Review: Dungeon Encounters

Rollenspiele haben sich schon lange aus Ihrer Nische erhoben und begeistern heutzutage mit fantastischen Geschichten, großen Spielwelten und tiefgründigen Charakteren. Square Enix schlägt mit Dungeon Encounters einen anderen Weg ein, verläuft sich hierbei aber zu häufig.

Dungeon Encounters ist durchweg ein merkwürdiges Spiel, das nicht so recht weiß, welche Zielgruppe es eigentlich ansprechen will. Dieser Umstand beginnt bereits bei der Story, die alles andere als ausführlich oder tiefgründig ist. In der Nähe einer Heldenakademie taucht wie aus dem Nichts ein Dungeon auf. Zahlreiche Recken haben sich aufgemacht, um die Monster zu vertreiben. Allerdings kehrten diese Heroen nicht zurück. Also liegt es an uns, mit einer vierköpfigen Truppe in die Untiefen des neuen Dungeons hinabzusteigen. Das klingt wie die vereinfachte Story eines frühen Rollenspiels aus den 1980er-Jahren und das ist Dungeon Encounters im Grunde auch. In der Akademie wählen wir unsere vorgefertigten Helden aus und finden kurze Zeit später den Eingang ins Labyrinth. Dort angekommen messen wir uns mit zahlreichen Monstern. Für besiegte Feinde hagelt es Erfahrungspunkte, die unsere Gruppenmitglieder im Level aufsteigen lassen. Ebenfalls hinterlassen die Gegner nach ihrem Tod Goldmünzen, mit denen wir in den Läden neue Rüstungen, Helme, Schilde, Waffen oder Zaubersprüche kaufen können. So verbessern wir mit der Zeit immer weiter unsere Helden, die sich fortan mit immer stärkeren Monstern anlegen können. Dazu ist es aber nötig, immer tiefer in den Dungeon hinabzusteigen, was zu einer zeitintensiven Angelegenheit verkommt.

Offensive und Defensive

Trotz der Dungeon-Crawler-Mentalität gelingt es dem Titel, eigene Akzente zu setzen. Zu erwähnen wäre da zunächst das Kampfsystem, das ähnlich wie in Final Fantasy IV nach dem Active-Time-Battle-Konzept funktioniert. Das heißt, immer wenn sich der Geschwindigkeitsbalken gefüllt hat, kann ein Held seine Aktion ausführen. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um einen physischen oder magischen Angriff. Genau hier setzt das Rollenspiel auf eine Idee, die es so nur in wenigen Titeln gibt, denn bevor wir einem Feind Schaden zufügen können, müssen wir seine Verteidigung durchbrechen. Diese gilt quasi als zweite Energieleiste, denn erst wenn wir diese auf Null reduziert haben, können die darauffolgenden Angriffe richtigen Schaden anrichten. Das heißt auch, dass sich magische Attacken weiterhin auf die magische Defensive auswirken, selbst wenn die physische Verteidigung gebrochen ist. Einerseits führt dieses System in Dungeon Encounters zu taktischen Überlegungen. Andererseits werden die Kämpfe vor allem in den ersten Spielstunden so nur unnötig in die Länge gezogen, zumal gerade der Angriff, der die Verteidigung trotz verheerendem Angriff leert, sich nicht auf die Lebensenergie auswirkt. Im Übrigen hängt der mit jedem Level ansteigende Ausrüstungswert der Charaktere davon ab, wie stark die Ausrüstung sein darf, die die Helden tragen.

Minimalistische Präsentation

Interessant ist auch der deutlich größere und offensichtliche Aspekt von Dungeon Encounters, womit die Präsentation des Spiels gemeint ist. Grafisch ist der Titel keine Augenweide, denn die Optik ist in jeglicher Form minimalistisch und für das Genre untypisch. Beispielsweise ist die Spielwelt in aneinandergereihte Quadrate aufgeteilt, die schlauchartig zu verschiedenen Orten führen. Diese Orte werden auf den Feldern mit Zahlen angegeben, deren Bedeutung jedoch stets gleich ist. Schwarze Zahlen führen zu einem bestimmten Kampf, weiße Zahlen hingegen symbolisieren Treppen, Rastpunkte oder heilende Quellen. Das Spiel versucht in gewisser Weise die Funktionsweise von Rollenspielen auf das Nötigste herunterzubrechen und zu analysieren. Es kehrt die inneren Werte nach außen. Vor allem langjährigen Fans des Genres könnten unter Umständen viel Spaß daran haben, den Aufbau von Rollenspielen zu durchschauen. Allerdings bleibt die Frage, ob diese das überhaupt wollen, da sie schließlich schon viele Titel gemeistert haben. Neulinge hingegen lernen die Mechaniken so vereinfacht kennen, doch dürfte gerade die Präsentationsweise abschreckend sein. Dungeon Encounters weiß vorne und hinten nicht, welche Zielgruppe es eigentlich bedienen will. So charmant die verarbeiteten Ideen auch scheinen so wenig ergeben die Elemente ein stimmiges Gesamtbild.

Geschrieben von Eric Ebelt

Erics Fazit (basierend auf der PC-Fassung): Dungeon Encounters ist ein Experiment, das Square Enix in der vorliegenden Form leider nicht vollständig geglückt ist. Der Gedanke, die Darstellung so minimalistisch wie nötig zu halten, ist auf der einen Seite zwar interessant, auf der anderen Seite jedoch sehr wohl zu hinterfragen. Durch die durchweg mit gleich großen Quadraten aufgebaute Spielwelt und die Kennzeichnung mit Zahlen von bestimmten Events, Kämpfen und Orten ist das Gesamtbild in meinen Augen viel zu steril. Hardcore-Rollenspieler bekommen auf diese Art und Weise einen Einblick in die Gestaltung von Rollenspielen, doch dürften diese schon zu viele Titel gespielt haben, als dass dieser Aspekt für sie tatsächlich kaufentscheidend ist. Jüngere oder unerfahrene Spieler greifen hingegen lieber zu anderen Spielen, deren Präsentation fantasievoller ausfällt. Da helfen spannende Konzepte wie ein maximaler Ausrüstungswert oder zusätzliche Verteidigungsbalken im Kampfsystem nicht viel weiter. Das Spiel weiß nicht, welche Zielgruppe es bedienen will. Dungeon Encounters bleibt ein Experiment, dem wohl keine große Zukunft vergönnt sein dürfte. Sehr schade!

Vielen Dank an Square Enix für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Dungeon Encounters!

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