Kaum zu glauben, aber wahr: Jahrelang war im deutschsprachigen Raum Crayon Shin-chan kein Thema. Nachdem bereits neue Folgen auf DVD veröffentlicht worden sind, folgte am 26. Juni 2021 mit Shin-chan: Crash! – Königreich Kritzel und fast vier Helden der 28. Film.
Im Gegensatz zur Anime-Serie erzählt der 28. Kinofilm, der hierzulande direkt auf DVD und Blu-ray Disc veröffentlicht wurde, eine wesentlich abgedrehtere Geschichte. Im Mittelpunkt von Shin-chan: Crash! steht das fantasievolle Königreich Kritzel, das dem Untergang geweiht ist. Das liegt daran, dass die Kinder auf der Erde nicht mehr kritzeln, also malen wollen, da sie ihre Zeit lieber mit Videospielen verbringen, in der Schule Tablet-PCs verwendet werden oder das Malen gleich in die virtuelle Realität verlegt wird. Es fehlt der Nation an Kritzeleien, die ihr Kraft geben. Entsprechend beschließt der gemeine Verteidigungsminister des Königreichs Kritzel auf der Erde oder genauer gesagt in der Stadt Kasukabe in der Präfektur Saitama in Japan einzufallen. Die ganze Geschichte wird noch absurder, als plötzlich Fallschirmspringer in Kasukabe landen. Hierbei handelt es sich um übergroße Buntstifte, die die Menschen auffordern, etwas zu kritzeln. Weigern sie sich, werden sie mit einer ominösen Fotokamera in Kunstwerke verwandelt und an die Wand gebannt. Der Prinzessin des Königreichs gelingt es in allerletzter Minute, den Hofmaler nach Kasukabe zu schicken, damit der magische Wachsmalstift den Auserwählten finden kann. Damit der Film seinem Helden gerecht wird, dürfte es jedem Zuschauer bereits klar sein, wer nur damit gemeint sein kann.
Humorvolle und abgedrehte Fantasy-Geschichte
Wer die Anime-Serie Crayon Shin-chan nicht kennt, der sollte wissen, dass es sich bei dem titelgebenden Nohara Shinnosuke um einen kleinen Jungen handelt, der nichts als Unfug im Kopf hat. Entsprechend humorvoll ist eine jede Geschichte, die das Franchise erzählt. Wie in der Anime-Serie ist der Humor auch in Shin-chan: Crash! regelrecht überdreht. Das fängt abseits der absurden Handlung schon beim Frühstückstisch an. Während sich sein Vater Hiroshi über das am Abend anstehende Nomikai auslässt, schießt Shinnosuke mit seiner Action-Figur ein Geschoss auf seine jüngere Schwester Himawari. Diese erleidet daraufhin einen Heulkrampf, der von der überforderten Mutter Misae gelindert werden muss. Im ganzen Tohuwabohu spritzt auch noch Kaffee auf Hiroshis Hemd und Shinnosukes Bus zur Vorschule wartet schon vor der Tür. Diesen verpasst der Bengel natürlich. Hinzu kommt, dass er sich von der hübschen Ōhara Nanako, seiner großen Liebe, ablenken lässt. Der 28. Kinofilm reiht im Minutentakt eine abstruse Situation an die andere. Deshalb ist er auch nicht im Geringsten langatmig. Ständig passiert etwas Lustiges oder Neues. Selbst neue Charaktere werden zum richtigen Zeitpunkt eingeführt. Damit Shinnosuke die Welt retten kann, kritzelt er sich mit dem Zauberstift drei ulkige Gefährten hinzu, die unterschiedlicher nicht sein könnten.
Kleine, aber feine Heldenreise
Zu Shinnosukes Gefährten gehört zum Beispiel eine sprechende Unterhose, die dem Helden mit Rat und Tat zur Seite steht. Ebenfalls erfährt Shinnosuke Unterstützung von einer weniger hübschen Nanako-Kopie, die als Packesel und helfende Hand aber gut genug ist und zudem auch ordentlich austeilen kann. Mit von der Partie ist auch Buriburizaemon, ein mühseliges Schwein, das mit einem Katana bewaffnet ist und selten mit offenen Karten spielt. Yūma, der Sohn einer Restaurantbesitzerin, schließt sich der Gruppe ebenso an, da seine Mutter nicht von einem Ausflug aus Kasukabe zurückgekehrt ist. Mit der Zeit wächst Shinnosuke über sich und seine Fähigkeiten hinaus. Neben der Heldenreise und dem Kampf gegen die vom Verteidigungsminister ausgesandten Truppen kommen weitere Themen wie Freundschaft hinzu. Schließlich muss Shinnosuke auch seine vier Freunde Kazama Tōru, Sakurada Nene, Satō Masao und Suzuki Bō aus der mittlerweile belagerten Vorschule befreien. Auch weitere illustre Figuren wie seine Mutter und seine Vorschullehrerin Ishizaka Midori gehören zu den Menschen, um die er sich in Shin-chan: Crash! kümmert. Natürlich hat auch Shinnosukes Hund Shiro ein paar Auftritte. Die obligatorische Szene, dass die Familie vergessen hat oder verhindert war, ihn zu füttern, ist selbstverständlich in die wahnwitzige Handlung integriert.
Abwertung und Aufwertung
Böse Zungen behaupten, dass der Zeichenstil von Crayon Shin-chan nicht sonderlich gut sei. Womöglich ist dies einfach Geschmackssache, doch der 28. Kinofilm der Reihe kritisiert sich durch die fleischgewordenen Kritzeleien in gewisser Weise selbst. Diese sehen teilweise echt schrecklich aus, geben dem Anime-Film zugleich aber eine zweite Ebene, wodurch sämtliche Figuren und Animationen gleich viel besser aussehen. Crayon-Shin-chan-Fans wissen aber ohnehin schon, auf was sie sich einlassen. Akustisch reißt der Film im Gegensatz zur Serie aber einiges raus, denn auf die bekannten Melodien verzichtet der Streifen und bietet dafür einen Soundtrack, der einem Abenteuer- und Fantasy-Film würdig ist. Das Bonusmaterial des Films fällt aber leider dürftig aus. In digitaler Form liegen lediglich der japanische Trailer und das Clean Ending des Streifens vor. Ein Making-of oder Interviews mit den Köpfen hinter dem Projekt wären durchaus interessant gewesen. Dafür entschädigen ein Stickerbogen mit insgesamt elf Aufklebern und ein zweifach gefaltetes Poster als physische Dreingabe. Auch hier hätte die Veröffentlichung mit einem Booklet, das Informationen zur Produktion gibt oder auch zusätzliche Hinweise zur Geschichte und den Charakteren liefert, punkten können. Unterm Strich zählt aber der Inhalt und der ist in Shin-chan: Crash! sehr zufriedenstellend.
Geschrieben von Eric Ebelt
Erics Fazit (basierend auf der Blu-ray-Fassung): Shin-chan: Crash! – Königreich Kritzel und fast vier Helden ist ein herzerweichender Film. In diesem wird nicht einfach nur eine alberne Geschichte erzählt. Die Handlung zeigt, wie Shinnosuke mit der Zeit und mit neuen Verbündeten an seiner Seite über sich hinauswächst, sich für die richtigen Ziele aufopfert und trotzdem noch genau der Lausebengel bleibt, den die Fans lieben. Auch wenn die Geschichte klar dem Fantasy-Genre zugeordnet werden kann, stellt der 28. Kinofilm so ein Gegengewicht zur Serie dar, die sich eher um profane Dinge dreht. Das rege Treiben ist mit einem wirklich tollen Humor gepaart, sodass eine abstruse Situation an die andere gereiht ist. Dadurch ist der Film an keiner Stelle langatmig oder gar langweilig. Es macht durchweg Freude, den Film anzuschauen. Nicht nur Heranwachsende, sondern auch Erwachsene werden sehr viel Spaß mit dem 103-minütigen Abenteuer haben, da auch Themen angesprochen werden, die Kinder in ihrem jungen Alter gar nicht verstehen. Shin-chan: Crash! – Königreich Kritzel ist ein echter Tipp. Da bleibt nur zu hoffen, dass der hiesige Publisher Polyband auch weitere Filme des Franchises hierzulande veröffentlichen wird. Auswahl gibt es schließlich genug!
Vielen Dank an Polyband für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplar von Shin-chan: Crash! – Königreich Kritzel und fast vier Helden!