Während japanische Fans auf die zweite Staffel von Dagashi Kashi zwei lange Jahre warten mussten, ging die Veröffentlichung im deutschsprachigen Raum wesentlich schneller voran. So veröffentlichte Kazé Anime die als Dagashi Kashi 2 bezeichnete Season im Mai 2021.
Zu Beginn der ersten von insgesamt zwölf Episoden muss der Zuschauer eine erschreckende Entdeckung machen. Der Laden von Protagonist Shikada Kokonotsu und seinem Vater Yō ist in den letzten drei Monaten heruntergekommen. Warum das so ist, gilt es in Rückblenden im Anschluss herauszufinden. So gibt es in Dagashi Kashi 2 sowohl Episoden, die noch in den Sommerferien spielen, als auch winterliche Folgen. Hier prallen wie immer zwei extreme Ansichten aufeinander, die auch visuell Auswirkungen auf das Innenleben der Figuren haben. Unter anderem erfährt der Zuschauer, dass in der Nachbarschaft ein konbini, sprich ein Laden für kleine Dinge des täglichen Lebens, eröffnet hat. Dieser bedroht natürlich die Existenz vom Laden der Shikadas. Dort arbeitet für ein bis zwei Tage auch die ständig schläfrige Owari Hajime und wird entlassen. Kokonotsu sucht, da sein Vater gerade wieder auf Abwegen ist, eine Aushilfe für den Naschwarenladen. Hajimes Interesse ist geweckt und sie bekommt den Job, da sie verzweifelt genug ist, um nur für Unterkunft und Verpflegung arbeiten zu wollen. Entsprechend ist auch der Humor der Anime-Serie wieder gestaltet. Die Charaktere sind recht durchgeknallt und das ist in den illustren Szenen auch deutlich zu erkennen. Allerdings sind auch in der zweiten Season hierbei die weiblichen Figuren stellenweise stark sexualisiert.
Offenbar lange, aber kürzere Staffel
Bezüglich der Länge der Staffel flunkert Animationsstudio Tezuka Productions ein wenig. Im Gegensatz zur ersten Season, die noch von Animationsstudio Feel produziert wurde, verkürzt sich die Laufzeit jeder Episode um etwa die Hälfte. Somit ist jede Folge knapp zwölf Minuten lang. Schlimm ist das aber nicht, denn Dagashi Kashi 2 möchte wie schon die erste Staffel nicht so wirklich an der eigentlichen Rahmenhandlung festhalten, sondern viel mehr kleinere respektive kürzere Geschichten erzählen. Das ist es nur logisch, dass die Folgen nicht ganz so ausufern, sondern sich in der verkürzten Zeit auf das Wesentliche konzentrieren. Wer jetzt denkt, dass durch die für Anime-Serien gewohnt längeren Openings und Endings noch etwas weniger Zeit zum Erzählen der Handlung zur Verfügung steht, hat bedauerlicherweise Recht. Sowohl die Eröffnung als auch das Schlusslied sind mit jeweils circa neunzig Sekunden im Verhältnis zur restlichen Laufzeit sehr und eigentlich schon zu lang. Entsprechend bleiben jeder Episode nur neun Minuten, um die Story zu erzählen. Dennoch schafft es jede Folge, schnell auf den Punkt zu kommen und das eigentliche Defizit wunderbar für sich zu nutzen. Es gibt aber auch Episoden wie die vierte Folge, die auf das reguläre Opening und das klassische Ending verzichten. Gerade in diesen Momenten kommen Emotionen besser zur Geltung.
Weiterhin audiovisuelles Vergnügen
Trotz des Wechsels des Animationsstudios kann das von Manga-Autorin Kotoyama erdachte Werk auch in der zweiten Staffel überzeugen. So wirken die Umgebungen nach wie vor sehr natürlich. Sie erstrahlen besonders in jenen Szenen im bildschirmfüllenden 16:9-Format recht angenehm, wenn mit einer bestimmten Farbgebung wie etwa der rötlichen Abenddämmerung gespielt wird. Zudem kann das regelrecht detaillierte Charakterdesign, an dem selbst solche nichtigen Kleinigkeiten wie zerknitterte Kleidung oder Schattierungen klar zu erkennen sind, überzeugen. Hinzu kommt, dass sich die Figuren gut in die facettenreichen Umgebungen einfügen. Auch die Effekte, wenn beispielsweise kleine Regentropfen in einem Taifun auf die Charaktere prasseln, können begeistern. Gelungen ist auch die schöne Musik von den beiden Komponisten Ōsumi Tomotaka und Nobusawa Nobuaki. Die meisten Stücke wurden von der ersten Staffel übernommen. So passen die Melodien einfach sehr gut zu den chaotischen bis heiteren Situationen. Ein Wechsel ist hier also genauso unsinnig wie bei den Sprechern, der dem Zuschauer zum Glück erspart bleibt. Sowohl in der japanischen als auch in der deutschen Fassung sind dieselben Stimmen aus der ersten Staffel zu hören. Digital liegen auf der Disc Clean-Versionen von Opening und Ending vor. Obendrauf gibt es ein Booklet und ein Poster.
Geschrieben von Eric Ebelt
Erics Fazit (basierend auf der Blu-ray-Fassung): Dagashi Kashi 2 führt das Konzept der ersten Staffel nahtlos fort. Soll heißen, dass weniger Wert auf die Rahmenhandlung gelegt wird, sondern sehr viel mehr auf einzelne Geschichten. Diese funktionieren im Grunde sehr gut, da sie die Charaktere in den Mittelpunkt stellen. Auch für den gewohnt übertriebenen Humor bleibt sehr viel Platz. So macht jede einzelne Episode trotz der verkürzten Laufzeit von circa zwölf Minuten viel Spaß. Dennoch ist es schade, dass das Animationsstudio das Potenzial des Settings nicht gänzlich nutzt und die eigentliche Handlung so außer Acht lässt. Dafür kann Dagashi Kashi 2 im audiovisuellen Gesamtbild überzeugen, denn sowohl das Charakterdesign als auch die wunderbare Musik können durchweg punkten. Wer sich auf die Anime-Serie einlassen will und sich an verregneten Nachmittagen ablenken möchte, kann mit Dagashi Kashi 2 nichts falsch machen. Das Gesamtwerk hätte aber deutlich besser sein können. Es bleibt auch in der zweiten Staffel weit hinter den Erwartungen zurück.
Vielen Dank an Kazé Anime für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Dagashi Kashi 2!