Von 2014 bis 2020 wurde Domestic Girlfriend in mindestens 28 Manga-Bänden erzählt. Kurz vor dem Ende flimmerte 2019 die Anime-Umsetzung über japanische Fernsehbildschirme. Im deutschsprachigen Raum folgte die Veröffentlichung leicht verspätet im November 2020.
Dreh- und Angelpunkt der Erzählung der Anime-Serie Domestic Girlfriend ist der Oberschüler Fujii Natsuo, der gerade das erste Mal mit einer Frau das Kopfkissen geteilt hat. Bei dieser Frau handelt es sich um die Oberschülerin Rui, die allerdings einfach nur ihren allerersten Geschlechtsverkehr erleben will. Da er ebenso wenig Erfahrung wie sie hat und auch sonst in kein Mädchen verliebt ist, willigt er spontan ein. Er weiß nicht so recht, wie er das Erlebnis deuten soll und hegt eigentlich auch Gefühle für seine Lehrerin Hina. Ein paar Tage später erfährt Natsuo von seinem seit zehn Jahren verwitweten Vater Akihito, dass er noch ein weiteres Mal heiraten möchte. Wenig später stellt Akihito seinem Sohn auch schon seine Herzensdame vor. Tachibana Tsukiko, so der Name seiner Verlobten, entpuppt sich als die Mutter von Rui. Bei Weitem ist aber noch nicht alles, denn seine Lehrerin Hina ist noch dazu die Schwester von Rui. Die ganze Situation spitzt sich weiter zu, indem Akihito auch noch stolz verkündet, dass sie bald alle zusammen in ein neues Haus umziehen und fortan gemeinsam als Familie unter einem Dach leben werden. Natsuos „Unglück“ nimmt jedoch nicht ab, denn schon am nächsten Tag wechselt Rui an seine Oberschule und drückt fortan in der Parallelklasse die Schulbank. In Domestic Girlfriend bleibt es also von Anfang bis Ende turbulent.
Ernste Themen des Lebens
Obwohl es den Anschein hat, dass die Anime-Serie innerhalb dieses Szenarios sehr lustig werden könnte, ist Humor tatsächlich nur eine Nebensache. Die Geschichte von Domestic Girlfriend ist tatsächlich sehr ernst und erwachsen geschrieben. Ganz auf Humor verzichtet die Serie zwar nicht, doch ist die Geschichte tiefgründig und charakterbetont. So geht es vor allem um die zwischenmenschlichen Beziehungen von Hina, Natsuo und Rui. In der Schule lernen sie sich als Schüler und Lehrer besser kennen, während sie sich zuhause auch privat näherkommen. Unter anderem wird die Beziehung von Hina zu einem verheirateten Mann thematisiert. Das ist sowohl für Rui, die gerne ihre Schwester wieder fröhlich sehen will, als auch für Natsuo, der insgeheim in Hina verliebt ist, ein zu lösendes Problem. Rui, die zudem nicht so richtig weiß, welche Bedeutung wahre Liebe eigentlich hat, schließt Freundschaft mit der extrovertierten Kashiwabara Momo. Diese hat wiederum nur Augen für Natsuo, was Rui aus der Bahn wirft. Das Leben und vor allem das Thema Liebe sind definitiv nicht einfach, zumindest nicht für die Charaktere in Domestic Girlfriend. Erzähltechnisch gehört die Serie definitiv zu den besseren Werken der tangierten Genres, auch wenn in puncto Inszenierung einige Szenen dabei sind, die die erotischen Aspekte vielleicht etwas zu sehr hervorheben.
Erwachsene Darstellung der Umstände
Zum Beispiel leidet Rui in einer Episode an Fieber und Natsuo muss ihr, natürlich rektal, ein Fieberzäpfchen einführen. Es sind jedoch bei Weitem nicht alle Szenen derart plump in die Rahmenhandlung eingewebt. An anderer Stelle muss Momo, deren Hintergrundgeschichte komplizierter ist, als es zunächst scheint, trotz entblößter Brüste eine Zurückweisung von Natsuo in Kauf nehmen. Exzessiv fällt die Darstellung sexueller Akte aber nicht aus. Hier ist Domestic Girlfriend recht harmlos, was aber hervorragend zur erwachsen erzählten Story passt. Im bildschirmfüllenden 16:9-Format in der Auflösung von 1080p kommen sowohl die Umgebungsgrafiken als auch die Charaktere sehr gut zur Geltung. Es wirkt alles wie aus einem Guss. Die Modelle der Figuren sind detailliert gestaltet und schön animiert. Lediglich bei den Licht- und Schatteneffekten enttäuscht die Serie. Dafür gefällt der ruhige und niemals aufdringliche Soundtrack, der im Tonformat Dolby Digital 2.0 aus den Lautsprechern trällert. Die Synchronisation ist sowohl im Japanischen als auch im Deutschen gelungen, zumal die Stimmen ruhig und bewusst sind. Digitales Bonusmaterial gibt es bei Domestic Girlfriend jedoch nicht. Ebenfalls existieren laut Herstellerangaben keine physischen Dreingaben. Somit konzentriert sich die Veröffentlichung voll und ganz auf den ernsten Inhalt der Anime-Serie.
Geschrieben von Eric Ebelt
Erics Fazit (basierend auf der Blu-ray-Fassung): Es gibt genügend Anime-Serien, die Themen wie Liebe, Sexualität oder Erotik auf Banalitäten reduzieren und entsprechend ebenso plump darstellen. Domestic Girlfriend hebt sich von solchen Werken ab. Zumindest ist die Darstellung in vielen Punkten erwachsen und vieles wird auch nur angedeutet statt direkt umgesetzt. In diesem Rahmen funktioniert die Handlung um die komplizierte Familie von Fujii Natsuo wirklich hervorragend. Dazu trägt auch das ruhige Erscheinungsbild bei. Vor allem die detaillierten wie inhaltlich tiefgründig gestalteten Figuren sind für diesen Umstand verantwortlich. Die Charaktere sind interessant und es ist überaus spannend, ihrem Weg zu folgen. Allerdings bleibt es fraglich, ob die Anime-Serie in der zweiten und letzten Volume zu einem befriedigenden Abschluss geführt werden kann. Bleibt nur zu hoffen, dass die hohe Qualität des Debüts auch in der zweiten Serienhälfte erhalten bleibt.
Vielen Dank an Kazé Anime für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Domestic Girlfriend (Vol. 1)!