Die Yakuza-Reihe erfreut sich im Westen auf einmal einer Beliebtheit, die man sich vor wenigen Jahren noch kaum vorstellen konnte. Stück für Stück werden alle Serienteile erneut veröffentlicht, mit Yakuza Kiwami 2 erscheint nun das Remake des zweiten Teils – für viele Fans einer der besten Ableger der Reihe.
Nach den Ereignissen des Vorgängers versucht Kiryū Kazuma den zersplitterten Tōjō-Clan wieder aufzubauen. Eigentlich hatte er schon seinen Abschied aus den Riegen des japanischen Untergrunds genommen, doch nun liegt es an ihm, nach Kansai zu reisen und neue Bündnisse mit alten Freunden zu schließen. Auch der zweite Teil der langjährigen Reihe schafft es einmal mehr mit einem spannenden Gangster-Drama die volle Bandbreite der Emotionen abzudecken. Das Widersehen mit bekannten Figuren schon in den ersten Spielstunden steht ebenso auf dem Programm wie eine Menge Rückblenden, die Unwissenden – oder Leuten, die die komplexen und zahlreichen Figurenkonstellationen nicht mehr alle im Kopf haben – noch einmal die Ereignisse des Vorgängers darbieten. Trotz der vielen Verstrickungen und der Tatsache, dass uns die japanischen Begrifflichkeiten und Namen hierzulande womöglich etwas fremd sind, fällt es dem Spieler auch in Kiwami 2 schnell leicht, den Ereignissen im Spiel zu folgen. Schnell findet sich Kiryū einmal mehr auf den Straßen des Stadtteils Kamurochō und Sotenbori wieder. Die Rückkehr in die immergleichen Spielumgebungen löst bei Fans dasselbe aus, wie das erneute Zusammentreffen mit den bekannten Figuren – sie kommen ihrem digitalem Stückchen Heimat etwas näher. Über die Jahre hinweg lernen deswegen vor allem sie die kleinen Veränderungen und Verbesserungen zu schätzen.
Ein Stückchen digitales Japan
In Yakuza Kiwami 2 gibt es allerdings eine offenkundig große Veränderung: Nach Yakuza 6: The Song of Life baut auch dieser Teil auf der Dragon Engine auf, die die Reihe auf einer technischen Ebene mit anderen Blockbustern auf eine Ebene hievt. Mit noch mehr Details, Lichteffekten und Dynamik sind die Straßenzüge angereichert, dazu können Establishments wie Läden und Spielhallen ohne nervige Ladepausen betreten und verlassen werden. Der flüssige Übergang in ein bis zu dreistöckiges Gebäude, dessen Innenräume ebenso detailreich ausgestattet wurden, verpasst der Spielwelt noch einmal ein ganzes Stückchen mehr Leben, als es der Vorgänger konnte. Gleichzeitig säumen noch mehr Nicht-Spieler-Charaktere die Straßen, was einer echten Metropole endlich einmal gerecht wird. Wer Japan aus seinem Wohnzimmer heraus besonders nahe kommen will, wechselt am besten in den Ego-Perspektiven-Modus. Spieler, die im Laufe der rund fünfzehnstündigen Story etwas Abwechslung haben wollen, dürfen sich wie so oft in mühevoll designten Minispielen austoben. Sei es Májiàng, Glücksspiele oder einfach nur klassisches Karaoke – spätestens, wenn der Cabaret-Club-Modus aus Yakuza Zero freigeschalten wird, steigt die Spielzeit mindestens auf das Dreifache. Wer dann immer noch nicht genug hat, darf sich an die knapp achtzig Nebenmissionen wagen.
Frischer Wind in alten Segeln
Die neue Engine bringt auch neue spielerische Aspekte mit sich. Kampfstile gehören der Vergangenheit an, stattdessen kann Kiryū alle Techniken, die er freischaltet, direkt anwenden. Das ist auch bitternötig, denn als Teil der Yakuza, der dennoch stets ehrbar und gerecht ist wie eine Märchenfigur, enden fast alle Unterredungen in einer brutalen Keilerei mit bösen Buben. In den Kämpfen werden Fuß- und Handschlag-Combos ausgeteilt, die die bekannte Heat-Leiste auffüllen. Einmal voll, entfesselt Kiryū seine gesamte Wut in besonders starken und brutalen Angriffen. Von diesen überaus brachial animierten Highlights gibt es über fünfzig Stück. Sie sind stets vom jeweiligen Standort, von der Waffe und Position des Gegners abhängig und ein Ziel, auf das es sich als Spieler vom Gameplay und vom Genusswert her lohnt hinzuarbeiten. Kritikwürdig ist allerdings der Eindruck, dass die Heat-Action-Manöver nicht mehr so ausgefeilt und auf den Punkt gebracht sind, wie noch in Yakuza Zero oder Yakuza Kiwami. Für alle Tätigkeiten und Kämpfe erhält Kiryū Punkte in fünf Kategorien, die für Status- und Fähigkeits-Upgrades eingesetzt werden. Davon gibt es unzählige, womit Kiryū und Spieler nach jedem Kampf tatsächlich auch etwas stärker werden. Die Menüs leuchten zwar in tollen Neonfarben, der Aufbau dieser stammt aber immer noch aus den Anfangszeiten der Serie. Insgesamt zeigt Yakuza Kiwami 2 aber, das der Reihe ein technischer Fortschritt nicht verwehrt bleibt.
Geschrieben von Jonas Maier
Jonas‘ Fazit (basierend auf der PlayStation-4-Fassung): Es war einmal mehr eine wahre Wonne durch die leuchtenden Straßen von Tōkyō und Ōsaka zu streifen. Die vielen bekannten und neuen Gesichter formen erneut ein fesselndes und intrigenreiches Yakuza-Drama. Der technische Sprung im Vergleich zum ersten Yakuza-Kiwami-Teil wird vor allem Spieler freuen, die Yakuza 6: The Song of Life bisher nicht gespielt haben. Yakuza Kiwami 2 bietet die bisher besten Versionen von Kamurochō und Sotenbori, was dafür aber ein paar Abstriche in der Vielfalt und Perfektion des Kampfsystems gekostet hat. Dennoch ist der neueste Teil insgesamt einer der rundesten Ableger und setzt die Messlatte für die folgenden Projekte sehr hoch an.
Vielen Dank an Sega für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Yakuza Kiwami 2!