Review: Babylon (Vol. 2)

Aufgeteilt auf zwei Ausgaben erschien die erste Volume der Anime-Serie aus dem Jahr 2019 im Februar 2022 auf Blu-ray Disc. Nur einen Monat später wurde die Geschichte im zweiten Episodenpaket zu Ende geführt – allerdings mit einem offenen und unbefriedigenden Ende.

Erzähltechnisch knüpft Babylon in der siebten und damit ersten Folge der zweiten Volume an den Cliffhanger der sechsten und letzten Folge der ersten Ausgabe an. Der Zuschauer ist sich nun im Klaren darüber, dass der gewählte Gouverneur Itsuki Kaika Selbstmord begehen will. Itsuki möchte, dass sein herzenskranker Sohn noch viele Jahre mit Hilfe seines Herzens leben kann und möchte deshalb freiwillig aus dem Leben treten. Während die Anime-Serie bis zum aktuellen Zeitpunkt eher eine Meinung gegen das zu verabschiedende Selbstmordgesetz vertritt, gelingt es dem Werk von Animationsstudio Revoroot spätestens jetzt auch deutlich verständliche Argumente für das Gesetz zu liefern. Trotz allem planen Staatsanwalt Seizaki Zen und die Polizei, den Politiker nach der Fernsehdebatte zu entführen. Eingerahmt in diese Geschichte geht jedoch auch die Suche oder eher gesagt Jagd auf die ominöse Frau Magase Ai weiter, der es allem Anschein nach gelingt, mit ihrer Stimme Menschen zu manipulieren und sie kurz darauf Suizid begehen zu lassen. Nachdem Protagonist Seizaki Zen, ein Staatsanwalt in Tōkyō, in der ersten Episode von Babylon bereits seinen Gehilfen Fumio Atsuhiko verloren hat, muss er in der zweiten Volume zwei weitere Rückschläge hinnehmen. Vor seinen Augen richtet sich Kujin Shinobu erst selbst und kurz darauf verschwindet auch noch Sekuro Hiasa.

Gut und Böse

Im Verlauf der zweiten Serienhälfte thematisiert Babylon nicht nur die Einführung des fragwürdigen Selbstmordgesetzes. Die Serie stellt sich auch die elementare Frage nach dem Unterschied zwischen Gut und Böse. Ob eine klare Antwort darauf gefunden werden kann, soll an dieser Stelle nicht verraten werden. Interessant ist hieran allerdings, dass sich der Handlungsort von Japan in die Vereinigten Staaten von Amerika verlagert. Zum Tragen kommen auch die Oberhäupter verschiedener europäischer Länder wie Deutschland, Frankreich und Italien. Bei einem Gipfeltreffern der Staatschefs in New York City entbrennt zunächst regelrecht eine Diskussion über das Für und Wieder des Gesetzes, bis diese in ein plötzlich sehr gesittetes und philosophisches Gespräch über Gut und Böse umschlägt. Der Präsident der Vereinigten Staaten, Alexander W. Wood, nimmt hierbei eine Schlüsselrolle ein. Entsprechend wird Wood und seiner Vergangenheit eine ganze Episode gewidmet. Nichtsdestotrotz bekommen auch Itsuki und Magase während der sechs Folgen genügend Auftritte. Dabei wird mehr als deutlich, dass keine Seite mit fairen Mitteln kämpfen kann, um zu gewinnen – sofern bei der problematischen Fragestellung der Anime-Serie überhaupt von Gewinnen und Verlieren gesprochen werden kann. Bis zum Schluss bleibt die Wahrheit teils sehr undurchsichtig.

Licht und Schatten

Über das Ende der Anime-Serie wird in Zukunft womöglich viel diskutiert werden; zumindest unter Fans. Wie viele andere kürzere Anime-Serien endet Babylon am Ende der zwölften Folge mit einem offenen Ende, was bei philosophischen Themen nicht überrascht, aber den Zuschauer irritieren könnte. Zwölf Episoden lang versucht Babylon Antworten auf essentielle Fragen zu finden. Ganz am Ende zertrümmert die Serie dann die Erwartungshaltung des Zuschauers. So gut wie alle Handlungsfäden werden nicht zu Ende geführt und mit einer Szene nach dem letzten Abspann wird es ebenso nicht besser. Förmlich schreit das Finale nach einer Fortsetzung und diese deutet Nozaki Mado, Autor der Romanvorlage, im Interview im beiliegenden Booklet auch an, ohne dabei jedoch konkret zu werden – wie zufällig passend. Neben diesem Interview gibt es im Booklet auch ein Gespräch mit Regisseur Suzuki Kiyotaka, der unter anderem auch an Psycho-Pass 2 beteiligt war. Er geht unter anderem auf die Problematik ein, den Roman als Anime zu adaptieren. Das ist durchaus lesenswert und ein klarer Mehrwert, der für die zweite Volume spricht. Im digitalen Bonusbereich gibt es ähnlich wie bei der ersten Ausgabe ein Clean Opening und ein Clean Ending obendrauf. Am offenen Ende ändert dies nichts: Wer keine Selbstinterpretation durchführen möchte, kann die Serie abbrechen.

Geschrieben von Eric Ebelt

Erics Fazit (basierend auf der Blu-ray-Fassung): Babylon beschäftigt sich in der zweiten Volume mit noch sehr viel essentielleren Fragen von Gut und Böse als im Serienauftakt. Als Handlungsbasis benutzt die Anime-Serie ein fiktives Selbstmordgesetz, auf das alle Fragestellungen zurückzuführen sind. Mit der Zeit, besonders in der zweiten Volume, erreicht die Serie eine philosophische Ebene. Diese ist durchaus spannend, denn die Diskussionen sind interessant gestaltet und mit nachvollziehbaren wie verständlichen Argumenten unterfüttert. Auch dass Analogien zurate gezogen werden, spricht für den Handlungsaufbau und die schwierige Konstellation der Charaktere zueinander. Allerdings begeht die Anime-Serie den Fehler, am Ende aller Diskussionen weder für die partizipierenden Figuren noch für den Zuschauer eine zufriedenstellende Antwort zu liefern. So gut wie alle Handlungsstränge bleiben offen und der Zuschauer muss sich selbst überlegen, wie die weitere Geschichte verläuft. Auch andere kürzere Anime-Serien bedienen sich offenen Enden, aber nicht in diesem Ausmaß. Es ist eine Frechheit, den Zuschauer derart unbefriedigt zurückzulassen. An den tollen Anfang der Serie kann die zweite Volume leider nicht anknüpfen. Nur die größten Fans, die kein Problem mit ins Nichts verlaufenden philosophischen Diskussionen haben, werden hier noch glücklich.

Vielen Dank an Kazé Anime für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Babylon (Vol. 2)!

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