Auch wenn japanische und US-amerikanische Animationsfilme den Markt dominieren, gibt es auch andere Nationen, die Filme und Serien in diesem Genre produzieren. Im Jahr 2020 hat das südkoreanische Studio Animal mit Beauty Water ein sozialkritisches Werk kreiert.
Im Mittelpunkt der Handlung von Beauty Water steht die übergewichtige und bei ihren Eltern lebende Yaeji, die von ihren Mitmenschen jedoch kaum wahrgenommen wird. Selbst für ihre Kollegen und ihre hübsche Chefin Miri ist sie nahezu unsichtbar. Die Schmähungen führen dazu, dass Yaeji selbst unzufrieden mit sich ist. Als sie dann auch noch im Internet gemobbt wird, schließt sie sich wochenlang in ihrem Zimmer ein. Eines Tages erhält sie eine ominöse Lieferung eines Wunderwassers. Mit Hilfe des titelgebenden Beauty Water verwandelt sich Yaeji in eine wahre Schönheit. Sofort gelingt es ihr, neue Kontakte zu knüpfen und im Leben wieder Fuß zu fassen. Allerdings nimmt der Schönheitswahn über und schnell wird Yaeji bewusst, dass die Anwendung und das Verlangen nach dem Beauty Water Nebenwirkungen unterschiedlicher Art hat. Der Film blickt hierbei nicht nur in die Abgründe des Menschseins, es sprengt auch die Grenzen des Body-Horrors. Inhaltlich und inszenatorisch ist das Werk von Regisseur Cho Kyunghun definitiv sehenswert. Einerseits zeigt der 86-minütige Film auf eine sozialkritische Art, wie Menschen nicht miteinander umgehen sollten. Andererseits ist Beauty Water ein Horrorfilm, der nicht vor einer ekelhaften Darstellung zurückschreckt, bei der sich der Zuschauer voller Abscheu einfach nur die Hände vor das Gesicht reißen will.
Erschreckende Bilder
In puncto Animationstechnik hinkt Beauty Water hinter der Konkurrenz hier und da her. So fühlen sich viele Animationen regelrecht unnatürlich an. Die Charaktere bewegen sich viel zu schnell im dreidimensionalen Raum. Hinzu kommt eine oft zu starre Gestik, die die Bewegungsabläufe noch seltsamer erscheinen lassen. Die Mimik der Figuren ist zwar nicht ganz so schlimm animiert, da die Emotionen viel deutlicher als in anderen Animationsfilmen erkennbar sein müssen, aber auch hier gelingt es dem Animationsstudio nicht, sich von der Konkurrenz abzusetzen. Eventuell mag aber gerade dieser Umstand eine versteckte Anspielung auf den Body-Horror-Aspekt sein. Ein vergleichbares Werk dürfe die Anime-Serie Ajin: Demi-Human sein, die auf ein ähnliches Grafikkorsett setzt. Ein nerviges Stottern wie bei dem Anime von Polygon Pictures gibt es bei Beauty Water aber zum Glück nicht. Auch die Darstellung der Umgebung weiß zu gefallen. Garderoben, Wohnräume oder auch die Regale im Supermarkt wirken plastisch. Sowohl der Lichteinfall während verschiedener Tageszeiten als auch elektrisches Licht sorgen für die richtige Atmosphäre im bildschirmfüllenden 16:9-Format in der Full-HD-Auflösung. Da das kritische Thema erwachsen inszeniert ist, fallen die allermeisten Szenen in der Farbgebung voller Rot- und Brauntöne zudem äußerst düster aus.
Abartige Abgründe des Menschseins
Damit die Horror-Atmosphäre noch stimmungsvoller erscheint, erklingt im Hintergrund eine auf Klavierstücke und Streichinstrumente setzende Musikkulisse im Tonformat DTS-HD Master Audio 5.1. Der vollends gelungene Soundtrack aus der Feder von Komponist Hong Daesung passt hervorragend zu der bedrückenden Geschichte. Selbst zum Ende hin gelingt es dieser mit der einen oder anderen Wendung zu überraschen, sodass auch die Melodien im letzten Filmdrittel noch einmal eine ganz andere Note erhalten. Darüber hinaus gelingt es sowohl den Synchronsprechern im koreanischen Originalton als auch den gut ausgewählten deutschen Stimmen, den Charakteren reichlich Leben einzuhauchen, sofern im Kontext zur Filmhandlung noch die Rede von Leben sein kann. Auch durch die Dialoge und Monologe der Figuren wird deutlich, dass Beauty Water ganz harter und für den einen oder anderen Zuschauer sogar abartiger Tobak ist. Für schwache Mägen ist der Film absolut nichts und der Interessent sollte schon ein Faible für das Body-Horror-Genre mitbringen. Schade ist unterm Strich nur, dass die Ausstattung des Films unterirdisch ist. Digitale Boni liegen nur in Form der drei Trailer zu A Day, Corpse Party: Tortured Souls und Mirai Nikki vor. Physisch gibt es immerhin noch ein Poster zum Filmcover – und das sieht nicht gerade appetitlich aus!
Geschrieben von Eric Ebelt
Erics Fazit (basierend auf der Blu-ray-Fassung): Dass das soziale Miteinander unter uns Menschen bei Weitem nicht so funktioniert, wie es sollte, dürfte jedem bewusst sein. Wenn Menschen aufgrund ihres Aussehens diskriminiert werden, ist das für die Betroffenen sehr schlimm. Dass wir die Augen vor so einem asozialen Verhalten nicht verschließen dürfen, macht der südkoreanische Animationsfilm Beauty Water von Regisseur Cho Kyunghun deutlich. Er geht mit dem Thema sozialkritisch um und macht aus dem Geschehen einen derartigen Schrecken, dass die Grenzen des Body-Horrors überschritten werden. Definitiv ist der Film nicht für schwache Mägen gedacht, da auch die Darstellung sehr explizit ist. Auch wenn die Story und die Inszenierung treffend ineinandergreifen, ist es doch etwas schade, dass die Animationstechnik in vielen Punkten hinter der Konkurrenz bleibt. Auch dass es kein Bonusmaterial außer einem Poster mit dem wenig appetitlichen Cover gibt, ist negativ zu beanstanden. Vor allem die Hintergründe, wie es zum Film kam und warum der Fokus mehr und mehr auf den Body-Horror-Aspekt rückte, wäre für den Zuschauer sicher ein interessanter Zusatz gewesen. Abgesehen von diesen Defiziten ist der Film durchaus empfehlenswert, sofern ihr mit beklemmenden Gefühlen beim Ansehen kein Problem habt.
Vielen Dank an Kazé Anime für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Beauty Water!