Review: Kamiwaza: Way of the Thief

Bereits im Jahr 2006 wurde Kamiwaza: Way of the Thief auf der PlayStation 2 veröffentlicht, allerdings nur in Japan. Eine Portierung mit verbesserten Grafiken erschien im Oktober 2022 für die Nintendo Switch, die PlayStation 4 und den PC. Dies ist aber kein Grund zum Feiern.

Angesiedelt ist Kamiwaza: Way of the Thief in der späten Edo-Zeit. Im frühen 19. Jahrhundert schlüpfen wir in die Haut des Diebes Ebizō, der Zeuge eines blutigen Massakers während eines Einbruchs wird. Er rettet das Mädchen Suzuna aus den Fängen seiner Verbündeten und schwört, aus dem Diebesgeschäft auszusteigen. Nach einem siebenjährigen Zeitsprung erfahren wir, dass Ebizō inzwischen zum Vormund von Suzuna wurde und mit ihr in einem kleinen Dorf lebt. Suzuna leidet jedoch an einer schweren Krankheit und kein Arzt kann Ebizō sagen, was das Leiden verursacht. Um die Schmerzen zu lindern, beschließt er Medizin zu beschaffen. Als einfacher Tischler kann er sich diese jedoch nicht leisten. Er wird wieder zum Dieb, um das Leben seiner Ziehtochter zu retten. In den darauffolgenden Stunden werden wir mehr und mehr in den Sumpf des Verbrechens der fiktiven japanischen Stadt Mikado gezogen. Wir lernen unterschiedliche Akteure kennen, die uns die Vor- und Nachteile des Diebeslebens peu à peu vorstellen. Die Handlung ist im Kern einfach gestrickt, aber spannend genug, um sich mehr und mehr im Gameplay zu verlieren. Dennoch ist die Präsentationsweise des Stealth-Action-Titels altersbedingt angestaubt. Oft bewegen sich die Lippen der Charaktere nicht und manchmal fehlt sogar selbst in den wichtigen Storysequenzen die Synchronisation komplett.

Diebstahl als Klopperei

Wer die ersten Minuten von Kamiwaza: Way of the Thief erlebt, fühlt sich beim Gameplay ein wenig eingeschränkt. Dieser Umstand ändert sich mit der Zeit, sobald wir neue Diebeswerkzeuge wie Dietriche erlangen oder ganz allgemein im Level aufsteigen. Letzteres geschieht im Grunde automatisch, denn immer wenn wir einen Gegenstand in unsere Taschen packen, erhalten wir im Hintergrund Erfahrungspunkte dafür. In dieser Disziplin fühlt sich Kamiwaza: Way of the Thief tatsächlich etwas seltsam an. Auf Knopfdruck wandern einfache Gegenstände zwar sofort in unsere Tasche, aber wenn wir größere Items einsacken wollen, zu denen auch ganze Fahnenstangen, beschriftete Schilder, Rüstungen, Speere und Schwerter gehören, müssen wir wie verrückt auf den Aktionsknopf hämmern. Je höher unsere Stufe ist, desto weniger oft müssen wir dies tun. Da die Aktion so ausschaut, als würden wir auf den Gegenstand einprügeln und dabei ebenso viel Krach und auf uns aufmerksam machen, wirkt dies sehr befremdlich. Wer einen Taschendiebstahl begehen will, hat gleich das Gefühl, auf sein Opfer einzudreschen. Gerade dieser Umstand ist es doch, den Ebizō unter allen Umständen vermeiden will. Er war nie ein gewalttätiger Mensch und der siebenjährige Zeitsprung wird auch nicht mit irgendwelchen Abwegen erklärt, die zu diesem Wandel geführt hätten.

Steckbrieflich gesuchter Dieb Ebizō

Als Kamiwaza: Way of the Thief im Jahr 2006 erschien, existierten bereits drei gelungene Thief-Spiele. Heute sind es vier. Japanische Spiele versuchen oft, einen anderen und womöglich zugänglicheren Weg zu nehmen. Trotzdem spielt die Stealth-Action von Entwicklerstudio Acquire mit weiteren Features, die sich hervorragend ins Gameplay einordnen. So können wir im Badehaus der Diebe im Süden von Mikado unsere Beute verkaufen. Damit können wir zum Beispiel neue Säcke zum Verstauen des Diebesguts oder Medizin für Suzuna erwerben. Der Rückzug ins Badehaus ist oft zwingend erforderlich, denn je mehr Gegenstände wir eingesackt haben, desto größer wird der Beutel auch dargestellt. Zum einen können wir uns damit weniger gut bewegen und stürzen nach Sprüngen regelmäßig. Zum anderen fallen wir damit häufiger auf. Beobachten uns Passanten oder patrouillierende Wachen mit einem solchen Sack durch die Straßen und Hinterhöfe spazieren, spricht sich das herum. Santa Clause hätte in Mikado kein leichtes Spiel! Werden wir gesucht, symbolisieren das an allen Ecken und Enden der Stadt Steckbriefe. Je höher unser Gesuchtheitsgrad ist, desto deutlicher ist die Skizze unseres Gesichts auf den Streckbriefen. Soll der Fahndungsgrad wieder fallen, dann müssen wir die Steckbriefe abreißen und dank Prügelmechanik geht das nur übers Draufhauen.

Klunker oder Bunker?

Werden wir dennoch mal von einer Wache auf frischer Tat ertappt und geschnappt, können wir den Kampf aufnehmen, was aber auf niedrigen Levels ein wenig anstrengend sein kann. Dies gibt sich mit der Zeit, denn je mehr wir stehlen, desto geschickter agieren wir auch im Kampf. Wachen versuchen uns darüber hinaus zu packen, um uns dingfest zu machen. Auch hier haben sich die Entwickler für Kamiwaza: Way of the Thief eine intelligente Lösung ausgedacht. Wir können uns so lange versuchen aus den Griffen der Wachen zu befreien, solange unsere Ausdauer reicht. Gelingt uns dies, können wir vom Ort des Geschehens immer noch entkommen. Scheitern wir bei diesem Versuch, werden wir einfach ins Gefängnis gesteckt. Entweder sitzen wir unsere Strafe ein paar Tage mit Verlust des Diebesguts ab oder wir versuchen aus dem Knast zu fliehen, müssen dann aber immer wieder an Wachen vorbei schleichen und den Kampf mit einem Samurai aufnehmen. All diese Mechaniken greifen zusammen, denn das Schleichen geht bis auf die häufig hakelige Steuerung gut von der Hand, denn genau dann, wenn uns jemand beobachtet, können wir einen besonderen Move ausführen, um von einer Stelle zur anderen zu springen oder sogar eine Pirouette auszuführen. Das mag belustigend klingen und das spielt sich auch so. Als Belohnung erhalten wir dafür Fähigkeitspunkte.

Bugs und Clipping-Fehler an Bord

Gesammelte Fähigkeitspunkte können wir im Badehaus der Diebe übrigens gegen neue Skills eintauschen. Sobald wir die neue Fähigkeit erlernt haben, können wir beispielsweise durch kleine Löcher kriechen, um Feinden während der Flucht zu entkommen oder neue Areale zu erschließen. All das klingt auf dem Papier ziemlich gut und altersbedingt ist Kamiwaza: Way of the Thief auch ein ganz akzeptables Spiel. Es gibt jedoch einige Baustellen, bei denen die Entwickler bei der Portierung auf die neue Hardware geschlampt haben. So interessiert es manche Nicht-Spieler-Charaktere nicht, ob wir ihr Hab und Gut entwenden. Wäre das mit einem Augenzwinkern noch verschmerzbar, sind Bugs und Clipping-Fehler eine ganz andere Hausnummer. Mehrfach ist es uns passiert, dass wir uns mit Ebizō in eine Wand bugsiert haben, aus der es dann nur mit Mühe und Not ein Entkommen gab. Schlimmer ist es jedoch, wenn der bereits besagte Kerkermeister selbst nach fünfzehn Minuten des Draufschlagens nicht umkippt oder wir im Kampf unsterblich werden und nicht wieder in die Zelle geworfen werden können. Auch wenn wir es schaffen, die verschlossene Tür im Kampf zu öffnen, der Fluchtweg vor uns liegt und das Spiel uns dann mit einer unsichtbaren Mauer davon abhält, in die Freiheit zu entschwinden, fühlen wir uns gelinde gesagt von vorne bis hinten verarscht.

Mangelhafte Qualitätssicherung

Ein Spiel, das im Original vermutlich an ähnlichen oder gar den gleichen Fehlern gekrankt hat, in dieser Form einfach zu portieren und nicht anzupassen, ist schlicht eine Frechheit. Je nachdem wann wir das letzte Mal manuell gespeichert haben, was nur im eigenen Haus in Mikado funktioniert, können wie in unserem Fall schon mal ein bis zwei Spielstunden verloren gehen. Hinzu kommt die veraltete Grafik. Es dominieren vor allem Schwarz-, Braun- und Grautöne. Das ist aufgrund des Alters des Spiels zwar verständlich, aber warum es im Jahr 2002 keine Helligkeitseinstellungen in einem Spiel geben sollte, ist wieder eine andere Sache. Besonders in der spielinternen Nacht haben wir so öfters Probleme, Ebizō durch die Straßen zu geleiten.  Da die Steuerung wie bereits erwähnt hakelig ausfällt, ist das manchmal wirklich unangenehm. Ebenfalls nicht gerade angenehm für die Ohren ist der Soundtrack des Spiels. Hin und wieder ertönt zwar eine gelungene Melodie, aber viel zu oft sind die Musikstücke unpassend eingesetzt oder gar nervtötend. Warum zum Beispiel ein adrenalingeladenes Stück laufen muss, während wir uns im Badehaus mit unseren Komplizen unterhalten, ist äußerst zweifelhaft. Kamiwaza: Way of the Thief hat so viele schöne Ideen im Spielfluss, der durch die gerade so ausreichende Technik und die fehlende Qualitätssicherung aber zu häufig unterbrochen wird.

Geschrieben von Eric Ebelt

Erics Fazit (basierend auf der PlayStation-4-Fassung): Auf Kamiwaza: Way of the Thief habe ich mich sehr gefreut. Schon mit der Thief-Reihe hatte ich meinen Spaß gehabt und im Japan der Edo-Zeit auf Beutezug zu gehen, hatte ich mir sehr spaßig vorgestellt. Anfangs ist dieser Spaß auch noch zu spüren. Die Stealth-Action aus dem Hause Acquire überzeugt mich trotz des Alters mit ihren vielen guten und vor allem miteinander verbundenen Ideen. Werde ich zum Beispiel beim Stehlen erwischt, lande ich im Gefängnis und kann aus diesem sogar ausbrechen. Möchte ich meinen Fahnungsgrad minimieren, reiße ich einfach Steckbriefe ab. Dass ich dabei irgendwie auf alles und jenen wie ein Grobian einbrechen muss, ist zwar merkwürdig, aber nicht unbedingt störend. Viel ärgerlicher sind da die zahlreichen Bugs und Clipping-Fehler, die mir immer wieder unter die Lupe kommen. Auch die hakelige Steuerung und die viel zu dunkle Bilddarstellung in der Nacht sind mir ein Dorn im Auge. Bei der Qualitätssicherung hat Acquire ganz einfach geschlampt. Uneingeschränkt empfehlen kann ich den Titel auf Basis dieser Grundlagen leider nicht. Wer aber mit den Defiziten in der Hoffnung auf einen meiner Meinung nach zwingend notwendigen Patch leben kann, findet in Kamiwaza: Way of the Thief ein sonst sehr spannendes wie recht gelungenes Stealth-Action-Spiel.

Vielen Dank an NIS America für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Kamiwaza: Way of the Thief!

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