Review: Golden Kamuy (Vol. 2)

Geno Studio bewies mit dem Auftakt der Anime-Serie Golden Kamuy, dass nicht nur Tōkyō ein hervorragender Handlungsort zum Erzählen einer Geschichte ist. Mit der zweiten Volume wird die Jagd nach dem großen Goldschatz im Herzen von Hokkaidō fulminant fortgeführt.

Angesiedelt in der ausgehenden Meiji-Zeit überlebt Protagonist Sugimoto Saichi den Krieg gegen Russland, wird aber unehrenhaft aus der Kaiserlichen Armee Japans entlassen. Um Geld zu verdienen, will er auf Japans nördlichster Hauptinsel Hokkaidō Gold schürfen. Dort erfährt er allerdings von einem großen Goldschatz, über dessen Verbleib nur zwei Dutzend entflohene Sträflinge Bescheid wissen. Noppera-bō, der Dieb des Schatzes, hat die Position des Goldes im Gefängnis auf den Rücken der Häftlinge tätowiert. Jetzt liegt es an Sugimoto, die Flüchtigen aufzuspüren, um das Gold zu finden. Mittlerweile hat er sich mit der Ainu Asirpa angefreundet, die sich ihm auf der Suche nach dem Schatz anschließt. Ihre Motivation wird dadurch begründet, dass ihr Vater wegen dem Gold getötet wurde. Gemeinsam stürzen sie sich ins Abenteuer und müssen sich immer größeren Gefahren stellen. So zum Beispiel in der siebten und damit ersten Episode der zweiten Volume. Zusammen mit Shiraishi Yoshitake, der zu den entlaufenen Häftlingen zählt, kämpft Sugimoto gegen den Jäger Nihei Tetsuzō. Diesem gelingt es, Asirpa zu entführen. Wenig später tritt auch die historische Persönlichkeit Hijikata Toshizō erneut ins Rampenlicht. Der zum Zeitpunkt von Golden Kamuy eigentlich längst Verstorbene ist ebenfalls auf der Suche nach dem gestohlenen Goldschatz der Ainu.

Literarisches Verständnis von Moral

Während in der ersten Ausgabe von Golden Kamuy vor allem die Lebensweise der Ainu in den Mittelpunkt der Geschichte steht, wird im zweiten Episodenpaket das Zusammenspiel der Charaktere deutlich stärker beleuchtet. So müssen sich Sugimoto und seine Mitstreiter nicht nur mit dem Überbleibsel der Shinsengumi herumschlagen, sondern auch mit der von Tsurumi Tokushirō angeführten siebten Division. So gut wie jeder Protagonist und Antagonist denkt nur ans Gold, womit die moralische Hemmschwelle so weit gesenkt wird, dass die Figuren auch vor heimtückischen Mord nicht zurückschrecken. Der Zuschauer erhält facettenreiche Einblicke in das Verständnis von Moral und Ehre der Figuren. Gelungen ist dabei, dass die Übersetzung an einigen Stellen nah am Japanischen bleibt, womit fast schon ein literarischer Eindruck beim Zuschauen gewonnen werden kann. Dies betrifft vor allem Aktionen, die den Tod aus weitaus „löblicheren“ Gründen befürworten. Dadurch gewinnt die Serie deutlich an Tiefe, lässt an anderen Stellen aber auch Platz für Humor. Zwar wird dieser in Golden Kamuy nicht immer passend eingespielt, lockert das Geschehen aber zumindest teilweise etwas auf. Gelungen sind hingegen die verschiedenen Charakterkonstellationen, die durch diverse Rückblicke peu à peu ausgebaut werden. So bleibt die Anime-Serie stets sehr spannend.

Kontrastreiches Bild

Unter technischen Gesichtspunkten befindet sich die zweite Volume auf demselben Niveau wie das Seriendebüt. Das heißt, dass sich die beweglichen Elemente wie Charaktermodelle oder einzelne Spezialeffekte stark vom Hintergrund abheben. Positiv fällt diese sehr strikte Trennung zwischen festen und beweglichen Elementen zwar nicht aus, stört aufgrund der sehr detaillierten Charaktere und ansehnlichen Animationen aber nur zum Teil die sonst sehr dichte Atmosphäre. Letztere präsentiert sich vor allem mit ihrem farblichen Kontrast, denn das winterliche Hokkaidō ist fast durchweg mit Schnee bedeckt. Während Szenen am Tag sehr hell auf dem Bildschirm erstrahlen, bleiben die nächtlichen Szenen in der japanischen Wildnis genauso wie jene Szenen, die sich in Gebäuden abspielen, dank weniger Lichtquellen eher dunkel. Während die Anime-Serie im bildschirmfüllenden 16:9-Format in der Auflösung von 1080p präsentiert wird, liegen die Tonspuren in DTS-HD Master Audio 2.0 vor. Alle Szenen werden mit gelungenen Melodien unterlegt und auch die deutschen als auch japanischen Synchronsprecher sind passend ausgewählt. Im digitalen Bonusbereich gibt es erneut sechs alberne, aber sehr kurze Bonus-Clips. Physisches Bonusmaterial gibt es laut Kazé Anime im Gegensatz zur ersten Volume allerdings wohl nicht. Hier wird durchaus Potenzial verschenkt.

Geschrieben von Eric Ebelt

Erics Fazit (basierend auf der Blu-ray-Fassung): Golden Kamuy fängt unscheinbar mit der Suche nach einem Goldschatz an, entwickelt sich in der zweiten Volume jedoch zu einem perfiden Spiel zwischen den einzelnen Akteuren. Mit dem Schatz im Hinterkopf denkt jede Partei nur an den eigenen Vorteil und schreckt auch nicht vor Mord zurück, wobei derlei Taten jedoch unterschiedlich motiviert und begründet sind. Nichtsdestotrotz funktioniert das in so gut wie jeder Szene so gut, dass der Zuschauer niemals gelangweilt wird. Zusammen mit der Darstellung der Lebensweise der Ainu in der eisigen und ab der zehnten Episode langsam auftauenden Wildnis von Hokkaidō ergibt sich so ein stimmiges Gesamtbild. Auch wenn auf der technischen Ebene sicherlich ein wenig mehr möglich gewesen sein dürfte, gelingt es Studio Geno immerhin, die Geschichte mit spannenden Momenten und brenzligen Situationen gekonnt fortzuführen. Wer schon bei der ersten Volume zugeschlagen und weiterhin Interesse an der historisch-fiktiven Handlung hat, darf bei Golden Kamuy dieses Mal erneut zuschlagen.

Vielen Dank an Kazé Anime für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Golden Kamuy (Vol. 2)!

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