Review: Bayonetta Origins: Cereza and the Lost Demon

Nachdem Nintendo, Sega und Platinum Games Ende 2022 auf der Switch die dritte Episode der Bayonetta-Serie veröffentlicht haben, folgte im März 2023 mit Bayonetta Origins: Cereza and the Lost Demon das erste Spin-off – dieses entpuppt sich von der ersten Minute an als deutlich besseres Videospiel.

Im Oktober 2022 spaltete Bayonetta 3 die Gemüter der Fans der Serie. Die eine Hälfte freute sich über den dritten Teil der Reihe, die anderen waren von der minderen Qualität des Spiels enttäuscht. Bayonetta Origins wird die Fangemeinde ebenfalls in zwei Lager teilen, was aber nicht an der Qualität, sondern am Genre-Wechsel liegt. Anstatt die titelgebende Hexe in eine fulminante Actionsequenz nach der anderen zu schicken, erleben wir dieses Mal mit ihr ein Abenteuer im Stile von The Legend of Zelda. Darüber hinaus erzählt Bayonetta Origins eine Geschichte aus Cerezas Jugend. Als Kind einer Umbra-Hexe und eines Lumen-Weisens, eine gesellschaftlich kritisch beäugte Verbindung, wird Cereza ins Exil geschickt. Von der Hexe Morgana, die am Rande des von Feen bevölkerten Waldes Avalon lebt, wird sie in den Zauberkünsten unterrichtet. Eines Tages träumt sie etwas Merkwürdiges: Um ihre inhaftierte Mutter aus dem Gefängnis zu befreien, benötigt sie eine Macht, die sie nur in Avalon erlernen kann. Cereza ist es jedoch verboten, den Wald zu betreten, da sie zu unerfahren ist. Zudem ist der Weg in den labyrinthartigen Wald für jeden Besucher, der keine Fee ist, eine Reise ohne Wiederkehr. Wie könnte es auch anders sein, begibt sich Cereza trotz jeder Warnung nach Avalon. Wir begleiten sie in den Wald hinein und müssen mit ihr auch einen Ausweg finden.

Geteiltes Leid ist halbes Leid

Aus der leicht versetzten Vogelperspektive spielen wir Cereza, irren mit ihr im Wald umher, lösen dabei leichte Rätsel und kämpfen mit den bösartigen Feen des Königreichs Avalon. In Bayonetta Origins sind wir aber in den meisten Fällen nicht alleine unterwegs und erhalten Unterstützung von Cerezas beschworenen Dämon Cheshire, dessen übernatürliche Form in Cerezas Katzenplüschtier steckt. Im Gegensatz zu anderen Spielen wird der katzenartige Cheshire aber nicht von einer künstlichen Intelligenz gesteuert. Tatsächlich sind wir es, die sowohl Cereza als auch Cheshire spielen – gleichzeitig versteht sich! So kontrollieren wir Cereza mit dem linken, während wir Cheshire mit dem rechten Analog-Stick bewegen. Zunächst ist das Twin-Stick-Abenteuer gewöhnungsbedürftig und auch nach Stunden bemerken wir, dass in den manchmal hektischen und teils unübersichtlichen Kämpfen gerade die Steuerung nicht hundertprozentig funktioniert. Den Vierbeiner können wir stets auf Knopfdruck ins Plüschtier zurückrufen, sodass zumindest die Erkundungspassagen weniger stressfrei verlaufen, da wir so in diesen Momenten nur Cereza spielen. Die Aufteilung der Steuerung auf zwei Spielfiguren wirkt zunächst wie eine große Schwäche. In Wahrheit ist diese Schwäche von Bayonetta Origins aber zugleich die größte Stärke, die den Titel von anderen Spielen abhebt. Einen Zwei-Spieler-Modus gibt es unverständlicherweise nicht.

Rätselkost für jedermann

Überall in der Spielwelt warten kleinere Knobeleien auf uns. Beispielsweise müssen wir Cereza vor Gewächsen tanzen lassen, damit aus ihnen etwas größere und stabile Büsche wachsen. An anderer Stelle benötigen wir die pure Körperkraft von Cheshire, der zu groß gewachsene Wurzeln einreißen kann. Das Aufteilen und Zusammenführen von Cereza und Cheshire ist ein weiterer Aspekt, der für die Rätsel in Bayonetta Origins von entscheidender Bedeutung ist. So können wir mit Cheshire im Knuddelmodus die Stoffkatze nach vorne strecken, eine Pflanze damit umschlingen und Cheshire quasi als Gummiband zweckentfremden, um so über Abgründe zu gelangen. Später müssen wir auch den Wasserstand eines Sees senken, Feuer löschen, Steinblöcke zerstören oder schwebende Plattformen nutzen, um an sonst unerreichbare Stellen zu gelangen. Wirkliche Kopfnüsse sind bei den Rätseln aber leider nie dabei. So gelangen wir im Endeffekt jedoch auf Anhöhen, auf denen wir häufig Truhen finden, in denen sich Tränke, Avalonkonfekt oder Onyxrosen befinden. Mit Avalonkonfekt und Onyxrosen können wir, manchmal auch mit den wesentlich selteneren Mondperlen und Teufelsfrüchten, im nächsten Unterschlupf neue Fähigkeiten für Cereza und Cheshire erlernen, die großen Einfluss auf die Intensität der Kämpfe haben. Das Gameplay greift hier sehr gut ineinander.

Abwechslungsreiche Kämpfe

Vor allem die Kämpfe können, sobald wir die Steuerung ein wenig beherrschen, durchaus viel Spaß machen. Im Verlauf des Abenteuers sammeln wir vier Elementarkerne, durch die Cheshire die Elemente Feuer, Wasser, Erde und Luft in seine Angriffe einfließen lässt. Mit Cereza können wir hingegen Dornenranken aus dem Boden sprießen lassen, welche die Gegner am Boden temporär festhalten. Hinzu kommen unterschiedliche Gegnertypen, die noch mehr Abwechslung ins Spiel bringen. Unter anderem setzen wir uns mit Nahkämpfern, Schützen, Beschwörern, Zauberern und Schildträgern auseinander. Später kommen auch verschiedene Elementarschilde bei den Feinden hinzu, die es zunächst zu durchdringen gilt. In regelmäßigen Abständen müssen wir uns in Bosskämpfen zudem mit größeren Gegnern messen. So schwierig wie die Spiele der Hauptreihe ist Bayonetta Origins aber bei Weitem nicht. Dadurch, dass das Spieltempo nicht allzu hoch ausfällt und wir durch die Kamera in der Regel alles im Blick haben, können wir den meisten Attacken ausweichen oder sogar abwehren. Geht dennoch einmal die Energie zur Neige, werfen wir einfach einen Heiltrank ein oder nutzen andere Tränke, um positive Unterstützungseffekte zu erzielen. Notwendig ist das aber so gut wie nie und erst gegen Ende des Spiels sind Tränke möglicherweise erst richtig hilfreich.

Verträumte Spielwelt

Letzteres hängt definitiv vom Spielertyp ab. Ihr dürft uns aber glauben, dass sogar Anfänger kaum Probleme haben dürften. Auch Spieler, die sich von der Bayonetta-Reihe wegen des höheren Schwierigkeitsgrades abgeschreckt fühlten, sind angesprochen. An dieser Stelle kommen wir nicht umher, die wunderschöne Optik hervorzuheben. Anstatt einem realistischen Look zu folgen, erstrahlt Bayonetta Origins mit bunten, aber meist gedämpften Farben. Diese erinnern uns an japanische Farbholzschnitte, ohne aber diese zu imitieren. Auch Licht- und Schatteneffekte lassen Avalon glaubhaft erscheinen, sofern das über eine Fantasy-Welt gesagt werden kann. Hinzu kommt, dass das Spiel auf der Switch flüssig läuft. Außerdem gibt es kaum Ladezeiten, denn die Gebietswechsel kommen zumeist ohne Ladepausen aus. Nur beim Wechsel zu den Tír na nÓg genannten Mini-Dungeons, in denen wir Aufgaben im Stile von The Legend of Zelda: Breath of the Wild, aber meist Kämpfe absolvieren, und etwaige Story-Sequenzen, die größtenteils in Bilderbuchoptik dargestellt werden, und bei der ab der Hälfte des Spiels verfügbaren Schnellreise kommt es zu kurzen Ladezeiten. Dafür entschädigt ein toller Soundtrack, der ins Ohr geht und den Wald akustisch untermalt. All das zusammen genommen macht Bayonetta Origins: Cereza and the Lost Demon zu einem sehr guten Spiel, das Fans von Action-Adventures nicht verpassen sollten!

Geschrieben von Eric Ebelt

Erics Fazit: Nachdem mich Bayonetta 3 enttäuscht zurückgelassen hat, war ich so kurz nach Release bei einem ebenfalls hastig angekündigten Spin-off unsicher, ob das gut gehen kann. Bayonetta Origins: Cereza and the Lost Demon zeigt aber sehr gut, dass im wachsenden Bayonetta-Universum Platz für Spin-offs bleibt. Das Experiment ist nahezu auf ganzer Linie geglückt. Abgesehen vom leichten Genre-Wechsel, ist Bayonetta Origins nüchtern betrachtet sogar das deutlich bessere Videospiel. Der Titel erzählt eine interessante Geschichte, die gerade zum Ende hin gut in die Storyline der Serie eingesetzt wird. Auch der Erkundungsdrang, die Spielwelt bis in den letzten Winkel zu durchstöbern, ist die ganze Zeit gegeben. Sogar die Kämpfe machen umso mehr Spaß, je mehr ich mich mit den Combo-Möglichkeiten auseinandersetze. Noch dazu sieht das Spiel mit dem markanten Stil wunderbar aus und ist auch genauso schön akustisch untermalt. Über die leichten Defizite in der Steuerung, die sicher nicht für jeden Spieler gleich gut zugänglich ist, und die meist wenig anspruchsvollen Rätsel sehe ich gerne hinweg. Wer Action-Adventures im Stile von The Legend of Zelda und Metroid mag, wird sich in Bayonetta Origins: Cereza and the Lost Demon regelrecht, je nach Vollständigkeitsanspruch bei Collectibles, für circa fünfzehn bis dreißig Spielstunden verlieren können.

Vielen Dank an Nintendo für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplar von Bayonetta Origins: Cereza and the Lost Demon!

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