Stardew Valley hat das Genre der Bauernhofsimulationen im Alleingang revolutioniert. Selbst die Harvest-Moon- und Story-of-Seasons-Franchises erstarren davor in Ehrfurcht. Story of Seasons: Friends of Mineral Town entpuppt sich im Test jedoch als angemessene Alternative.
Als im Jahr 1999 Harvest Moon: Back to Nature für die PlayStation veröffentlicht wurde, war noch nicht abzusehen, dass damit der Grundstein für den vermeintlich besten Serienteil gelegt wurde. Mit Harvest Moon: Friends of Mineral Town respektive Harvest Moon: More Friends of Mineral Town erschienen 2003 gleich zwei Remakes des PlayStation-Klassikers für den Game Boy Advance, in denen wir der titelgebenden Mineralstadt einen erneuten Besuch abstatten können – je nach Spielversion als Junge oder als Mädchen. Unter neuem Seriennamen, aber gleichem Untertitel, sprich Story of Seasons: Friends of Mineral Town, werden diese beiden Spiele genau so zusammengefasst, wie es bereits das ebenfalls auf Back to Nature basierende Harvest Moon: Boy & Girl aus dem Jahr 2005 auf der PlayStation Portable geschafft hat. An der Grundprämisse hat sich in all den Jahren aber nichts geändert. Nach wie vor erben wir den Bauernhof unseres verstorbenen Großvaters. Als neuer Farmer ist es unsere Aufgabe, dem heruntergewirtschafteten Hof zu neuem Glanz zu verhelfen. Im Mittelpunkt des Spiels steht dabei jedoch nicht unbedingt die Farmarbeit, denn auch daneben gibt es noch zahlreiche Sachen zu erledigen und Entdeckungen zu machen. Dabei fällt uns schnell auf, dass der Tag nur 24 Stunden hat – und dieser will schließlich auch gut geplant und vor allem genutzt sein.
Carpe diem
Den Spruch, dass es auf einer Farm keine Sonntage gibt, hat wohl jeder sicherlich schon einmal gehört. Dankbar müssen wir den Bauern sein, die auch am Wochenende hart für uns arbeiten. In Friends of Mineral Town nehmen wir diese Rolle ein. In der Stadt besorgen wir uns mit unserem Startkapital die ersten Gemüsesamen, pflügen anschließend auf unserem Hof das Feld um, sähen die Saat aus und müssen diese dann einige Tag nacheinander bewässern. Deshalb wird auch jeder Regentag zu einem Freudentag, da wir dann unsere Energie für andere Tätigkeiten aufsparen können. Beispielsweise Holzhacken im Wald, um irgendwann unser Haus zu vergrößern. Ebenfalls können wir die Natur nach Kräutern und anderen natürlichen Erzeugnissen abzusuchen, um sie genau wie geerntetes Gemüse in der Sammelbox auf unserer Farm zu verkaufen. Jeden Tag um 17 Uhr erscheint dort der Händler Zack, der uns für unsere Mühen belohnt. Wollen wir finanziell richtig absahnen, sollten wir uns überlegen, auch Hühner und Kühe auf unserem Hof zu halten. Bis wir dieses Ziel erreichen, sollten wir jedoch Zeit und Geduld aufbringen. Tiere benötigen Futter und bis wir erst einmal genügend Heu mit der Sichel gemäht haben, muss auf dem Feld auch viel Gras gewachsen sein. All das geht auf Kosten unserer knappen Energie, die wir aber zum Glück erweitern und regenerieren können.
Begrenzte Kapazitäten
Leider ist die Energieleiste der erste Kritikpunkt in Friends of Mineral Town, denn einerseits haben wir eine in Zahlen messbare Energieleiste und andererseits noch eine visuelle Angabe, wie es um unsere Kondition gestellt ist. Selbst wenn unser Charakter seine ganze Energieleiste geleert hat und kurz davor gleich mehrfach mit gefühlt unendlich in die Länge gezogenen Animationen zusammenbricht, können wir danach immer noch ein gutes Stück bis zur tunlichst zu vermeidenden Ohnmacht weiterarbeiten. Hier wäre es unserer Meinung nach besser gewesen, sich auf eine Anzeige zu konzentrieren. Haben wir uns jedoch einmal ans Konzept gewöhnt, regen wir uns darüber zwar nicht mehr auf, das Kopfschütteln bleibt aber bestehen. Sind wir dennoch mal dem „Tode“ nahe, können wir unsere Energie beim Arzt, im Restaurant oder mit einem Bad in der heißen Quelle wieder auffrischen, was jedoch nicht ohne Verlust von Zeit (und Geld) auskommt. Ebenfalls fragwürdig ist auch der regelmäßige Besuch der Mine. Hier sammeln wir seltene Erze zum Verbessern der Werkzeuge, die dann effektiver genutzt werden können. Warum wir beim Verlassen jedoch immer wieder von vorne starten müssen, ist uns ein Rätsel. Gerade bei einem Remake erwarten wir, dass derlei Designentscheidungen vielleicht nicht rückgängig, aber zumindest überdacht und überarbeitet werden.
Familiäre Atmosphäre
Ein nicht zu unterschätzender Aspekt von Friends of Mineral Town sind die zahlreichen zwischenmenschlichen Beziehungen, die wir eingehen können. Beschenken wir die Bewohner von Mineralstadt mit für sie nützlichen Gegenständen, spiegelt sich das im Vertrauen wieder. Das führt regelmäßig zu neuen Zwischensequenzen in Spielgrafik, in denen wir mehr über die einzelnen Figuren herausfinden. Schinden wir bei den Jungs oder Mädels mit Geschenken ordentlich Eindruck, kann das sogar zur Hochzeit führen. Im Remake von Friends of Mineral Town sind jedoch auch homosexuelle Partnerschaften erlaubt, was positiv heraussticht. Allerdings leidet die „Glaubhaftigkeit“ der Erzählweise darunter, da so jedem Hochzeitskandidaten im Spiel eine bisexuelle Ausrichtung in die Wiege gelegt wird, obwohl das in den Dialogen unter den Charakteren so kaum bis gar nicht deutlich wird. Charmant und interessant bleiben die Figuren trotzdem, was im Grunde so auch auf die Spielwelt umgemünzt werden darf. Als Remake einer frühen Episode des Franchises ist diese jedoch sehr überschaubar. Hier und da fehlt es an Abwechslung. Da helfen auch die regelmäßigen Festlichkeiten nicht, die weitgehend rudimentär wirken. Im direkten Vergleich zu Stardew Valley kann Friends of Mineral Town aus derlei Gründen zwar nicht gänzlich mithalten, ist aber dank der überschaubaren und vor allem einsteigerfreundlicheren Optionen vor allem für Neulinge eine sehr gute Alternative.
Geschrieben von Eric Ebelt
Erics Fazit (basierend auf der PlayStation-, Game-Boy-Advance- und Nintendo-Switch-Fassung): Story of Seasons: Friends of Mineral Town bietet bis auf die eine oder andere Abweichung genau dieselben Inhalte wie schon Harvest Moon: Friends of Mineral Town oder gar Harvest Moon: Back to Nature. Das ist im Grunde aber nicht schlimm, denn alle drei Spiele bieten eine tolle, wenn nicht sogar die beste Erfahrung des gesamten Story-of-Seasons-Franchises. Es macht einfach Spaß, mit immer effektiveren Werkzeugen das Feld zu bestellen, Viehzucht zu betreiben, den Wald nach naturellen Erzeugnissen zu durchforsten, sich eine Braut oder einen Bräutigam zu suchen und die Jahre im Wechsel der Jahreszeiten zu erleben. Leider fällt die immerhin sehr liebevolle designte Spielwelt mit ihren illustren Charakteren nach heutigen Maßstäben recht klein aus und ist deshalb auch ebenso schnell abgelatscht und verinnerlicht. Auch die zweigeteilte Energieleiste ist für mich ein Buch mit sieben Siegeln und hätte ich zumindest nicht gebraucht, zumal die viel zu langen Animationen beim Zusammenbrechen meiner Spielfigur spätestens beim dritten Male an einem Tag einfach nur nerven. Nichtsdestotrotz spiele ich Friends of Mineral Town immer wieder gerne, denn das Spiel gibt mir ein heimeliges Gefühl. Fans des Franchises oder von Bauernhofsimulationen allgemein greifen hier sowieso zu. Wer jedoch zum ersten Mal ins Genre hineinschnuppern will oder wem Stardew Valley zu komplex ist, bekommt mit Friends of Mineral Town den wohl besten Einstieg in das Reich der Bauernhofsimulationen, den er oder sie sich nur vorstellen kann.
Vielen Dank an Marvelous Europe für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Story of Seasons: Friends of Mineral Town!
Ich bin auch eher Pixel-Fan. Eine liebevolle 2D-Grafik ist mir immer lieber als ein irgendwie leer und verwaschen wirkender dreidimensionaler Look. Manches, z.B. die Kühe, sieht ja trotzdem ganz goldig aus, aber mein Liebling bleibt das allererste Harvest Moon 🙂
Was habe ich da fleißig die Maisfelder bewässert, Baumstümpfe vernichtet und versucht, mit den Mädchen anzubandeln…
Irgendwie fehlt mir in den letzten Jahren die Geduld für solche Spiele. Ich mag jetzt lieber Story-lastige Games.
#NintendoSwitchLite
Ich hab bisher so ziemlich jedes Harvest Moon (mit wenigen Ausnahmen) gespielt. Viele waren toll, manche nicht so toll. Spaß haben sie mir aber irgendwie alle gemacht. Darum wäre ich neugierig auf das Remake. Auf dem GBA fand ich gerade diesen Teil richtig schön und hab ihn oft und lange gespielt. Die Story of Seasons Teile hab ich auch, da gefällt mir das erste allerdings besser als das zweite Spiel. Stardew Valley ist bisher an mir vorbei gegangen, da ich das Spiel erst verpasst habe und dann auf der PS4 für die Disk-Version mittlerweile Mondpreise verlangt werden. Mineral Town klingt aber so als würde ich es auch nochmal als Remake mögen. Klein und überschaubar, aber mit den Bewohnern immer interessant. Auf GBA hab ich das vor so langer Zeit mal gespielt, die Typen hab ich sicherlich allesamt wieder vergessen. #NintendoSwitchLite
Klingt eigentlich ganz interessant, obwohl mir der Look des Spiels nicht ganz so gut gefällt. Das einzige Spiel dieser Art, welches ich selber kenne ist Stardew Valley. Das fand ich gar nicht so komplex und eigentlich ganz einsteigerfreundlich. Vielleicht ist Story of Seasons dann auch wieder zu simpel? Bei einem Sale würde ich aber wohl trotzdem zuschlagen. „#NintendoSwitchLite“
@TiraMizu: Also Natsume und Marvellous haben sich irgendwann getrennt und jeder sein eigenes Ding gemacht. Daher waren die letzten Harvest Moon Teile nicht so der Bringer. SoS allerdings ist genau das, was man am alten Harvest Moon schätzt. Liebe zum Detail. Dieses Spiel hier gab es früher auf der PS1. Wurde quasi noch mal etwas aufgehübscht für die Switch, aber ist halt kein komplett neu erfundenes Game.
Ich liebe diese Serie so sehr, dass ich dieses Spiel haben MUSS. Ich hatte quasi den Vorgänger damals auf der PS1. Ich hab die Teile auf dem Nintendo 3DS regelrecht weggesuchtet. Auch das Spiel auf der PS1 hab ich stundenlang gespielt. Leider hatte ich damals die Version, die einen Bug auf der CD hatte. Somit ging nach der Hochzeit leider gar nix mehr, was ziemlich traurig war….auch wenns grafisch jetzt nicht das Highlight ist und es sicher bisher besseres gibt, steht das hier ganz besonders weit oben auf meiner Wunscliste…
#NintendoSwitchLite
Ah, dann liegt es wohl daran. Leute, die mit Zelda keine Vergangenheit haben, würden Majoras Mask wohl auch als unglaublich schlecht aussehend empfinden. xD
Ist das GBA-Spiel auch ein Remake des PS1-Teils? Das finde ich mit seinem Pixellook tatsächlich wesentlich ansprechender als diese Version.
puh, keine Ahnung…müsste man mal gucken, ob beide Teile gleichzeitig rausgekommen sind oder nacheinander…ich weiß nur, dass man in dem GBA Titel kein Gewächshaus bauen kann, dafür aber ein Ferienhaus, wenn ich das im Kopf hatte. Ob nun das eine oder andere sich verbessert/verschlechtert hat müsste man wohl nach dem Erscheinungsjahr dann festmachen….^^
Ich glaube ich muss mich in das Durcheinander selbst noch mal reinlesen…
Ich hab die Serie selbst nie gespielt und nur am Rande mitverfolgt, aber ich habe so Sachen gehört wie dass die Harvest Moon-Marke immer weiter und billiger ausgeschlachtet wurde, und dann kam Story of Seasons und hat wieder altbekanntes Harvest Moon gemacht. Oder ist es am Ende doch die gleiche Marke unter anderem Namen? Die Optik spricht mich leider so gar nicht an, ich mag es wenn die Spielwelt harmonisch wirkt und man nicht sieht, dass alles nur platzierte Objekte sind. Die Grafik sieht für mich jetzt auch eher nach 3DS aus statt nach Switch. Wenn sie ihren Grundaufbau noch mal komplett überarbeiten (Doraemon fand ich viel hochwertiger), würde ich der Serie wohl eine Chance geben, aber das sieht nicht so gut gealtert aus.
#NintendoSwitchLite