Review: Klonoa Phantasy Reverie Series

Mitte der 1990er-Jahre bot Nintendo mit Fug und Recht die wohl besten Genre-Vertreter unter den Jump ’n’ Runs auf. Andere Entwickler wie Namco leisteten mit Titeln wie der Klonoa-Reihe jedoch Widerstand. Wir prüfen, ob die Klonoa-Formel im Jahr 2022 noch aufgeht.

Für die erste PlayStation erschien 1997 das Jump ’n’ Run Klonoa: Door to Phantomile und war damit quasi ein Gegengewicht zum Publikumsmagnet Super Mario 64 auf dem Nintendo 64. Dreieinhalb Jahre später veröffentlichte Namco den Nachfolger Klonoa 2: Lunatea’s Veil für die PlayStation 2 – qualitative Konkurrenz aus dem Hause Nintendo gab es eigentlich nur in Form der Rare-Titel wie Banjo-Kazooie oder Donkey Kong 64. Trotzdem war der Reihe keine allzu lange Blütezeit beschert. Es gab zwar noch diverse Titel, unter anderem für den Game Boy Advance, doch geriet das Klonoa-Franchise auf oder kurz oder lang in Vergessenheit. Um die spätestens seit Mitte der 2000er-Jahre tote Videospielserie wiederzubeleben, schickt Bandai Namco mit Klonoa Phantasy Reverie Series die Remaster der ersten beiden Teile für alle gängigen Plattformen ins Rennen, damit es auch wirklich jeder mitbekommt. Jump ’n’ Runs außerhalb des großen Nintendo-Kosmos werden häufig belächelt und aufgrund der mittelmäßigen Optik dürfte so mancher Interessent auch bei der Klonoa Phantasy Reverie Series abgeschreckt sein. Hinter den visuell nicht ganz so hübschen Remasters verstecken sich zwei solide bis gute Titel, die bei ihrer Erstveröffentlichung durchaus eigene Akzente setzten. Selbst ein gewisser Einfluss auf Nintendo-Werke wie das kurz nach Klonoa veröffentlichte Yoshi’s Story oder Kirby 64: The Crystal Shards von 2000 ist nicht von der Hand zu weisen.

Vermittlung wichtiger Werte

Genretypisch ist die Story von Klonoa Phantasy Reverie Series eher schwach angesetzt, zeigt aber gerade zum Ende beider Handlungsbögen Tiefgang. Zudem geht die Geschichte weit über die plumpen Ideen der bereits angesprochenen Nintendo-Titel hinaus. Es wird nicht einfach zum hundertsten Mal die Prinzessin entführt. Stattdessen wird in Klonoa das titelgebende Land Phantomile vom bösen Ghadius und seinem persönlichen Handlanger Joka bedroht. In der Rolle des anthropomorphen und katzenartigen Klonoa müssen wir die beiden Bösewichte durch verschiedene Levels verfolgen und uns unterwegs mit ihren gewaltbereiten Schergen anlegen. Bei Klonoa 2 machen wir hingegen eine Traumwelt unsicher. Hier müssen wir die Welt ebenfalls vor einer bösen Macht schützen, die von der gescheiterten Priesterin Leorina ausgeht. So erklimmen wir über eine Oberwelt nach und nach die unterschiedlichen Etappen und stellen uns am Ende der Dunkelheit, auf dass die Sonne bald wieder scheinen möge. Beide Geschichten sind zwar kindgerecht erzählt, doch sollten Eltern wissen, dass es zum Ende hin ein wenig düsterer werden könnte. Es bleibt aber alles in einem gesunden Rahmen und die Dialoge sind frei von unnötigen Gewaltausbrüchen. Werte wie Freundschaft und Zusammenhalt werden vor allem durch Rückschläge der Charaktere vermittelt, sodass jüngeren Spielern wertvolle Botschaften mit auf den Weg gegeben werden, was pädagogisch gesehen klasse ist.

Gelungenes Leveldesign mit kleinen Schwächen

Auffallend in der Klonoa Phantasy Reverie Series sind die visuell sehr abwechslungsreichen Levels. Unter anderem erkunden wir einen teilweise eingestürzten Tempel, machen ein Fabrikgelände unsicher, flüchten in einer an die frühen 1900er-Jahre erinnernden Stadt vor einer gigantischen Maschine, durchforsten eine dunkle Höhle oder surfen auch schon mal auf einem Fluss. Obwohl beide Spiele nur über ein paar Handvoll Levels verfügen, fallen diese insbesondere im zweiten Teil etwas länger aus. Auch das Leveldesign bietet gelegentlich mit verschiedenen Abzweigungen genügend Raum zum Erkunden. Verlaufen ist nur in wenigen Levels und dann auch nur selten möglich. Noch dazu müssen wir verhältnismäßig viele Rätsel lösen. Um beispielsweise einen weit entfernten Schalter zu aktivieren, packen wir einen Gegner und werfen ihn über die entsprechende Distanz. Das funktioniert sowohl in der Horizontalen der zweidimensionalen Levelstruktur, als auch in die Tiefe. Öfters müssen wir zwischen verschiedenen Ebenen wechseln, um im Level voranzukommen. All das macht durchaus Spaß. Lediglich das Greifen von Gegnern treibt uns oft zur Weißglut, da die Kollisionsabfrage sehr schwammig ist. Erwischen wir einen fliegenden Gegner nicht ganz genau, um uns zum Beispiel nach oben abzustoßen, fallen wir im schlimmsten Fall in einen bodenlosen Abgrund. Beide Titel kennen hier kein Erbarmen und ziehen uns die Versuche nur so aus der Tasche.

Eine Frage des Schwierigkeitsgrades

Glücklicherweise können wir den Schwierigkeitsgrad in der Klonoa Phantasy Reverie Series außerhalb eines Levels jederzeit anpassen. Jüngeren oder im Genre ungeübten Spielern empfehlen wir klar den einfachen Schwierigkeitsgrad, da Kollisionen mit einem Gegner deutlich weniger Energie abziehen. Außerdem gibt es auf dem leichten Schwierigkeitsgrad keine aufzubrauchenden Versuche mehr. Fallen wir also immer und immer wieder in denselben Abgrund, starten wir somit ohne Verluste beim letzten Kontrollpunkt. Würden wir die Spiele auf dem normalen Schwierigkeitsgrad angehen, müssten wir beim Verbrauchen unseres letzten Lebens wieder am Eingang des Levels starten. In Klonoa 2 gibt es im Gegensatz zum ersten Teil unterwegs zwar deutlich mehr Versuche einzuheimsen, die als Collectibles als goldene Münzen gekennzeichnet werden, aber auch hier fällt vehement auf, dass die einfache Schwierigkeitsstufe das Abenteuer wesentlich angenehmer gestaltet. Am Ende müsst ihr diese Entscheidung aber für euch selbst treffen. Ein wenig unverständlich ist, warum die hohe Schwierigkeitsstufe für Masochisten erst nach dem Durchspielen in jedem der beiden Titel freigeschaltet wird. Abgesehen von einigen wenigen Schwächen in der Levelstruktur, die so wirken, als hätten sadistische Entwickler die vielfältigen Möglichkeiten des Super Mario Maker entdeckt, ist das Gameplay für die Levels passend und funktioniert weitgehend ordnungsgemäß.

Veraltete, aber weitgehend stimmige Technik

Grafisch erstrahlen beide Titel in hellen als auch dunklen Farben und wirken trotz der veralteten Optik stimmig. Wer möchte, kann in den Optionen auch den Pixelfilter aktivieren, sodass die Titel abgesehen von Textboxen und Menüs wie PlayStation-Spiele aussehen. Retro-Fans dürfte das sehr freuen. Ein Vorteil hat aber auch die heutzutage veraltete visuelle Gestaltung. Auf der PlayStation 5 laden beide Spiele sehr schnell und zudem laufen sie durchweg flüssig. Bei der Klonoa Phantasy Reverie Series, die stellenweise sehr auf Reflexe setzt, ist das auch überaus wichtig. Entwicklerstudio Monkey Craft hat bei den Remakes alles richtig gemacht. Auch die Musik von früher ist mit von der Partie. Insbesondere beim Seriendebüt können wir uns nicht an den Melodien satthören. Warum die Entwickler aber anscheinend auf die Sprachaufnahmen des ersten Teils zurückgreifen mussten, ist uns schleierhaft. Die Figuren klingen so viel zu stumpf und noch mehr aus der Zeit gefallen. Da hätte Bandai Namco ruhig etwas großzügiger sein können. Nichtsdestotrotz ist das nur der kalte Tropfen auf den heißen Stein. Klonoa und Klonoa 2 sind wie eingangs erwähnt zwei solide bis gute Titel, die mit ihrem so genannten 2,5D-Stil brillieren und zusammen acht bis zehn Stunden Spielzeit bieten. Ein wenig mehr Liebe zum Detail wäre schön gewesen, aber wer die Originale noch nicht kennt, hat jetzt eine sehr unkomplizierte Möglichkeit, die beiden Jump ’n’ Runs endlich nachzuholen.

Geschrieben von Eric Ebelt

Erics Fazit (basierend auf der PlayStation-5-Fassung): Klonoa war mir in der Vergangenheit zwar ein Begriff, doch spielen konnte ich bis vor Kurzem keinen der Serienteile. Mit der Klonoa Phantasy Reverie Series hat sich dies zum Glück geändert. Binnen weniger Tage habe ich beide Spiele vollständig durchgespielt. Aufgrund des Alters beider Titel dürfte es nicht erschreckend sein, dass die Spielzeit beider enthaltener Spiele zusammen genommen ungefähr acht bis zehn Stunden umfasst. In Zeiten, in denen Spiele immer länger und noch länger werden müssen, ist das in meinen Augen eine willkommene Abwechslung! Spieltechnisch können mich Klonoa und Klonoa 2 aber nur bedingt fesseln. Das Erkunden der Spielwelt und das Erleben der Ideen der Entwickler gefallen mir dabei am meisten. Sprungpassagen, in denen ich mich mit Klonoa an Gegnern festhalten muss, sind für meine Reflexe jedoch derart grauenvoll, dass ich gerne den Controller an die Wand schmeißen will. Nichtsdestotrotz motiviert die Klonoa Phantasy Reverie Series mit solchen Momenten zum Weiterspielen, so blöd das für denen einen oder anderen auch klingen mag. Die Remasters haben zwar einige negative Aspekte wie die schwammige Steuerung und die schwache Kollisionsabfrage, aber unterm Strich sind diese Minuspunkte nicht so gravierend, dass ihr den Titel außer Acht lassen solltet. Wägt für euch selbst ab, ob ihr mit den Defiziten leben könnt, denn wir ihr es tut, werdet ihr auf zwei spaßige und kurzweilige Jump ’n’ Runs stoßen. Wer jedoch auf Hochglanz polierte Abenteuer sucht, sollte sich dann doch lieber nach Alternativen umsehen.

Vielen Dank an Bandai Namco für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Klonoa Phantasy Reverie Series! 

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