Review: Kokoro Connect (Vol. 2)

Neun Jahren hat es gedauert, bis die Anime-Serie Kokoro Connect ihren Weg auch in den deutschsprachigen Raum geschafft hat. Nachdem Kazé Anime im Oktober 2021 die erste Volume veröffentlicht hat, erschien die zweite Ausgabe nur einen ganz kurzen Monat später.

Viele Anime-Serien bauen auf einem Konzept auf und ziehen dieses bis zum Serienfinale rigoros durch. Kokoro Connect funktioniert überraschenderweise anders, denn in den sieben Episoden der zweiten Volume wechselt die Thematik weitgehend. Dieser Wechsel kommt auch für die fünf Protagonisten überraschend. Aoki Yoshifumi, Inaba Himeko, Kiriyama Yui, Nagase Iori und Yaegashi Taichi wechseln ab sofort nicht mehr andauernd ihre fünf Körper untereinander. Dieses Konzept, das auch schon in anderen Anime-Serien wie Yamada-kun & the 7 Witches bereits zugenüge ausgelutscht wurde, hätte Kokoro Connect auf Dauer vielleicht gar nicht gut getan. Ob die neue Idee, die klar einen Bruch in der Erzählung darstellt, wirklich förderlich für die Handlung ist, dürfte womöglich Geschmackssache sein. Statt in jeder Folge Einblicke in das Leben der Körper der anderen zu erhalten, müssen sich die Protagonisten fortan auf andere Weise weiterentwickeln. Ihr Gegenspieler Herzsame kündigt an, dass der Rollentausch nicht weiter für ihn oder sie interessant sei. Stattdessen hören die Charaktere ab sofort eine verstärkte innere Stimme in ihrem Kopf, die ihre Wünsche und Begierden verstärken und diese beflügeln. Definitiv fühlen sich die einzelnen Geschichten der sieben Folgen profaner an, zumal der Mystery-Effekt zumindest zunächst abgeschwächt wird.

Fünffache Charakterstudie

Kokoro Connect zeigt in gewisser Weise die Abgründe der fünf Persönlichkeiten auf, da sie ihren inneren Stimmen nicht ewig standhalten können. Beispielsweise lässt Yui ihren frisch entfachten Aggressionen freien Lauf, weshalb sie sich vor Angst vor den Konsequenzen in ihrem Zimmer einschließt. Ihre vier Freunde versuchen sie zu überzeugen, zumindest ihre Tür zu öffnen, was Himeko schließlich gelingt, indem sie andeutet, persönliche Geheimnisse zu offenbaren. Allgemein kommt es in den vorliegenden Episoden zu abwechslungsreichen Meinungsverschiedenheiten, die nicht selten in Kabbeleien enden oder im Chaos versinken. Auch das Thema Liebe darf bei der inneren Stimme nicht vergessen werden. Während Iori und Taichi ihre Gefühle schon in der letzten Volume einander gestanden haben, meldet sich nun auch mindestens ein weiteres Mädchen, das ihre Liebe Taichi gesteht. Wie die Situation für alle Beteiligten gelöst wird, soll an dieser Stelle nicht verraten werden. Kokoro Connect entwickelt sich in dieser Hinsicht zu einer Charakterstudie, die vor allem das Interesse von Herzsame stillen soll. Auch für den Zuschauer ist diese Charakterstudie sehr wichtig, da er so mehr Einblicke in die Persönlichkeiten bekommt. Das Innere wird nach außen gekehrt, wodurch die Handlung durch alle sieben Folgen der Volume durchweg interessant bleibt.

Erinnerungen an Kindheit und Jugend

Ab der elften Episode sehen sich die Protagonisten mit einem neuen Problem konfrontiert, denn Herzsame lässt sie verjüngen und in verschiedene Stadien ihrer Kindheit und Jugend eintauchen. Hier ist der Mystery-Aspekt wieder etwas stärker zu spüren. So fühlt sich die Anime-Serie zudem stets frisch und wendungsreich an. Allerdings ist dieser Wechsel der jeweiligen Thematik problematisch für die Erzählweise, denn so bleibt es durchweg unklar, auf welches Ziel die Geschichte eigentlich hinarbeitet. In gewisser Weise steht aber auch der Unterhaltungswert im Fokus, denn keine Episode kommt ohne Humor aus. Im Gegensatz zu den erotischen bis sexuellen Anspielungen in den ersten sechs Folgen, fühlen sich die Jokes deutlich themenbezogener an. Der Humor kommt sowohl im japanischen Original als auch in der deutschen Fassung wunderbar zur Geltung. Unterlegt wird das turbulente Chaos mit passender Musik, die das Geschehen stimmungsvoll ausdrückt. Soll heißen, dass nicht nur die heiteren und lustigen, sondern auch die traurigen und melancholischen Momente gelungen sind, sodass sich der Zuschauer mit den Protagonisten auseinandersetzen kann – und diese untereinander auch, was die Geschichte ein Stück glaubhafter macht. Digitales Bonusmaterial gibt es leider nicht. Physisch erhält der Käufer immerhin noch zwei Artcards und ein Booklet.

Geschrieben von Eric Ebelt

Erics Fazit (basierend auf der Blu-ray-Fassung): Kokoro Connect wirft das Konzept, das sich die Anime-Serie in den ersten sechs Episoden aufgebaut hat, mit der siebten und damit ersten Folge in der zweiten Ausgabe um. Statt des Körpertauschs werden die Protagonisten zunächst von einer starken inneren Stimme geplagt. Sie müssen sich dieser stellen, um so ihren Wünschen und Begierden nachzugehen. Später werden die Figuren geschrumpft und verjüngt, sodass sie ihre Kindheit und Jugend aufarbeiten. Kokoro Connect entwickelt sich so immer mehr zu einer Charakterstudie, die nicht nur für den durchaus undurchsichtigen Antagonisten Herzsame, sondern auch für das Publikum interessant ist. Der Zuschauer lernt auf diese Art und Weise parallel zu den fünf Freunden immer mehr über die Figuren, wodurch es durchweg spannend und interessant bleibt. Am Ende stellt sich die wichtige Frage, worauf die Anime-Serie hinarbeitet. Ob die Serie in den vier verbleibenden Episoden der dritten Volume zu einem befriedigenden Ende geführt werden kann, muss sich erst noch zeigen. Kokoro Connect hat bisher jedoch bewiesen, dass so ziemlich alles möglich ist.

Vielen Dank an Kazé Anime für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Kokoro Connect (Vol. 2)!

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