Review: Citrus (Vol. 1)

Im September 2020 veröffentlichte der hiesige Publisher Kazé Anime die erste Volume der dreiteiligen Veröffentlichungsreihe Citrus. Die Anime-Serie aus dem Jahr 2018 dreht sich um die gleichgeschlechtliche und tiefgründig inszenierte Liebe zwischen zwei Stiefschwestern.

Citrus erzählt die turbulente Geschichte der angehenden Oberschülerin Aihara Yuzu. Sie gibt vor ihren Freundinnen stets mit den tollsten Storys über Jungs an, auch wenn sie in Wahrheit nie wirklich verliebt war. Ihren letzten festen Freund hat sie angeblich abgeschossen, was sie aber nicht weiter bedrückt, da sie im Frühling nach der Hochzeit ihrer Mutter Ume eh an eine neue Schule wechselt. Dort angekommen, legt sich die aufgeweckte Yuzu schon am ersten Tag mit der Schülerratspräsidentin an. Auffälliges Make-up, gefärbte Haare, künstliche Nägel, eine geöffnete Bluse, ein zu kurzer Rock und dann auch noch ständig das Mobiltelefon in der Hand – all das verstößt natürlich gegen die Schulordnung. Schülerratspräsidentin Mei berührt sie bei ihrem ersten Zusammentreffen allerdings derart zärtlich und seicht an ihrem Körper, sodass Yuzu schnell aus ihrer Rolle fällt und keinen Ton mehr herausbringt. Im Verlauf des Tages muss sie dann auch noch mit ansehen, wie Mei von Herrn Amamiya, einem Lehrer, geküsst wird, was sie nur noch mehr verunsichert. Als sie am Abend nach Hause kommt, muss sie zu allem Übel feststellen, dass ihr Stiefvater noch eine Tochter mit in die Familie bringt. Es dürfte nicht schwer zu erraten sein, dass es sich hierbei um Mei handelt. Mit dieser Exposition öffnet sich der Vorhang für eine der wohl holprigsten Anime-Liebesgeschichten.

Liebe und Verlangen

Zumindest fühlt sich Citrus in den ersten vier Episoden so an, denn vollständig lässt sich die Love Story anhand der ersten Volume der Anime-Serie noch nicht bewerten. Yuzu und Mei, die im Mittelpunkt der Handlung stehen, fällt es anfangs natürlich nicht so leicht, miteinander zu kommunizieren. Als Yuzu ihre neue Stiefschwester Mei bezüglich des Kusses konfrontiert, fällt Mei plötzlich über Yuzu her. Mit eindeutigen Mitteln zeigt sie ihrer Schwester, was ihrer Ansicht nach ein richtiger Kuss sei. Dies führt unweigerlich dazu, dass sich Yuzus Gedanken nur noch um Mei drehen. Nicht wirklich besser machen das die heiklen Situationen, in die die beiden immer mal wieder geraten und durch die beiden sich zwischenmenschlich und auch körperlich besser kennenlernen. So stolpern sie nicht nur einmal aufs Bett, sondern baden sogar zusammen. Wer als Zuschauer hier plumpen Voyeurismus erwartet, liegt meilenweit daneben. Zwar werden die weiblichen Reize ansatzweise betont, doch ufern diese Szenen nie aus und bleiben durchweg auf einem humanen Niveau. Jede Szene ist tatsächlich Mittel zum Zweck, um die Geschichte voranzutreiben. Citrus wirft in den ersten vier Episoden essentielle Fragen auf, was tatsächlich Liebe und was schlicht Verlangen ist. Die unschuldige Yuzu lernt nicht nur Freuden kennen, sondern muss auch einige enttäuschende Erfahrungen machen.

Hübsche Gestaltung, schwache Ausstattung

Kaschiert werden die melancholischen Szenen durch den äußerst hübschen Zeichenstil, denn vor allem die prächtigen Figuren stechen in diesem mit ihren Gesichtsmerkmalen und Konturen hervor. Nicht nur die sehr detaillierten Charaktermodelle fallen positiv ins Gesicht, auch die realitätsnah wirkenden Hintergründe überzeugen auf ganzer Linie. So sind die Innenräume mit zahlreichen Einzelheiten gespickt und da viele Szenen in der Dämmerung oder gar mitten in der Nacht spielen, begeistern die facettenreichen Licht- und Schatteneffekte. Citrus wird dabei überwiegend sehr ruhig erzählt und kommt in einigen Szenen sogar ohne jedwede Melodien aus. Das begünstigt die musikalische Untermalung enorm, sodass sich in wichtigen Schlüsselmomenten die Dramatik voll und ganz mit Klavierklängen entfaltet. Schade, dass das Bonusmaterial der ersten Volume nicht ganz so überzeugen kann. So gibt es als physische Dreingabe einen Sammelschuber, in dem die nächsten beiden Ausgaben Platz finden können. Abseits dessen darf sich der Käufer über zwei hochwertige Artboards und ein zwölfseitiges Booklet freuen. Dieses beinhaltet einen kurzen Episodenguide und noch knappere Charakterinformationen. Bei den digitalen Boni sieht es mit einem Clean Opening und einem Clean Ending noch dürftiger aus. Auch wenn Citrus inhaltlich herausragend ist, darf Kazé Anime mit der Ausstattung in der zweiten Volume noch einmal nachlegen.

Geschrieben von Eric Ebelt

Erics Fazit (basierend auf der Blu-ray-Fassung): Citrus erzählt eine Geschichte, die so und in Abwandlungen sicherlich schon oft zu sehen war, aber womöglich noch nicht so tiefgründig umgesetzt wurde. Die beiden Stiefschwestern Yuzu und Mei sind glaubhafte Charaktere, die trotz ihrer Differenzen versuchen, miteinander auszukommen und in der Liebe anzukommen. Dabei gelingt es der Serie, den Spagat zwischen purem Verlangen und romantischen Liebesgefühlen zu halten und so eine spannende Handlung mit reichlich Dramatik zu inszenieren. Auch wenn die Liebesgeschichte holprig erzählt ist, erleben die Figuren wichtige Höhen und Tiefen, die storytechnisch ein gesundes Fundament für die nächsten beiden Volumes legen. Der Einstand ist Citrus, abgesehen vom dünnen Bonusmaterial, aber absolut geglückt. Wer romantische Serien mag, kommt um den Auftakt von Citrus definitiv nicht herum und will nach dem Ansehen der vier Episoden unbedingt mehr über Yuzu, Mei und erfahren und herausfinden, wie die turbulente Geschichte weitergeht!

Vielen Dank an Kazé Anime für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Citrus (Vol. 1)!

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