Review: Babylon (Vol. 1)

Ursprünglich im Jahr 2015 als Romanreihe entworfen, wurde Babylon im Jahr 2019 sowohl als zweiteiliger Manga als auch als zwölfteilige Anime-Serie umgesetzt. Letztere erschien Anfang 2022 im deutschsprachigen Raum beim hiesigen Publisher Kazé Anime in zwei Teilen.

Babylon dreht sich voll und ganz um den japanischen Staatsanwalt Seizaki Zen, der am liebsten jedweden Verbrecher der Gerechtigkeit zuführen möchte. Während der Beweissichtung seines jüngsten ihm anvertrauten Falls stolpert er über ein seltsames mit Blut verschmierten Dokuments, auf dem unzählige Male der Buchstabe „F“ gekritzelt wurde. Über den Briefkopf des Dokuments können Seizaki und sein Anwaltsgehilfe Fumio Atsuhiko einen Anästhesisten ermitteln. Eigentlich krankgemeldet finden die beiden den Arzt in seiner Wohnung tot auf. Offenbar hat er sich mit Hilfe seiner Instrumente über Stunden hinweg selbst eingeschläfert. Seizaki und Fumio sind mit der Selbstmordtheorie jedoch alles andere als zufrieden. Sie wollen den Fall nicht auf sich beruhen lassen und ermitteln weiter. Ihre Spur führt sie in den kurz bevorstehenden Wahlkampf um den Posten des ersten Gouverneurs in der fiktiven unabhängigen Präfektur Shin’iki. Gemeinsam beschatten sie diverse Personen, darunter auch eine ominöse Frau. Während der Observierung müssen sich Seizaki und Fumio trennen. Als Seizaki ein paar Stunden später eine Abschiedsbotschaft von Fumio erhält und diesen aufgehängt in seiner Wohnung entdeckt, spitzt sich die Lage mehr und mehr zu. Seizaki versinkt in einem Sumpf von Korruption, der es nur das Etablieren eines neuen Gesetzes in Shin’iki abzielt.

Sodom und Gomorra und Babylon

Anhand des Titels lässt sich erahnen, dass sich Babylon thematisch um den Verfall von Sitte, Moral und Anstand dreht. Christlich-mythologische Verweise werden dazu aber nur selten bis gar nicht herbeigezogen. Diskussionspunkt der Handlung ist die Bewertung von Selbstmorden. Babylon stellt sich mehrfach die Frage, ob Suizid ein legitimes oder gar legales Mittel ist, um seinem Leben ein Ende zu setzen. Dabei werden Fragen aufgeworfen, was passieren würde, wenn plötzlich von Tag zu Tag Menschen verschwinden würden. Auch der Unterschied zwischen aktiver und passiver Sterbehilfe und ihre Auswirkungen werden in der Anime-Serie thematisiert. Beide Seiten nutzen nachvollziehbare Argumente. Abgebildet wird jedoch ein Bild, das sich definitiv gegen die Einführung eines solchen Gesetzes ausspricht. Die Aussage von Animationsstudio Revoroot geht damit einher, denn nach dem Abspann distanzieren sich die Beteiligten klar von dieser Möglichkeit. Es ist dennoch überaus spannend zu sehen, wie die Politik nach und nach versucht, die Bevölkerung auf ihre Seite zu ziehen. Da für das Verabschieden eines Gesetzes auch ein Parlament vonnöten ist, das erst noch gewählt werden muss, ist den Politikern jedes Mittel recht. Sie nutzen allerhand Schlupflöcher aus. Beispielsweise dürfen auch Kinder und sogar Babys bei der Wahl der Abgeordneten abstimmen.

Düstere Atmosphäre mit erwachsenen Grundtönen

Für den einen oder anderen Zuschauer ist Babylon sicherlich nicht einfach zu verdauen, was auch an der visuellen Gestaltung liegt. Die Art und Weise, wie das zum Verständnis der Story wichtige sexuelle Verlangen verschiedener Protagonisten dargestellt wird, mag durchaus eklig oder gar abstoßend sein. Nichtsdestotrotz gelingt es der Anime-Serie so, diverse menschliche Abgründe aufzuzeigen, anstatt sie zu umschreiben. In puncto optischer Umsetzung nutzt Revoroot einen erwachsenen Zeichenstil. So wirkt die Gesichtsmimik nüchtern und die Animationen fallen oftmals langsam aus, was ein symbiotisches Gesamtbild in der Auflösung 1080p und im 16:9-Format erzeugt. In wenigen Szenen wechselt das Geschehen jedoch auch schon mal in andere Seitenverhältnisse, um eine besondere Atmosphäre zu versprühen. Auditiv wird im Tonformat DTS-HD Master Audio 2.0 auf einen recht beklemmenden Soundtrack gesetzt, der zur düsteren Grundstimmung passt. Im japanischen Originalton, der mit deutschen Untertiteln auf der Blu-ray Disc vorliegt, passen Synchronsprecher wie Nakamura Yūichi oder Inoue Yuki hervorragend zu den verschiedenen Rollen. Die deutsche Vertonung ist leider nicht ganz so hochwertig, aber immerhin überzeugt Jaron Löwenberg als Seizaki auf ganzer Linie. Als Boni winken digital Clean Opening und Clean Ending und physisch ein gefaltetes Poster.

Geschrieben von Eric Ebelt

Erics Fazit (basierend auf der Blu-ray-Fassung): Babylon entwickelt sich in den ersten sechs Episoden zu einer immer düsterer werdenden Anime-Serie, die philosophische Fragen über Selbstmordabsichten und dazugehörige Gedanken aufwirft. Sie diskutiert beide Seiten der Medaillen, geht auf der befürwortenden Seite aber vielleicht nicht ganz so weit, wie der eine oder andere Zuschauer es erwarten könnte. Immerhin distanziert sich Animationsstudio Revoroot klar von solch einem Gesetz, womit die Position der Köpfe hinter dem Projekt klar und deutlich ist. Trotzdem kommen alle Beteiligten in den sechs Folgen ausreichend zu Wort und wickeln die Geschichte damit ein. Auch wenn die Story recht bodenständig wirkt, wirft sie mit der Zeit das eine oder andere Mysterium auf. Daher ist es schwer abzuschätzen, wie nachvollziehbar oder gar qualitativ erzählt die zweite Serienhälfte sein wird. Lust auf mehr macht Babylon auf jeden Fall. Wer sich auf die insgesamt zwölfteilige Serie einlassen möchte, sollte aber kein Problem mit der düsteren Grundstimmung haben, die sich auch audiovisuell zeigt und durchaus beklemmend sein kann.

Vielen Dank an Kazé Anime für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Babylon (Vol. 1)!

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