sehen. Ein anderes wunderbares Bild ist der Blick auf den Fuji durch einen tropisch wirkenden Dschungel. Das Szenario wird in dieser Hinsicht sehr gut eingefangen und weckt regelmäßig das Interesse beim Zuschauer, sich in dieser Welt von der ersten Minute an wirklich heimisch zu fühlen. Durchweg atmosphärisch!
Physische Boni, digitale Mali
Das Bonusmaterial der ersten Volume der Anime-Serie Dr. Stone fällt sehr üppig aus. So liegt der Verkaufsversion nicht nur ein 36-seitiges Booklet bei, sondern auch ein Stickerbogen und ein Magnetbutton. Hinzu kommen ein faltbares Aufstellbild und zwei Figurenaufsteller. Wie diese Boni qualitativ ausfallen, können wir an dieser Stelle nicht beantworten, da uns im Falle von Dr. Stone nur die Disc zur Verfügung steht. In digitaler Hinsicht enttäuscht die Serie aber leider, denn neben den sechs Episoden der ersten Volume gibt es nur drei Trailer zu anderen Produkten aus dem Hause Kazé Anime, aber keine Einblicke in die Produktion, Interviews oder ähnliches. Hier verschenken der Lizenzgeber und der Herausgeber leider viel Potenzial, zumal das Setting und Szenario richtig interessant ist und der Zuschauer sicherlich sehr viel mehr über die Anime-Serie erfahren will. Es ist jedoch davon auszugehen, dass zumindest das Booklet auch ungesehen einige Hintergründe lüften wird, wie es von anderen Werken aus dem Hause Kazé Anime bekannt ist. Unterm Strich zählt jedoch nur der Anime: Dr. Stone gelingt es, ein bekanntes, aber doch neues Szenario inklusive interessanter Charaktere zu zeichnen. In diesem Setting ist so gut wie alles möglich. Die durchweg gelungene Mischung aus Fantasie und Wissenschaft geht definitiv auf und hat die Weichen für die Zukunft gestellt.
Geschrieben von Eric Ebelt
Erics Fazit (basierend auf der Blu-ray-Fassung): Dr. Stone erzählt eine interessante Story, die mit der Zeit richtig spannend wird. So rudimentär die Ausgangslage auch erscheinen mag, so komplex ist die Geschichte in ihrem Kern. Es ist leicht, in das Szenario einzutauchen und genauso schwer, der stimmungsvollen Atmosphäre im Kampf ums Überleben zu entfliehen. Dr. Stone macht durchweg Spaß, zumal trotz des fantasievollen Einschlags eine wissenschaftliche Erklärung für den fast schon titelgebenden Versteinerungsprozess gesucht wird. Auch die Darstellung der von der Flora und Fauna zurückeroberten Welt beziehungsweise die tropisch überwucherte Inszenierung Japans hinterlässt einen gewaltigen Eindruck, was vor allem an der gelungenen Bildtechnik liegt. So darf es gerne in der zweiten Volume weitergehen!
Vielen Dank an Kazé Anime für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Dr. Stone (Vol. 1)!