Spiele wie The Last of Us oder God of War haben in den letzten Jahren gezeigt, dass in Videospielen emotionale Beziehungen zwischen zwei Figuren zu einem einzigartigen Erlebnis beitragen können. An diesem Konzept versucht sich auch A Plague Tale: Innocence.
Der Titel vom französischen Entwicklerstudio Asobo aus Bordeaux zeichnet ein Bild Frankreichs im vierzehnten Jahrhundert. Allerdings ist dieses Bild weniger als idyllisches Mittelalter-Setting zu verstehen, sondern viel mehr als realistisch-finstere Darstellung des Schreckens der Kriege, Plagen und Nöten der Menschen, die in jener Zeit an der Tagesordnung standen. Tatsächliche historische Bezüge gibt es auch, im Fokus steht aber die Perspektive eines jungen Geschwisterpaars. Amicia und ihr kleiner Bruder Hugo sind die letzten Überlebenden der Familie De Rune. Nach einem Überfall der englischen Inquisition verloren sie beide Elternteile, mussten ihre Heimat verlassen und sind seitdem auf der Flucht durch unterschiedliche Gebiete Frankreichs. Zu jener Zeit wütete außerdem die Pest, die weder vor Mensch noch Tier Halt machte. Auch Hugo leidet an einer mysteriösen Krankheit und wurde deswegen von der Umwelt weitestgehend abgeschirmt. Deswegen lernt auf diesem Abenteuer Amicia ihren Bruder erst genauso richtig kennen wie der Spieler. Hugos Schicksal scheint dabei unweigerlich mit der Seuche in Verbindung zu stehen; in welcher Form, wird erst zum Schluss enthüllt.
Ungleiche Machtverhältnisse
Bei A Plague Tale: Innocence handelt es sich um ein sehr klassisches Stealth-Spiel, das alle Spielmechaniken der Schleichspiele der letzten Jahre in sich vereint. Schönerweise schafft es das Spiel dabei, die Gefahr, die von den erwachsenen Gegnern ausgeht, die auf der Suche nach den Geschwistern sind, bis zum Ende aufrechtzuerhalten. Gleichzeitig sind die Möglichkeiten der Gegenwehr gut in den Kontext eingebunden. Geworfene Steine lenken Wachen ab, sodass die beiden ungesehen an diesen vorbei schleichen dürfen. Amicias Schleuder kann Wachen auch kurzzeitig betäuben und andere Ziele in der Entfernung treffen. In der Regel ist der Kampf aber nicht die beste Option, besonders in Hinblick auf die sehr linearen Level, die hauptsächlich eine richtige Spielweise vom Spieler fordern. Sobald die Kinder entdeckt werden, endet das Abenteuer in der Regel sofort, denn mit Hugo ist auch Amicia nicht wirklich schnell unterwegs. Faire Checkpoints machen aber auch die regelmäßigen Neuversuche erträglich. Im Laufe des Spiels kann Amicia allerdings neue Fähigkeiten nutzen, unter anderem macht sie sich mit der Alchemie vertraut. Erzeugnisse wie das effektive Schlafpuder Somnum sind das Ergebnis, die durch einfaches Crafting aus verstreuten Sammelgegenständen zusammengebraut werden.
Rattenfänger gesucht
Wesentlich interessanter wird es, wenn es um die Darstellung der Plage geht. Neben den menschlichen Gegnern gibt es monströse Rattenschwärme aus hunderten Einzeltieren, die in den finsteren Ecken auf Beute lauern. Die einzigen Gegenmittel sind Licht und Feuer, schon im Angesicht einer Fackel wuseln die Viecher über den Bildschirm, zerstreuen sich und geben dem Geschwisterpaar neue Wege frei. Natürlich sind Feuerstellen und brennbare Gegenstände Mangelware, woraus sich neue Arten von Rätseln ergeben. Gleichzeitig über Hindernisse klettern und eine Fackel tragen geht natürlich auch nicht. Hier müssen Amicia und Hugo regelmäßig zusammenarbeiten, um die Gefahren gemeinsam zu überwinden. Die Ratten sind allerdings der Feind jedes lebendigen Wesens. Wenn einer Wache urplötzlich die Laterne ausgeht, weil Amicia diese vielleicht mit ihrer Schleuder getroffen hat, wird diese schnell zum Rattenfutter. Das Schönste an den Spielmechaniken: Sie werden nie überreizt und selten einfach nur wiederholt, sondern regelmäßig mit anderen Elementen frisch kombiniert und durch neue Mechaniken ergänzt. Daraus resultiert ein schöner Spielfluss.
Licht und Schatten
In seinen finsteren Momenten trennt A Plague Tale: Innocence nicht mehr viel von einem waschechten Horrorspiel. Dunkle Keller voller Ratten sind aber nicht die Regel. Die beiden durchwandern innerhalb der zwölf Spielstunden mittelalterliche Dörfer, Burgen und stimmungsvolle Naturumgebungen. Damit ist das Spiel zu jedem Zeitpunkt hübsch, auch ohne auf den aktuellen Stand der Technik zu setzen und allein mit dem Wissen, an welchen Stellen grafische Qualitäten am wichtigsten sind. So sind trotz der insgesamt durchschnittlichen Animationen die Bewegungen und Gesichter der beiden Geschwister besonders gut gelungen und eine sanfte Unschärfe im Hintergrund lassen manche Gebiete und Umgebungen regelrecht filmisch aussehen. Die träge Kamera hilft zwar der Inszenierung, aber nicht dem Spieler. Somit ist die Zielhilfe für das Werfen und Schleudern unbedingt vonnöten. Schön sind die Sprachoptionen, denn das Spiel liegt sowohl in deutscher, englischer und passend für das Szenario französischer Sprache vor. In A Plague Tale: Innocence stehen eindeutig die zwischenmenschlichen Beziehungen im Mittelpunkt, weswegen die individuelle Wahl der passenden Sprachausgabe sehr wichtig ist.
Geschrieben von Jonas Maier
Jonas‘ Fazit (basierend auf der PlayStation-4-Fassung): A Plague Tale: Innocence scheint ein wenig aus der Zeit gefallen zu sein. Nicht unbedingt, weil es im Mittelalter spielt, sondern hauptsächlich wegen vielen Elementen, die es in heutigen Spielen nicht mehr so häufig gibt. Zum Beispiel der Fokus auf die lineare Story, nach dessen Abschluss weder Multiplayer-Modi noch ein New Game Plus auf den Spieler wartet. Dieser Fokus ist aber auch die Stärke des Spiels, denn auch wenn alle Stealth-Konventionen eines Schleichspiels abgefeiert werden, ist es doch die intime Beziehung der Figuren und das schöne Pacing, weswegen die Spielerfahrung in Erinnerung bleiben wird. Ohne dass das Spiel zu dick auftragen muss, besticht die emotionale Geschichte mit Charakteren, die dem Spieler ans Herz wachsen. Durch das geschickte Positionieren von Kamera und Figuren in Zwischensequenzen fallen auch holprige Laufanimationen nicht immer ins Auge. Bis in die letzten Kapitel, können auch die kleineren Steuerungsungereimtheiten verziehen werden. Als Ersatz gibt es viele tolle Kulissen, die selbst viele große Fantasy-Titel so nicht inszeniert bekommen.
Vielen Dank an Focus Home Interactive für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von A Plague Tale: Innocence!
Also ich habe den Titel im Sale gekauft. Grafisch war das Spiel ganz gut. Die Emotionen der Charaktere kam jedoch durch die starre Mimik nicht so ganz rüber. Auch das Gameplay war so gar nicht meins. Erstens hat mich Hugo ziemlich genervt. Ständig hing er einem am Rockzipfel. Zweitens war es auch wenig abwechlungsreich. Es war immer immer das selbe was man machen musste. Für meinen Freund als Gamingneuling war das Spiel ganz gut, für mich als jahrelange Zockerin eher langweilig. #NintendoSwitchLite