Beat ’em ups gibt es wie Sand am Meer, doch haben sich mit der Zeit einige große Serien im Genre herauskristallisiert. Darunter fallen zum Beispiel The King of Fighters, Street Fighter, Dead or Alive und natürlich Tekken.
Nintendo-Fans dürfte Tekken nicht unbekannt sein, denn zwar mied die Serie bisher die von Nintendo stammenden Konsolen, doch mit Tekken Advance und Tekken 3D: Prime Edition erschienen zumindest zwei Titel, mit denen sich Nintendo-Spieler mit dem Franchise vertraut machen konnten. Mit Tekken Tag Tournament 2: Wii U Edition wird sich das aber hoffentlich ändern, denn technisch gesehen steht die Wii U der Xbox 360 und der PlayStation 3 nur wenig bis gar nicht nach. Da das Spiel bereits im September erschienen ist, werden einige der Tekken-Fans das Spiel sicherlich schon besitzen, doch bietet die Wii U Edition neue Inhalte, die es so mit Sicherheit nicht auf den anderen beiden Plattformen geben könnte. Warum das so ist, werdet ihr im Verlauf des Reviews sicherlich noch feststellen. Für den Moment wollen wir jedoch zunächst einmal auf den eigentlichen Inhalt des Spiels eingehen. Eine Handlung ist in Tekken Tag Tournament 2 nicht enthalten, was wir sehr, sehr schade finden. Insbesondere der vierte Teil der Street-Fighter-Reihe hat hier bewiesen, dass eine Hintergrundhandlung die Charaktere lebensechter macht und man ihre Beweggründe nachvollziehen kann. In Tekken Tag Tournament 2 gibt es allerhöchstens so etwas wie eine Handlung, wenn man sich Violets Labor anschaut. Der Wissenschaftler konstruiert hier nur einen Roboter, der die Techniken der großen Kampfsportler erlernen soll, doch nutzt man diesen Modus eher als gutes Tutorial.
Große Charakterauswahl
Wenn man zum ersten Mal mit der Tekken-Serie in Berührung kommt, dann ist Violets Labor sicherlich die erste Anlaufstelle, doch wir können bestätigen, dass man sich direkt mit anderen Größen im Arcade-Modus messen kann. Die künstliche Intelligenz der Gegner ist zumindest in den ersten Runden auf dem mittleren Schwierigkeitsgrad nämlich gerade so ausgereift, doch haben wir das Gefühl, dass die Gegnerstärke zu Runde zu Runde ansteigt. Es stehen uns von Beginn an ganze 59 Charaktere zur Verfügung, aus denen wir unsere Kämpfer hier auswählen dürfen. Das Besondere an Tekken Tag Tournament 2 ist im Gegensatz zu anderen Beat ’em ups nämlich, dass wir wahlweise als Solist oder auch im Duo gegen einen bis zwei Gegner antreten dürfen. Da viele Charaktere zwar ähnliche Kampftechniken beherrschen, finden wir es zwar schade, dass die Kämpfe dadurch ein wenig entindividualisiert werden, doch trotzdem ist die optische Vielfalt in der Kämpferriege eigentlich immer gegeben. Jun Kazama, Forest Law, Kazuya Mishima oder Christie Monteiro fügen sich wunderbar ins Artdesign des Spiels ein, doch wir finden es fraglich, warum wir gegen einen Pandas, einen Velociraptor und sogar gegen einen Bären, dem Flügel aus dem Rücken wachsen und einen Schwimmring um den Bauch trägt, kämpfen müssen. Das raubt dem kompletten Spiel unserer Meinung nach seine ernsthafte Intention und zieht das Thema Kampf ins Lächerliche.
Vielfältige Kampftechniken
Abgesehen davon können die Techniken aller Charaktere überzeugen. Wie für ein Beat ’em gewohnt, müssen wir auch hier die eine oder andere Kombination auswendig lernen, um einen Angriff zu starten. Bei 59 Charakteren ist das sicherlich nicht wenig und vermutlich wird man sich so wohl oder übel bereits nach kurzer Spielzeit auf wenige Charaktere spezialisieren. Das ist in anderen Beat ’em ups noch nicht so stark ausgeprägt, doch Tekken Tag Tournament 2 wird dadurch auf keinen Fall schlechter. Schließlich kann kaum ein Prügelspiel mit einer so großen Auswahl an Kämpfern aufwarten. Der Titel bietet innerhalb der Kämpfe zudem auch noch mehr strategische Möglichkeiten. Während man in zweidimensionalen Titeln des Genre in der Regel nicht wirklich ausweichen, aber sehr wohl blocken kann, wird bei Tekken Tag Tournament 2 beides miteinander verbunden. Greift uns ein Gegner frontal an, blocken wir und bewegen den Stick simultan in die Richtung des Schlages. Bei Angriffen in Bodennähe müssen wir uns zudem auch noch hinknien. Drücken wir den Stick jedoch schnell in eine der beiden vertikalen Richtungen, weichen wir in die entsprechende Richtung aus, die Ebene des Kampfes ändert sich wenige Sekunden später mit und wir können den Vorteil nutzen, um schnell einen Überraschungsangriff zu starten. Eine weitere strategische Raffinesse erwartet uns, wenn wir während einer Attacke schnell unseren Charakter austauschen.
Macht der Doppelkämpfe
Dann hauen wir schon mal unseren Gegner hoch in die Luft, wechseln unseren Charakter aus und schlagen dann mit diesem den Feind aus einem anderen Blickwinkel, um den ausgeteilten Schaden zu erhöhen. Wenn wir im Doppel spielen, müssen wir dennoch die Lebensenergie des jeweiligen Kämpfers im Auge behalten. Für jeden Schlag, den wir kassieren, sinkt unsere Lebensenergie, doch bleibt der Bereich zunächst rot eingefärbt, bis wir den nächsten Schlag abbekommen, dann sinkt die Lebensenergie weiter, doch es wird lediglich der Bereich in rote Farbe getaucht, welcher der letzte Angriff des Gegners bewirkt hat. Wenn wir die Charaktere immer dann austauschen, wenn ein solcher Angriff stattgefunden hat, dann kann sich immer der Charakter auf der Wartebank von dem Angriff erholen – es wird jedoch nur sehr langsam der Bereich aufgeführt, der eben in roter Farbe dargstellt wird. Das ist eine clevere Idee, denn sobald einer der beiden Kämpfer ausgeknockt wird, dann gilt die Runde auch für ein Duo als verloren. Wer allerdings gar nicht damit zurechtkommt, sich auf dieses System einzulassen und vor allem bei den Kombinationsattacken Schwierigkeiten hat, der darf (auf der Wii U) die L-Taste gedrückt halten. Nutzen wir dann eine der vier Angriffstasten, führen wir automatisch einen Kombinationsangriff aus, ohne mühselig die Kombination zuvor auswendig gelernt zu haben. Für Anfänger ist das sicherlich eine deutliche Erleichterung!
Pilz-Alarm!
Einfacher, aber nicht immer vorteilhafter, ist das Auswählen der jeweiligen Attacke über den Bildschirm des Wii U GamePads. Ein Fingertipp genügt und schon führt der Charakter seinen Angriff aus. Zugegeben funktioniert die erste Variante deutlich besser, doch echte Hardcore-Spieler werden ohnehin nächtelang die Techniken der Charaktere auswendig lernen. Falls sie Tekken schon kennen, werden sie ohnehin keine Probleme bekommen. Ein weiterer Vorteil oder eher gesagt spaßiger Modus der Wii-U-Fassung, ist der spaßige Pilzmodus. In diesem Modus können wir zwar nicht im Duo antreten, doch das ist auch nicht Sinn und Zweck des Modus. Wir kämpfen in einer zuvor ausgewählten Arena und überall auf der Stage tauchen diverse Pilze auf, die man dem Super-Mario-Universum entliehen hat. Bei Berührung wächst oder schrumpft ein Charakter. Es ist auch möglich, dass er durch die Aufnahme eines Pilzes an Schnelligkeit gewinnt oder im Falle der Berührung mit einem Stern kurzzeitig unbesiegbar wird. Schade nur, dass wir diesen Modus nicht online spielen können. Am Mehrspieler-Part des Spiels haben wir ohnehin etwas auszusetzen. Offline bietet der Titel genau das, was wir von einem Beat ’em up erwarten. Viele Modi können zu zweit angegangen werden und bieten Kämpf en masse. Online hingegen haben wir lediglich die Auswahl zwischen dem Kampf gegen einen ranggleichen Gegner oder einen Gegner eines unbekannten Ranges.
Halbgares Mehrspielervergnügen
Wäre diese dünne Auswahl nicht schon genug, dürfen wir uns noch nicht einmal einen Modus aussuchen und unsere Gegner nach dem Kampf nie zu einer Revanche auffordern. Das ist schwach, denn so vergeht unnötig viel Zeit zwischen den vielen Kämpfen, die man sicherlich erleben möchte. Weiterhin gibt es eine Rangliste, in der wir uns mit anderen Kämpfern vergleichen dürfen. Wofür wir das Spiel allerdings loben möchten, sind die Aufzeichnungen der Rangeleien. So können wir die Technik unserer Gegner immer und immer wieder ansehen und so aus unseren Fehlern lernen. Es ist unser Meinung nach wichtig, dass sich andere Beat ’em ups sich Tekken Tag Tournament 2 an dieser Stelle als Vorbild nehmen. Auf der technischen Seite kann man am Titel übrigens so gut wie nichts aussetzen. Das Spiel läuft sehr flüssig (mit Ausnahme der Laufschrift im Ladebildschirm) und lässt sich bei Bedarf auch nur über den Bildschirm des Wii U GamePads spielen. Die Grafiken sind durchweg hübsch, auch wenn die Arenen unserer Meinung nach noch ein wenig mehr Bewegung hätten vertragen können. Der Soundtrack ist zudem sehr passend gewählt und im Pilz-Modus gibt es sogar mindestens vier Tracks aus dem Super-Mario-Franchise zu hören. Nintendo-Fans freuen sich zudem über viele Kostüme von Link oder Mario, die sie ihren Kämpfern anziehen dürfen. Weitere Modi wie Tekken-Ball (eine Art Volleyball) runden das Spielerlebnis ab. Tekken Tag Tournament 2 macht zwar nicht alles, aber sehr vieles richtig. Der Titel gehört derzeit zu den besten Genre-Vertretern.
Geschrieben von Eric Ebelt
Erics Fazit (basierend auf der Nintendo-Wii-U-Fassung): Lange Zeit war ich aus gutem Grund nur auf Street Fighter fixiert, zumal mir in meinen Augen dort das beste Spielerlebnis geboten wurde. Seit letztem Jahr schaue ich aber gerne mal über den Tellerrand und erlebe dort das eine oder andere Spiel, wovon sich die Street-Fighter-Serie noch ein gutes Stück von abschneiden kann. Dazu gehört auch Tekken Tag Tournament 2: Wii U Edition. Zwar kann ich mich mit einigen der Charaktere, wie dem Panda, dem Bären oder dem Velociraptor beim besten Willen nicht identifizieren, doch davon abgesehen, bietet auch Tekken Tag Tournament 2 ein spannendes Beat-’em-Erlebnis. Die unterschiedlichen Charaktere beherrschen allesamt verschiedene Angriffstechniken und sind dementsprechend auch sehr individuell gestaltet, bis eben auf einige Kopien des jeweiligen Charakters. Immerhin stimmt die optische Vielfalt bei den Kämpfern, weshalb ich da wie aktuell bei Street Fighter IV darüber hinwegsehen kann. Die Kämpfe laufen flott, die Techniken passen allesamt ins Konzept und bieten durch einige strategische Elemente genügend Tiefgang, damit ich Tekken Tag Tournament 2 immer wieder in meine Wii U einlegen werde. Schade nur, dass der Online-Anteil des Spiels so mickrig ausfällt. Hätte dieser einen deutlich größeren Umfang und das Spiel an sich so etwas wie eine Handlung, dann würde Tekken Tag Tournament 2, unabhängig vom System, vermutlich zum neuen Genre-Primus mutieren. So bleibt dieser Platz meiner Meinung nach immer noch Street Fighter IV vorbehalten, doch Tekken Tag Tournament 2 kommt dem ganzen schon sehr nahe.
Vielen Dank an Namco Bandai für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Tekken Tag Tournament 2: Wii U Edition!
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