Da ist es wieder geschehen. Mindestens zum dritten Mal im Lauf eines Jahres bietet Nintendo (in Deutschland) ein exklusives Angebot ausgewählten Kunden an. Diesmal ist das Thema ein klein wenig brisanter. Wir sprechen über Sinn, Unsinn und Wirkung eines solchen Angebots.
Exklusivangebote gibt es schon seit jeher und wird es auch immer wieder geben. Besondere Editionen von Spielen erscheinen exklusiv bei bestimmten Händlern. Meistens trifft es dabei den Branchenriesen Amazon, wo momentan die Collector’s Edition von The Witcher 3: Wild Hunt exklusiv und nur dort angeboten wird. Wer ungern im Internet bestellt, hat grundsätzlich keine andere Wahl und muss wohl oder übel auf die begehrte Spezialausgabe verzichten. Zum einen ist das jedes Mal ärgerlich für den Kunden und zum anderen ermöglicht es sowohl dem Publisher als auch dem Händler dem Wettbewerb aus dem Weg zu gehen und das Angebot zu einem festgelegten (meist unveränderlichen) Preis zu offerieren. Würden Einzelhandelsketten ebenfalls die Collector’s Edition verkaufen dürfen, würde ein Wettbewerb existieren und der Kunde wäre glücklich – er kann sich das Produkt bei dem Händler kaufen, dem er vertraut. Es gibt jedoch auch diese kleinen Zusatzangebote. Ketten wie Gamestop erhalten vom Publisher zusätzliche Boni, die sie den potenziellen Käufern im Austausch für eine Vorbestellung bieten dürfen. Das ist grundsätzlich eine nette Idee, doch problematisch wird es, wenn man ein sehr großer Fan eines Spiels ist und man dieses unbedingt in seiner Gänze erleben will. Man wird dazu genötigt, den Titel bei Gamestop zu kaufen und zahlt dafür meist einen höheren Preis.
Kauf das Spiel und eine neue Konsole
Die Kette Gamestop soll jetzt aber nicht diffamiert werden. Das Problem betrifft die gesamte Branche, denn auch Online-Versandhäuser wie Amazon oder Einzelhandelsketten wie Saturn und Media Markt locken den Käufer im Voraus mit speziellen Downloadcodes, die das Spiel im Umfang leicht bis mittelstark erweitern. Das fängt recht harmlos bei zusätzlichen Waffen oder Autos an, kann aber auch gleich eine neue Mission bedeuten. Der Ärger kann sogar so weit gehen, dass diese eine Mission nur auf einer bestimmten Konsole verfügbar ist. Ubisoft hat das 2014 mit dem Action-Spektakel Watch Dogs demonstriert. Auf der PlayStation-3- und auch auf der PlayStation-4-Schachtel prangern deutliche Hinweise, dass hier sechzig Minuten exklusives Gameplay enthalten ist. Wer Microsoft das Vertrauen schenkt und Watch Dogs auf Xbox 360, Xbox One oder dem PC spielen will, hat eben Pech gehabt. Von den gebeutelten Wii-U-Besitzern, die noch ein halbes Jahr länger auf das Spiel warten mussten, wollen wir gar nicht erst sprechen. Der Sinn hinter solchen Aktionen lässt sich leicht erklären. Die Publisher wollen die Spiele bewerben und mit zusätzlichen Inhalten klappt das natürlich leichter. Damit die Fans nicht Sturm laufen, kann man sich mehr als kleinen Inhalte ohnehin nicht erlauben. In Zukunft erscheinende Download-Inhalte bieten ohnehin weitere lukrative Einnahmequellen.
Der Kunde als Werbeträger
Wichtig: Niemand wird gezwungen, sich das Spiel in irgendeinem Laden oder für irgendeine Plattform zu kaufen. Diese Entscheidung liegt immer noch beim Käufer und dieser ist für eine Entscheidung selbst verantwortlich. Während sich besonders große Dritthersteller wie Ubisoft, Electronic Arts oder Activision die Köpfe über solche verlockenden Angebote zerbrechen, entziehen sich die drei großen Namen Microsoft, Nintendo und Sony dieser Streitigkeiten. Sie lassen Spiele nur für die hauseigene Plattform entwickeln und bieten Erstkäufern nur selten digitale Inhalte an. Eher winkt mal ein Steelbook wie im Falle der neuen Pokémon-Editionen Alpha Saphir & Omega Rubin als Vorbestellerbonus. Trotzdem ist es genau diese Firma, über die aktuell im Internet so viel geredet wird. Nintendo ist derzeit erpicht darauf, nur speziellen Nutzern bestimmte Inhalte zu ermöglichen. 2014 hat Nintendo an ausgewählte Kunden Codes zu einer Probeversion von Super Smash Bros. for Nintendo 3DS geschickt. Wohlgemerkt ein Spiel, das von vielen Fans heiß erwartet wurde. Wie die Kunden ausgewählt worden sind, ist bis heute ungeklärt. Die Aufgabe der Kunden war es jedoch, drei weitere Downloadcodes an Freunde weiterzuleiten, um so auf das Spiel aufmerksam zu machen. Günstiger kann man sich Werbung nun wirklich nicht mehr vorstellen. Den Verkäufen des Titels hat es nicht geschadet.
Treue Kunden kaufen mehr
Nun hat Nintendo am sechsten Januar 2015 abermals zugeschlagen und sich an die angeblich treuesten Kunden des Konzerns gerichtet. Im Falle unseres Chefredakteurs trifft das auch sehr gut zu, da er übers Jahr verteilt dutzende Nintendo-Spiele digital als auch physisch erwirbt. In der E-Mail wird damit geworben, dass sich Nintendo bei dem treuen Kunden bedankt und ihm die Möglichkeit bietet, den New Nintendo 3DS schon vor der deutschen Markteinführung zu erwerben. Grundsätzlich ein sehr netter Zug, der aber (zumindest bei unserem Chefredakteur) seine Wirkung verzielt und gar auf Gegenliebe stößt. Kaum hat man sich auf der Produktseite mit seinen Zugangsdaten eingeloggt, wird einem auch schön aufgeführt, was uns im Falle der positiven Kaufentscheidung alles geboten wird. Neben dem New Nintendo 3DS erhält man im so genannten Ambassador-Edition-Bundle exklusiv eine Ambassador-Edition-Zierblende für die Vorderseite, Zierblenden im Super-Smash-Bros.-Design für Vorder- und Rückseite und in weißer Farbe auch noch eine Ladestation. Schön säuberlich daneben aufgereiht sind die Werte oder eher gesagt die Preise. Während der Handheld mit 169,99 Euro zu Buche schlägt, haben die drei zusätzlichen Inhalte einen Wert von jeweils 9,67 Euro. Summa summarum ist der Kaufpreis also exakt 199,00 Euro. Eine kaufmännische Meisterleistung der Preiskorrektur.
Zukünftige Probleme
Bitte nicht falsch verstehen: Das Angebot oder eher gesagt die Möglichkeit, einen Handheld vor dem Launch erwerben zu können, ist sicherlich großartig. Die Umsetzung ist es in diesem Falle aber mal wieder bei Weitem nicht. Wer sich nur für den New Nintendo 3DS interessiert, muss die albernen Zierblenden und die für Nintendo-3DS-Besitzer unnötige Ladestation auf jeden Fall dazu erwerben. Nintendo bietet keinerlei Option an, den Schnickschnack aus dem virtuellen Warenkorb zu entfernen. Ebenso unschön: Im Kleingedruckten wird hingewiesen, dass man sich noch ein zusätzliches Ladekabel anschaffen muss, da dieses abermals nicht im Lieferumfang enthalten ist. Wer seine Daten also vom Nintendo 3DS zum New Nintendo 3DS übertragen will, kann das sicherlich problemlos tun, bekommt dann aber womöglich Probleme beim Verkauf seines alten Handhelds, da das Ladekabel aus guten Gründen fehlt. Während das im Online-Auktionshaus eBay trotz Angabe des Fehlens des Ladekabels im Artikeltext eine somit grundlose negative Bewertung nach sich ziehen könnte, kommt man zum Beispiel bei der nächsten Gamestop-Filiale gar nicht erst weiter. Die Einzelhandelskette prüft penibel den Zustand des Geräts und legt somit besonderen Wert auf Vollständigkeit. Etwas, was man als Kunde von einem Unternehmen der Größenordnung Gamestop mindestens erwarten kann.
Du bist der Auserwählte!
Wenn Nintendo sich also schon an die angeblich treuen Kunden richtet, die im Jahr drei- bis vierstellige Beträge für qualitativ hohe und meist gute Videospielunterhaltung zahlen, dann sollte ein renommiertes Unternehmen auch dazu in der Lage sein, ein paar Euros locker zu machen, um ein Ladekabel aus dem Lager gratis draufzupacken. Zudem spart sich Nintendo den Weg über Groß- und Einzelhändler und hätte dadurch theoretisch keinerlei schmerzhafte Verluste zu erwarten. Ärgerlich für alle Interessierten des Handhelds ist außerdem, dass das japanische Traditionsunternehmen nur den New Nintendo 3DS anbietet. Ein Auswechseln zu einer anderen Version, sprich den New Nintendo 3DS XL, ist unmöglich. Vor allem unter den Indizien, dass Nintendo die Produktion des normalen Nintendo 3DS vermutlich eingestellt hat und das Interesse am Handheld mit dem kleinen Bildschirm sinkt, ist das ebenso unsinnig wie engstirnig. Obwohl Aktionen wie diese leicht negativ wirken, ist der Effekt für den Konzern dennoch ein positiver. Es wird wieder über Nintendo geredet. Die Leute wissen, dass der New Nintendo 3DS bald erscheinen wird. Wenn dann auch die ersten exklusiven New-Nintendo-3DS-Spiele erscheinen, sind solche Aktionen recht schnell vergessen; denn ob man als treuer Kunde nun ausgewählt worden ist oder eben nicht – es wird einem (fast) nichts aufgedrückt.
Geschrieben von Eric Ebelt
Erics Meinung: Ich finde es sehr schade, wie manche Unternehmen ihre Kunden auswählen und vor allem mit ihnen umgehen. Über Vorbestellerboni rege ich mich gar nicht mehr auf, denn die meisten Titel von Drittherstellern interessieren mich nicht wirklich und wenn dann doch mal ein Spiel dabei ist, ist das wiederum so ein Nischentitel, bei dem in vielen Fällen gar die in Japan bereits erhältlichen Download-Inhalte kostenlos auf der Disc schlummern. Aber es regt mich auf, dass Unternehmen wie Nintendo versuchen, eine Zweiklassengesellschaft in einer sonst wohlfühlenden Umgebung durchzusetzen. Wenn zufällig Downloadcodes zu einer recht dünnen Demo viele Wochen vor Release des Titels in Umlauf geraten, kann ich gerne beide Augen zudrücken. Wenn mich das Spiel interessiert, kaufe ich es mir sowieso. Warum jetzt der Spalt zwischen beiden Klassen, den Wenig- und den Vielkäufern, noch weiter auseinander gezogen werden muss, verstehe ich beim besten Willen nicht. Selbstverständlich möchte ich gerne in den Genuss eines New Nintendo 3DS kommen, aber wenn, dann soll es auch ein New Nintendo 3DS XL sein – und es müssen Spiele für das System vorliegen und der Preis stimmen. Nintendo könnte ruhig so kulant sein und das Angebot zu einem wirklich tollen Preis anbieten. Schließlich bezeichnet mich der Konzern als Botschafter, der die freudige Nachricht hinaus in die Welt trällern soll. Mit diesen Zeilen merkt Nintendo aber hoffentlich, dass ich mich nicht als Werbefigur missbrauchen lassen möchte. Ich erinnere mich gern an das Jahr 2001 zurück – Nintendo veranstaltet auf der Pokémon-Internetseite ein Gewinnspiel, bei dem man eines von je 250 Exemplaren der Goldenen oder Silbernen Editionen gewinnen konnte, in dem man das Gewinnspiel (als Botschafter) mit seinen Freunden per Mail empfiehlt. Da hatte jeder die gleichen Chancen und die Bedeutung, ausgewählt worden zu sein, war wirklich etwas besonderes!