Auf Uncharted 4: A Thief’s End haben Fans des Abenteurers Nathan Drake viele lange Jahre warten müssen. Dies führte unweigerlich dazu, dass die Erwartungen ins Unermessliche stiegen. Entsprechend kann das Spiel von Entwickler Naughty Dog nur bedingt zufriedenstellen.
Vier große Abenteuer hat Nathan Drake in Videospielform bereits erlebt und spätestens bei Uncharted 3: Drake’s Deception zeigte sich, dass der Reihe die Puste ausgeht. Uncharted 4: A Thief’s End führt das Konzept, den Fokus auf die Story und weniger aufs Gameplay zu verlegen, konsequent fort. Diesmal beschäftigt sich die Handlung nämlich nicht nur mit Nathan, sondern auch mit seinem Bruder Samuel. Seit Kindheitstagen sind die Brüder auf der Suche nach der Beute von Kapitän Henry Every. Schätzungsweise soll das Gold vierhundert Millionen US-Dollar wert sein, weshalb die beiden nicht die einzigen sind, die nach dem Schatz suchen. Nathans Konkurrent Rafe Adler tut sich mit Nadine Ross, der Chefin einer Söldnergruppe zusammen, um Nathan zuvorzukommen. Gemeinsam mit Nathans langjährigen Freund Victor Sullivan machen sich die beiden Brüder auf, um das Geheimnis von Pirat Every zu lüften und das Gold zu finden. Nach wie vor wird die Geschichte sehr spannend erzählt und wird diesmal sogar tiefgründiger. Wir erhalten neue Erkenntnisse über Nathans Familiennamen und erhaschen Einblicke in sein Eheleben mit Elena. Dieses ist auch elementarer Bestandteil der Geschichte, denn nach Uncharted 3 wollte sich Nathan eigentlich endgültig von der teils illegalen Schatzsucherei verabschieden, um sein Eheleben genießen zu können.
Mehr Story, weniger Gameplay
Die zwischenmenschlichen Beziehungen zwischen den sechs Hauptfiguren werden abermals glaubhaft dargestellt und mit viel Witz und ernsten Dialogen unterlegt. Rückblicke auf gemeinsame Abenteuer oder das Herumblödeln beim Spielen an der PlayStation verleihen der Geschichte Authentizität. Selbst beim Herumklettern im Dschungel unterhalten sich die Charaktere miteinander. Das finden wir wirklich gut, da wir so jederzeit Einblicke in das Leben und Innenleben der Protagonisten und Antagonisten bekommen. Der Fokus bewegt sich in Uncharted 4 noch weiter weg vom Gameplay als beispielsweise der dritte Teil der Nathan Drake Collection. Zwar ist die bekannte Uncharted-Formel, die sich aus Erkunden, Schusswechsel und Verfolgungsjagden auseinandersetzt, immer noch spürbar, doch auch gefühlt auf ein Minimum reduziert. Das mag auch daran liegen, dass sich der Titel mehr wie ein Stealth-Shooter anfühlt, als ein Action-Adventure. Bei nahezu jedem Feindkontakt versucht uns das Spiel die lautlose Methode, Gegner auszuschalten, aufzudrängen. Natürlich dürfen wir jederzeit zur Waffe greifen und ordentlich Rabatz machen, doch selbst dann sind die Schießereien bei Weitem nicht so intensiv wie noch in den ursprünglichen PlayStation-3-Abenteuern. Wer das bei einem Teil der Uncharted-Reihe braucht, wird hier leider definitiv enttäuscht werden.
Aufgewärmtes und Unausgegorenes
Wahnsinnig neue Ideen sucht man in Uncharted 4 ohnehin vergebens. Es werden außerdem weitgehend dieselben Stil-Elemente beim Wechsel eines Gebietes verwendet, wie noch bei der Nathan Drake Collection. Neuerdings kann man noch an steilen Abhängen herunterrutschen oder mit einem Fanghaken über Abgründe schwingen, doch ist das nur ein kalter Tropfen auf den heißen Stein. Viel besser gefallen uns da schon ansatzweise die Open-World-Abschnitte. Die Steppe von Madagaskar oder eine Insel in der Karibik können von uns mit Jeep und Boot nahezu frei erkundet werden. Leider gibt es in diesen Gebieten nur wenig zu tun, wie beispielsweise das Suchen nach Schätzen, mit denen wir dann Bonusinhalte im Hauptmenü erwerben können. Trotzdem tut das Gefühl der Freiheit der sonst mit Schlauchlevels besetzten Reihe sehr gut. Bei einem möglichen Nachfolger sollten die Entwickler in Betracht ziehen, größere Teile des Spiels so zu gestalten. Obwohl Uncharted 4 in puncto Gameplay nur wenige Mechaniken und noch weniger Überraschungen bietet, kann der Titel vor allem in der zweiten Spielhälfte mit fantastischer Grafik und clever eingesetztem Soundtrack punkten. Wer nach dem langwierigen Abenteuer, das aber nie wirklich langweilig wird, immer noch Lust auf mehr hat, kann sich in den netten Online-Mehrspielermodus stürzen.
Geschrieben von Eric Ebelt
Erics Fazit: Nachdem ich erst im Verlauf der letzten Monate die Uncharted-Reihe nachholen konnte, war ich umso mehr auf Uncharted 4: A Thief’s End gespannt. Bei Uncharted 3: Drake’s Deception war ich allerdings schon etwas ermüdet. Am Gameplay hat sich nur wenig getan und der Fokus wurde verstärkt auf die Handlung gelegt. Bei Uncharted 4 habe ich sehr gehofft, dass den Entwicklern hier der Spagat gelingt, Handlung und Gameplay gleichmäßig zu behandeln. Leider haben sie es nicht geschafft. Das macht Uncharted 4 zwar zu keinem schlechten Spiel, aber definitiv nicht zu dem Titel, den ich mir erhofft hatte. Fast sämtliche Gameplay-Elemente habe ich schon in den vorherigen Ablegern gesehen und die wenigen Neuerungen kann man gleich an einer Hand abzählen. Dazu kommt, dass sich Uncharted 4 bei Feindkontakten weniger wie ein actionreiches Abenteuer, sondern mehr wie ein Stealth-Shooter anfühlt. Auch das funktioniert zwar, passt aber einfach nicht so wirklich zur Reihe. Gut gelungen sind meiner Meinung nach die Open-World-Abschnitte des Spiels. Sie sehen nicht nur fantastisch aus, sondern bieten jede Menge Möglichkeiten, die Spielwelt zu erkunden. Warum man sich nicht verstärkt auf dieses Konzept verlassen hat, um der Uncharted-Reihe frischen Wind in die Segel zu setzen, ist mir ein Rätsel. Schlussendlich habe ich Uncharted 4 also nicht so gerne gespielt wie noch die vorherigen Abenteuer. Das Spiel bietet mir zu wenig Gameplay und eine zu gestreckte Story. Trotzdem kann man dem Titel gerade wegen der interessanten Handlung, die diesmal auf übernatürliche Inhalte gänzlich verzichtet, eine Chance geben. Das erhoffte Must-Have für die PlayStation 4 ist der Titel unterm Strich aber definitiv nicht geworden – dafür hätten die Entwickler viel mehr wagen und leisten müssen.
Vielen Dank an Sony Computer Entertainment für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Uncharted 4: A Thief’s End!