Review: Fire Emblem: Engage

Am 20. Januar 2023 veröffentlichte Nintendo Fire Emblem: Engage für die hauseigene Switch. Nach dem überladenen Fire Emblem: Three Houses entschlackte Entwicklerstudio Intelligent Systems das Konzept und besinnte sich dabei weitgehend auf das Wesentliche.

Im Strategie-Rollenspiel Fire Emblem: Engage schlüpfen wir in die Rolle des Wyrmgottes respektive der Wyrmgöttin Alear. Soll heißen, dass wir zu Beginn des Spiels unsere Figur nach unserer persönlichen Präferenz beziehungsweise nach biologischem Geschlecht wählen. Die Story baut darauf auf, dass wir den Dämonendrachen Somnon besiegen. Unsere Wunden, die wir aus dem Kampf davontragen, sind jedoch zu stark, sodass wir in tiefen Schlaf versetzt werden. Es folgt ein Zeitsprung. Wir erwachen aus unseren Träumen im Wolkenpalast Somniel. Auf dem Weg zu unserer Mutter konfrontiert uns die Geschichte mit der bitteren Realität: Dunkle Mächte wollen den Drachen erneut beschwören und die Welt unterjochen. Dazu benötigen sie die zwölf magischen Emblem-Ringe, in denen die Geister der Helden aus vergangenen Tagen ruhen. Dies müssen wir unter allen Umständen verhindern! Wir ziehen aus in die Königreiche der Spielwelt und scheren zahlreiche Verbündete um uns. Mit vereinter Kraft müssen wir das Böse in über zwei Dutzend Kapiteln stoppen. Handlungstechnisch traut sich die Geschichte nicht viel und bietet gewohnte Erzählkunst. Es gibt zwar auch Wendungen und Überraschungen, doch halten sich diese meist in Grenzen. Vielmehr dient die Story als Mittel zum Zweck, sodass der Schwerpunkt des Spiels definitiv auf dem besseren Gameplay liegt.

Unterdurchschnittliches Charakterdesign

Wer denkt, dass gut geschriebene Charaktere das Erzähldefizit aufwiegen können, irrt sich bei Fire Emblem: Engage gewaltig. Auch in diesem Aspekt bietet der Titel, wenn überhaupt, nicht mehr als der Genre-Standard. Die Charaktere erreichen allerhöchstens innerhalb der recht guten Zwischensequenzen an Tiefe. Abseits davon sind sie zweidimensionale Figuren, die sich lieber mittels stumpfen Smalltalks näherkommen wollen, als sich über wichtige Dinge wie den Kriegsverlauf den Kopf zu zerbrechen. Das ist in vorherigen Episoden der Serie zwar ebenso der Fall, fühlt sich dort aber nicht so gravierend an. Womöglich liegt das auch am durchschnittlichen Charakterdesign. Dieses ist ein zweischneidiges Schwert, denn auf der einen Seite können wir anhand der stereotypischen Darstellung sofort erkennen, welche Rolle die Figur vermutlich ausfüllen wird. Auf der anderen Seite wirken viele der kindlichen Figuren wie japanische Pop-Idols. Damit meinen wir in erster Linie nicht einmal die äußerst übertriebene Mimik und Gestik, für die japanische Werke bekannt sind, sondern vor allem das äußerliche Erscheinungsbild. Von schillernden Kleidungsstücken bis hin zu Sternchen auf Haaren und Gesicht ist alles dabei, was ihr euch nur vorstellen könnt. Atmosphärisch ist das nicht und wieso die Entwickler dies für eine gute Idee hielten, können wir auch nicht erahnen.

Bekannte wie funktionierende Schlachten

Abgesehen von diesen gewöhnungsbedürftigen Designentscheidungen kann der Titel durchweg punkten. Wie in jedem Serienteil gilt es auch in Fire Emblem: Engage verschiedene und konsekutiv aufeinander aufbauende Schlachten zu schlagen. Noch in den ersten Spielstunden erhalten wir außerdem die Möglichkeit, über eine Weltkarte zu Nebenschauplätzen zu reisen und optionale Auseinandersetzungen auszutragen. Erledigen wir Nebenquests, kommt es nicht selten vor, dass wir neue Recken für unsere Gruppe rekrutieren können. Wer schon einmal einen Teil der Reihe gespielt hat, wird sich auf dem Schlachtfeld selbst sofort zurechtfinden. Über einen schachbrettartigen Grundriss ziehen wir unsere Helden nach und nach über das Schlachtfeld. So schicken wir Krieger, Magier und Heiler in den Kampf und positionieren sie taktisch sinnvoll. Riskieren wir den Feindkontakt, kämpfen die Akteure automatisch. Auch hier gilt es abzuwägen, ob ein Kampf zu diesem Zeitpunkt tatsächlich sinnvoll ist. So sehen wir im Vorfeld, wie stark der Angriff ausfällt, wie hoch die Wahrscheinlich eines Treffers ist und wie viel Lebensenergie beiden Akteuren im schlimmsten Fall nach dem Scharmützel bleibt. Auf Knopfdruck können wir auch den Radius aller feindlichen Einheiten aktivieren, denn auch wenn der Kampfausgang lukrativ wirkt, gilt dies nicht für alle Gegner in der Nähe.

Regelwerk mit taktischer Tiefe

Ebenfalls mit dabei ist das Waffendreieck, das auf dem Stein-Schere-Papier-Prinzip basiert, das jeder von euch kennen sollte. Schwertkämpfer haben einen Vorteil gegenüber Einheiten, die mit Äxten bewaffnet sind. Axtschwinger machen aus Lanzenträgern Kleinholz und wenn eine mit einem Schwert kämpfende Einheit von einer Lanze getroffen wird, erhält diese einen Nachteil. In Fire Emblem: Engage spiegelt sich das übrigens nicht nur in erhöhtem Schaden wieder. Stattdessen durchbricht der Kampfteilnehmer im Vorteil die Abwehr des Feindes, der in diesem Zug daraufhin nicht mehr verteidigen kann. Dies fühlt sich richtig gut an und bringt noch ein wenig mehr Taktik ins Spiel. Es gilt aber noch sehr viel mehr Details zu beachten, denn wer Bogenschützen gezielt auf fliegende Einheiten einsetzt, aber vergisst, dass Zaubersprüche gepanzerte Einheiten schnell aus dem Weg räumen, dürfte die eine oder andere Einheit auf dem Schlachtfeld verlieren. Auf dem normalen Schwierigkeitsgrad reicht es aber aus, die Grundzüge zu kennen. Sonderlich schwierig ist der Titel zu Beginn nicht und später, wenn die Schlachten etwas umfangreicher werden, kann es auch helfen, optionale Schlachten mehrfach hinter sich zu bringen, um Erfahrungspunkte zu sammeln. Mit Meistersiegeln können die Helden darüber hinaus ab der zehnten Stufe zu einer stärkeren Klasse befördert werden.

Über den Wolken

Agieren unsere Einheiten oft genug nebeneinander, so steigt sehr häufig auch ihre Zuneigung zueinander. Genügend Zuneigung vorausgesetzt, können sie außerhalb des Schlachtfeldes Unterstützungsgespräche führen, die wie eingangs erwähnt aber nur oberflächlichen Smalltalk bieten. Die Dialoge sorgen jedoch dafür, dass sich die Figuren in den Kämpfen besser verstehen und zusammen angreifen lassen. Zuneigung können wir ebenfalls generieren, wenn wir im Wolkenhort Somniel in der Mensa Gerichte kochen oder zusammen in der Arena trainieren. Das Kochen hat zudem den Vorteil, dass wir damit die Attribute der Charaktere, die am Festschmaus teilnehmen, permanent verbessern. Wollen wir Alear auf die nächste Schlacht mit temporären Boni ausstatten, können wir mit ihm oder ihr im Wolkenhort Fitness betreiben. Somniel dient darüber hinaus als Ort für viele andere Aktivitäten. So können wir nach den Schlachten scheinbar obdachlose Tiere wie Schafe, Tauben oder Katzen adoptieren, die für uns Objekte produzieren oder sammeln. Außerdem können wir Fische angeln, Früchte ernten, Belohnungen einheimsen und Spenden an befreundete Königreiche senden. Für letzteres erhalten wir zudem besondere Gegenstände, Lebensmittel und deutlich höhere Wahrscheinlichkeiten für Begegnungen mit Feinden, die mehr Erfahrungspunkte im Kampf springen lassen.

Herr(in) der Ringe

Eine Besonderheit von Fire Emblem: Engage, die sich auch im Somniel widerspiegelt, sind die eingangs erwähnten Emblem-Ringe. Jeder Charakter kann einen solchen Ring tragen und vor einem Scharmützel das Bündnis für insgesamt drei Runden aktivieren. So können wir die Kämpfe Seite an Seite mit Helden früherer Episoden wie Celica aus Fire Emblem: Echoes – Shadows of Valentia bestreiten. Damit erhalten wir unter anderem Zugriff auf Kampffähigkeiten, mit denen wir einen Gegner schnell pulverisieren können. Es kann aber ebenso sein, dass sich dahinter eine unterstützende Fähigkeit wie anhaltender Lichteinfall verbirgt, der alle dunklen Stellen auf der Karte erhellt. Damit das Bündnis effektiv funktioniert, sollten wir die Ringe in der Ringkammer regelmäßig polieren. Ebenfalls können wir auf Basis der Emblem-Ringe so genannte Bündisringe erschaffen und miteinander fusionieren, die dann wiederum stärkere Boni auf die Werte des jeweiligen Ringträger geben. Charaktere, die eine Verbindung zum Emblem aufgebaut haben, können darüber hinaus ab einem bestimmten Level deren Fähigkeiten erben, was die taktische Tiefe des Spiels noch einmal verbessert. Eingebettet ist all dies in einer hübschen und farbenfrohen Oberfläche, die mit angenehmer Musik unterlegt wird. Gäbe es nicht die Schwächen in der Handlung und im Charakterdesign, so wäre der Titel ein klares Must-Have. Könnte euch das Design stören, so solltet ihr die Kaufentscheidung doppelt abwägen. Eines ist aber sicher: Das Spiel macht abgesehen davon sehr viel Spaß!

Geschrieben von Eric Ebelt

Erics Fazit: Nachdem mich Fire Emblem: Three Houses mit seinem unnötigen Ballast mehr enttäuscht als zufriedengestellt hat, habe ich mich schon seit Jahren auf den nächsten Teil der Reihe gefreut. Da im Vorfeld aber wenig zur Handlung und zu den Charakteren bekannt war, machte sich wenige Wochen vor Veröffentlichung Skepsis breit. Diese hat sich leider zu einem gewissen Teil bewahrheitet. So bietet die Handlung nur wenige Wendungen und Überraschungen. Auch das Charakterdesign enttäuscht mit zumeist oberflächlichen und noch dazu stereotypischen Figuren. Da muss ich mich wirklich fragen, wer diese gewöhnungsbedürftigen Designentscheidungen abgesegnet hat. So sehr mich diese Prämisse enttäuscht, so sehr gefällt mir aber das Gameplay von Fire Emblem: Engage. Dieses baut auf dem Regelwerk vorheriger Teile auf und erweitert sie an den richtigen Stellen mit neuen Ideen wie den Emblem-Ringen oder der leichten Erweiterung des Waffendreiecks. Zwar hätte das Somniel, die Basis der Heldengruppe, in meinen Augen noch etwas entschlackt werden können, doch fällt dies nicht so stark ins Gewicht, da nahezu alle Besuche freiwillig geschehen. Wer also schnell eine Schlacht nach der anderen abhaken will, kann dies tun. Im Kern ist Fire Emblem: Engage definitiv ein immerhin noch zufriedenstellendes bis durchaus gutes Spiel, aber es hätte meiner Meinung nach durch eine bessere Handlung oder zumindest vernünftige und tiefgründigere Charaktere noch so viel besser sein können. 

Jonas’ Fazit: Das Kernspielprinzip von Fire Emblem ändert sich seit Jahren kaum, bietet aber trotzdem immer wieder eine Menge Spaß. Was die einzelnen Teile voneinander unterscheiden, ist das ganze Drumherum. Im Vergleich zu Fire Emblem: Three Houses reduziert sich Fire Emblem Engage in vielen Punkten: Die sozialen Interaktionen und Beschäftigungen im Somniel sind deutlich eingedampft. Es gibt wieder einen Fokus auf einen Handlungsstrang und von der Tonalität her ist Engage deutlich bunter und positiver. Leider nutzt Engage diesen neuen Fokus kaum aus, die Figuren sind eindimensionaler und platter denn je und die Story, die Welt und viele Designs triefen vor Fantasy-Klischees. Zu allem Überfluss versucht mein Protagonist seinen blassen Charakter mit einer besonders geschmackslosen Frisur zu überspielen. Auf dem Schlachtfeld haben die meisten dieser Elemente kaum einen Einfluss. Hier ist wie beim Optimieren von Ausrüstungen und Klassen- und Figurenkonstellationen auch der meiste Spaß zu holen. Das neue Emblem-Feature passt hier spielerisch gut hinein und bietet durch das Übertragen neuer Fähigkeiten noch einmal mehr Optionen. Für die Zukunft müssen sich die Entwickler aber eine klare Linie abseits des Kampfsystems überlegen.

Vielen Dank an Nintendo für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Fire Emblem: Engage! 

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