Alice in Borderland knüpft im zweiten Doppelband, der hierzulande im Februar 2023 erschien, an die Ereignisse der Geschehnisse im Debüt der Manga-Reihe an. Aufgeteilt ist der Doppelband, wie könnte es auch anders sein, in zwei Hälften. In der ersten Hälfte legt der Manga den Fokus auf die bisherigen Protagonisten, allen voran Arisu Ryōhei. Dieser war im letzten Spiel auf Leben und Tod erfolgreich und konnte sein Visum im titelgebenden Borderland zusammen mit seinem guten Kumpel Karube Daikichi um ein paar Tage verlängern. Anders sieht es bei ihrem gemeinsamen Freund Segawa Chōta aus. Dieser hat sich verletzt und muss sich von den Strapazen erholen. Gesellschaft leistet ihm dabei Shibuki Saori, einer Frau, die ihren Überlebenswillen verloren hat und sich Verständnis vom angeschlagenen Chōta verspricht. Die beiden kommen sich emotional näher. Damit nicht nur Chōta, sondern auch der Leser sich ein besseres Bild von Saori machen kann, erfährt dieser in einer etwas größeren Rückblende weitere Einzelheiten über die Teilnehmerin an den Spielen des Borderlands. Auf kurz oder lang müssen sie sich aber des Überlebens willen wieder auf das nächste Spiel einlassen. Ihr Weg führt sie in einen botanischen Garten, der sich unterhalb einer riesigen Kuppel befindet. Hier erwartet die Teilnehmer das bisher widerwärtigste Spiel von Alice in Borderland.
Frischer Handlungsort mit neuen Charakteren
Es handelt sich hierbei um ein „Versteckspiel“, bei dem ein Wolf Jagd auf drei Schafe machen muss. Wie genau die Regeln aussehen und welche abartige Belohnung wartet, soll an dieser Stelle aber nicht verraten werden. In der zweiten Hälfte verschlägt es die Charaktere des Mangas an einen neuen Handlungsort, an dem die Figuren neue Einzelheiten über das Borderland und ihre Ausreise erfahren können. Weitere Charaktere wie der liebevoll als Hutmacher bezeichnete Danma Takeru, die ehemalige Bekleidungsgeschäftangestellte Kuina Hikari und der durchtriebene Chishiya Shuntarō stellen die sozialen wie politischen Hierarchien vor. Das heißt auch, dass sich der Fokus von den gefährlichen Spielen verlagert. Stattdessen werden die zwischenmenschlichen Beziehungen hervorgehoben. Eine Entwicklung, die schon auf den ersten Seiten des vorliegenden Mangas zu erkennen ist und definitiv eine Bereicherung für die Erzählstruktur sind. Besonderen Wert legt die Handlung im zweiten Teil des zweiten Doppelbandes auf Yuzuha Usagi, die den Verlust ihres Vaters zu betrauern hat und dennoch um ihr Überleben im Borderland kämpfen muss. Durch die Einführung weiterer Figuren bleiben Story und Spiele dynamisch. Kenner der Fernsehserie erleben nur wenig Neues, aber wer nur den Manga kennt, wird von Alice in Borderland auch diesmal mitgerissen.
Geschrieben von Eric Ebelt
Erics Fazit (basierend auf der ersten Auflage): Während der erste Doppelband von Alice in Borderland eine sehr gute Einführung in die Manga-Reihe darstellt und einen Überblick über die Grundregeln der Spiele vermittelt, baut die zweite Ausgabe auf diesem Grundkonzept auf. Soll heißen, dass es zwar nach wie vor makabere Spiele auf Leben und Tod gibt, diese aber bis auf ein großes Spiel in den Hintergrund rücken. Vielmehr werden die zwischenmenschlichen Beziehungen zwischen den Charakteren beleuchtet, die stellenweise sehr tiefgründig ausfallen. Auch dass Hintergründe über in diesem Band eingeführten Persönlichkeiten an Ort und Stelle über Dialoge erzählt oder sogar bildlich mit Rückblenden dargestellt werden, ist ein wichtiger Punkt der Erzählstruktur von Alice in Borderland. Darüber hinaus zeigt der zweite Doppelband von Alice in Borderland in mehrerlei Hinsicht kompromisslos, welche Auswirkungen Niederlagen in einem Spiel haben können. Der zweite Band ist eine gelungene Fortsetzung mit Tiefgang und Mehrwert, an dem kein Fan der Reihe herum kommt.
Vielen Dank an Hayabusa für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Alice in Borderland (Doppelband 2)!
Abbildungen: IMAWA NO KUNI NO ALICE © 2011 Haro ASO/ SHOGAKUKAN