Review: Persona non grata

Der Begriff „Persona non grata“ bezeichnet eine Person im diplomatischen Dienst, die nicht mehr im Gastland erwünscht ist. Um eine solche Persönlichkeit geht es im gleichnamigen Film aus dem Jahr 2015, genauer gesagt um den japanischen Diplomaten Sugihara Chiune.

Persona non grata erzählt die Geschichte von Sugihara Chiune, der im Dienste Japans stand und in vielen Ländern Asiens und Europas arbeitete und lebte. Hauptsächlich bezieht sich der Film jedoch auf die Zeit in den 1930er- und 1940er-Jahren, in denen er vor, während und auch noch kurz nach dem Zweiten Weltkrieg als Diplomat tätig war. Als Exposition der erzählerisch hier und da sicherlich auch etwas freieren Biografie dient sein Aufenthalt in der Mandschurei respektive in Japans eben dort errichteten Marionettenstaat Manshūkoku. Hier war Chiune in der Position des stellvertretenden Außenministers eingesetzt, gab dieses Amt jedoch auf, da er die Misshandlungen der chinesischen Bevölkerung durch die japanische Besatzung nicht guthieß. Nach einem mehrjährigen Intermezzo in der Heimat, in der er auch seine zweite Ehefrau Kikuchi Yukiko kennengelernt hat, beginnt der Mittelteil und damit Haupthandlungsstrang des Films. Sugihara wurde in Litauen als Botschafter eingesetzt und muss sich bei Kriegsbeginn ganz bestimmten Herausforderungen stellen. Verfolgte Juden, die aus Polen nach Litauen geflohen sind, suchten vergeblich nach Visa, die ihnen keine Botschaft ausstellen wollte. Zudem wurden von der Sowjetunion nach und nach alle Ämter geschlossen, was Sugihara mit der Zeit auch persönlich zugesetzt und ihn zu notwendigen Maßnahmen gezwungen hat.

Ergreifende Momente

Im Kern baut der Film von Regisseur Cellin Gluck stark auf Sugiharas Rolle als Retter von über eintausend Juden und Verfolgten auf. In einer Zeit, in der es in der Politik und in der Öffentlichkeit kaum Menschlichkeit gegeben zu haben scheint, hilft er denen, die es wirklich nötig haben. Dies tat er entgegen der Vorschriften, die besagten, dass nur jene Personen ein Visum erhalten dürfen, die über ausreichende (unter anderem finanzielle) Mittel verfügen. Persona non grata zeigt in wirklich sehr bewegenden Bildern, welche Auswirkungen das Ausstellen der Visa für die betroffenen Personen hatte. Auf der einen Seite pure Erleichterung, wenn die Ausreise geglückt ist, auf der anderen Seite Verzweiflung, wenn die Flüchtlinge an der Grenze abgewiesen wurden. In der zweiten Filmhälfte verschärft sich die Situation zunehmend, da die Sowjetunion nicht nur das japanische Konsulat im litauischen Kaunas schließt, sondern Sugihara durch seine Versetzung nach Königsberg auch erkennt, dass das Deutsche Reich der Sowjetunion den Krieg erklärt. Dies thematisiert die schreckliche Zeit, die Juden und andere Verfolgte damals durchlebt haben mussten, auch wenn das wahre Ausmaß nie mit einem Spielfilm gleichgesetzt werden darf. Flüchtlinge, die von den Sowjets daran gehindert worden, das Land zu verlassen, wurden nach dem Einmarsch der Wehrmacht deportiert und in Konzentrationslagern hingerichtet.

Angemessene Verfilmung

Persona non grata ist ein sehr ergreifender Film, der eine oft von der Geschichte vergessene historische Persönlichkeit mit der richtigen Distanz behandelt. Ob sich alle Szenen inklusive der Darstellung der Privatperson Sugihara sich so oder so ähnlich zugetragen haben, ist an dieser Stelle fraglich. Fakt ist jedoch, dass Sugihara als mutiger Mann gezeigt wird, der sich für andere Menschen, die Hilfe benötigten, tatsächlich eingesetzt hat. Keine einzige der 139 Minuten, die der Film fürs Ansehen in Anspruch nimmt, fühlt sich ungenutzt an. Gluck hat Sugiharas Leben auf einen Kernaspekt beschränkt und alle notwendigen Fakten beleuchtet. Selbstverständlich wäre es auch interessant gewesen, spätere Teile seines Lebens wie die Reise nach Israel in bewegten Bildern zu sehen, zum Verständnis notwendig wäre dies aber nicht. Schade ist, dass der deutsche Publisher Kazé Movie bei seiner Filmoffensive im Jahr 2018 ausgerechnet den wohl sehenswertesten Film nicht mit einer Blu-ray-Fassung würdigt, sondern Persona non Grata nur auf DVD anbietet. Die Qualität ist zwar nicht schlecht, aber vor allem die viel zu kleinen Untertitel, die Handlungsorte, Personen und Ereignisse beschreiben, sind häufig kaum zu lesen und verschwinden viel zu schnell. Dafür gibt es eine gute deutsche Synchronisation, die auf einer Augenhöhe mit dem Originalton ist, in dem die Charaktere weitgehend Englisch reden, sofern sich die japanischen Figuren untereinander nicht in ihrer Muttersprache verständigen.

Geschrieben von Eric Ebelt

Erics Fazit (basierend auf der DVD-Fassung): Sugihara Chiune ist eine historische Figur, die vor allem in der westlichen Auffassung der Geschichte kaum bis gar nicht bekannt ist. Dabei hat Sugihara tausende Menschen gerettet, die ohne ihn das Kriegsende nicht mehr erlebt hätten. Der Film konzentriert sich dabei auf die für die Handlung wichtigsten Stationen seines Lebens, was durchweg in allen 139 Minuten gelingt. Besonders zum Ende hin kann der Film, vor allem mit seinem aufwühlenden Soundtrack, mit den Auswirkungen des Krieges bei Juden und anderen Verfolgten, für Tränen in den Augen sorgen. Cellin Gluck ist mit Persona non grata ein Film gelungen, der das Leben von Sugihara auf respektvolle Art und Weise würdigt und dazu beiträgt, dass er und sein nachhaltiges Wirken nicht vergessen werden darf.

Vielen Dank an Kazé Movie für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Persona non grata!

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