Würde man Grand Theft Auto, L.A. Noire, Alan Wake, Resident Evil, Harvest Moon und The Legend of the River King zusammen mit Fernsehserien wie Twin Peaks und Harper’s Island in einen Topf werfen, dann würde man den Director’s Cut von Deadly Premonition erhalten.
Einige von euch werden Deadly Premonition vielleicht schon kennen, denn hierzulande ist der Titel wahrhaftig nicht neu. Bereits im November 2010 erschien der Titel in hiesigen Gefilden für die Xbox 360. PlayStation-3-Besitzer mussten damals leider in die Röhre gucken, doch die Entwickler haben endlich Einsicht gezeigt und erzählen im Director’s Cut die Geschichte vom FBI-Agenten Francis York Morgan nun auch auf Sonys Konsole. Dieser wird nämlich in das verschlafene Städtchen Greenvale nahe Seattle an der Westküste der Vereinigten Staaten geschickt, um dort den rituellen Mord an der jungen Anna Graham aufzudecken. Bevor Agent York, wie er selbst genannt werden möchte, in Greenvale ankommt, fangen die Geschehnisse ihren einzigartigen Lauf zu nehmen. Yorks Auto wird von der Fahrbahn geschleudert und auf dem Weg zurück zur Straße begegnen ihn Untote, gegen die er sich zur Wehr setzen muss. Er entkommt zwar knapp dem eigenen Tod, doch kann er von dieser Entdeckung niemandem erzählen. York unterhält sich nämlich während Autofahrten und in ruhigen Momenten liebend gerne mit seinem anderen Ich Zach. Zurück auf der Straße treffen wir am Ortseingang auf die hübsche Deputy Emily Wyatt und den mieslaunigen Sheriff George Woodman. Zusammen mit der Unterstützung der Polizei kann die Ermittlung in Greenvale endlich beginnen.
Willkommen in Greenvale!
Deadly Premonition ist kein gewöhnliches Spiel und daran hat sich auch am Director’s Cut nichts geändert. Der Titel bedient sich fröhlich an den Gameplay-Inhalten bekannter Marken und schafft es diese gekonnt zu kombinieren. Freizeitaktivitäten aus Grand Theft Auto, die Ermittlung aus L.A. Noire, das Bekämpfen von Untoten wie in Alan Wake, das Einsammeln von Schlüsselgegenständen wie in Resident Evil, das Angeln aus The Legend of the River King und kuriose Figuren, die wie in einem Harvest Moon quer über die Spielwelt verteilt in Erscheinung treten. Allerdings kann Deadly Premonition nur im letzten Punkt über das Vorbild triumphieren, denn mit den illustren Charakteren und der mit ihnen verknüpften Story zieht Deadly Premonition auch drei Jahre nach Veröffentlichung in seinen Bann. Da gibt es die hörgeschädigte Gastwirtin Polly Oxford, den reichen Harry Stewart, den Floristen Forrest Kaysen oder die Streunerin Sigourney, die mit ihrem Kochtopf durch die Straßen läuft. Haben wir einen der Charaktere kennengelernt, gibt es danach oftmals Nebenquests für diese Person zu absolvieren. Diese beinhalten meist zwar nur kleinere Such-, Hol- oder Bringaufgaben, doch erhalten wir dafür Einblicke in das Hintergrundleben der Stadt und können wohlmöglich mitbekommen, wer ein Motiv für den Mord gehabt hatte. Das ist spannend und unterhaltsam!
Deadly Simulation
Sobald wir am Zielort der Haupthandlung eingetroffen sind, gilt es mit den Kollegen von der örtlichen Polizei zu sprechen, alle Tathinweise sicherzustellen und im schlimmsten Fall zieht Nebel auf und Untote erscheinen. Dann wirkt das Spiel, das in den Situationen überwiegend in Innenräumen stattfindet, wie in Resident Evil. Türen sind verschlossen und es müssen (einfache) Schalterrätsel gelöst oder der passende Schlüssel gefunden werden. Manchmal ist es auch möglich, einfach das Schloss von der Tür wegzuschießen. In Schränken und Kisten finden wir Verbandsmaterial oder Nahrungsvorräte. Letztere müssen wir zwangsläufig zu uns nehmen, denn nach einer bestimmten Zeitspanne muss York etwas essen, um bei Kräften zu bleiben. Selbiges gilt für den Verzehr von Kaffee oder das Aufsuchen eines Bettes, denn wer zu lange auf den Beinen ist, verspürt irgendwann Müdigkeit. Hygiene ist ebenfalls ein recht nützlicher Bestandteil des Spiels. Wer zu lange in einem Anzug herumrennt, dem werden die steigende Anzahl an Fliegen, die um York kreisen, sicherlich irgendwann lästig. Wer sich nicht rasiert, der läuft schon bald mit einem kleinen Vollbart durch Greenvale. Das klingt zwar nach viel Arbeit, doch diese beläuft sich auf ein erträgliches Minimum. Nebenher bleibt noch reichlich Zeit, um die Untotenhorde an den verschiedenen Tatorten zu bekämpfen.
Schlag auf Schlag
Neben Eisenstangen, Messern und Golfschlägern, stehen uns für die Bekämpfung der untoten Gegner auch Pistolen, Revolver und Gewehre zur Verfügung. Jede Waffe fühlt sich bei ihrem Einsatz entsprechend anders an. Manche Waffen kann man schnell nachladen, andere Waffen brauchen hingegen eine längere Anlaufzeit, bevor sie Schaden verrichten. Da es in Deadly Premonition jedoch nur sehr wenige Gegnertypen gibt, macht das im Endeffekt nicht wirklich einen Unterschied. Schon sehr bald hat man sich auf eine Angriffsmethode eingestellt und die nutzt man dann in der Regel auch bis zum Ende des Spiels. Dieses kommt, obwohl der Titel auf eine Spielzeit von über dreißig Stunden ausgelegt ist, wenn man tatsächlich alle Aufgaben in der Stadt erledigen möchte, auf einmal ganz schnell. Während wir in den ersten drei Kapiteln noch überwiegend frei entscheiden dürfen, wann wir denn am Zielort eintreffen möchten, ist das danach nicht mehr möglich. Ab einem bestimmten Zeitpunkt werden wir von einem Kapitel ins nächste bis zum bitteren Ende gescheucht. Später können wir zwar bereits abgeschlossene Kapitel laden, um beispielsweise Nebenaufgaben zu erfüllen, die später nicht mehr möglich sind, weil der eine oder andere Charakter aus privaten Gründen nicht mehr an der Handlung teilnehmen kann, doch stört das mitunter dem anfangs lockeren Spielfluss.
Die letzte Generation
Wer ebenfalls eine bestimmte Erwartungshaltung an die Technik des Spiels hegt, der wird vom Director’s Cut noch mehr enttäuscht sein, als von der Xbox-360-Fassung. Während diese bereits wie ein PlayStation-2-Spiel aussah, ohne Schadensmodell bei den Fahrzeugen auskam, mit schwachen Gesichtsanimationen auf sich aufmerksam machen konnte und schwammige Texturen überall in der Welt für Trostlosigkeit sorgten, kommt jetzt noch ein Dauerruckeln dazu. In sehr seltenen Fällen läuft das Spiel flüssig. Warum zwei Monate nach Release der PlayStation-3-Fassung immer noch kein Patch erschienen ist, der diese Fehler ausmerzt, ist uns schleierhaft. Dass die Farbpalette jetzt jedoch nicht mehr so kräftige Farben hat, finden wir persönlich gut. So wirkt das Spiel nochmals ein ganzes Stück düsterer. Passend zu dem teils heiteren, meist aber schaurigen Soundtrack gesellen sich noch tolle Synchronsprecher dazu. Es gibt zwar keine deutsche Synchronisation, aber da der Titel ohnehin in den Staaten spielt und Englisch dort Amtssprache ist, passt das unserer Meinung aber auch so ganz gut. Wer sich auf Deadly Premonition einlassen will, bekommt zwar mit dem Director’s Cut die erweiterte Storyline spendiert, aber die technisch schlechtere Version. Wer die Wahl hat, kann aber auch ebenso zur Xbox-360-Version greifen und mindestens genauso viel Spaß haben!
Geschrieben von Eric Ebelt
Erics Fazit (basierend auf der PlayStation-3-Fassung): Als ich die ersten Schritte in der verschlafenen Kleinstadt Greenvale gegangen bin, fiel mir plötzlich ein, dass die PlayStation 3 doch gar keine PlayStation-2-Spiele mehr emulieren kann. Verdutzt habe ich noch einmal auf die Packung geschaut und bemerkt, dass Deadly Premonition – The Director’s Cut doch tatsächlich ein PlayStation-3-Spiel ist. Über die schwache Technik kann ich persönlich zwar hinwegsehen, doch wenn man ein Spiel technisch so gestaltet, dass es bis auf die Auflösung auch auf einer PlayStation 2 laufen könnte, dann frage ich mich, wozu der Titel dann noch Ladezeiten zwischen Innenräumen und dem Außenareal hat und warum der Titel auf der PlayStation 3 so ruckeln muss. Interessanterweise ist mir das nach einigen Spielstunden schon gar nicht mehr aufgefallen, denn die Handlung mitsamt ihren Charakteren fasziniert mich so sehr, dass ich den Controller einfach nicht mehr aus der Hand legen kann. In dreißig Spielstunden habe ich viele Charaktere lieben und hassen gelernt. Wer am Ende der Mörder gewesen ist, verrate ich jetzt natürlich nicht, doch nimmt sich der Titel genügend Zeit, den Verdacht auf die eine oder andere Person zu lenken und von ihr abzuweichen, nur um sie später wieder als Mörder darzustellen. Diese intelligenten Wendungen bleiben fast bis zum Ende bestehen und gestalten das Spiel sehr interessant und teilweise sogar recht amüsant. Eingebunden in einen kuriosen Mix aus verschiedenen Gameplay-Elementen diverser Franchises hat mich Deadly Premonition durchgehend bei Laune gehalten. Meiner Meinung nach kann man nämlich auch mit der PlayStation-3-Fassung nicht viel verkehrt machen, sofern man sich denn mit einer durchwachsenen Technik anfreunden kann.
Vielen Dank an Deep Silver für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplars von Deadly Premonition – The Director’s Cut!