Review: Mafia – Definitive Edition

2002 erschien mit dem Computerspiel Mafia von Entwicklerstudio Illusion Softworks ein Titel, der von Presse und Konsumenten für seine Story und seine Atmosphäre gelobt wurde. 18 Jahre später spendierte Hangar 13 dem Spiel wie aus dem Nichts endlich ein Remake.

Hangar 13 ist in der Branche kein unbekanntes Entwicklerstudio, denn 2016 haben sich die Kalifornier mit Mafia III bereits einen Namen gemacht, auch wenn das Actionspiel keinen bleibenden und vor allem keinen durchweg positiven Eindruck hinterlassen hat. Insbesondere das sehr repetitive Spieldesign und die maue technische Umsetzung der PC-Fassung sind uns recht negativ im Gedächtnis geblieben. Dafür ist es aber umso erfreulicher, wie sich das Blatt bei der Definitive Edition respektive dem Remake von Mafia gewendet hat. Anstatt die Spielzeit wie beim dritten Serienteil künstlich in die Länge zu ziehen, handelt es sich bei der neuen Interpretation der bei Veröffentlichung 18 Jahre alten Vorlage um eine sehr originalgetreue Umsetzung. Das heißt, dass wir in der Definitive Edition die gleiche und in zwanzig Kapiteln eingeteilte Handlung erleben – genau in der gleichen Reihenfolge und zwar von der opulenten Eröffnungssequenz des Spiels bis zum filmreifen Epilog, der sogar visuell angepasst wurde, um ihn in den Kontext zu Mafia II zu setzen. Hangar 13 geht aber noch einen Schritt weiter und verfeinert das Storytelling an den richtigen Stellen. So bekommen wir Thomas „Tommy“ Angelos Ehefrau Sarah deutlich öfters zu Gesicht als es im Original der Fall ist. Ebenso fallen die Dialoge zwischen den Charakteren etwas tiefgründiger aus, sodass wir uns jederzeit so fühlen, als wären wir mitten im Geschehen statt als stiller Beobachter nur dabei.

Cineastisches Storytelling

Wer den Ursprungstitel aus dem Jahr 2002 nicht gespielt hat, wird sich an dieser Stelle nun fragen, wer dieser Tommy Angelo überhaupt ist. Bei diesem handelt es sich nach wie vor um den Protagonisten des Spiels. In der Eröffnungssequenz von Mafia, die im Jahr 1938 spielt, erfahren wir im Gespräch mit Detective Norman, dass der Mafioso aus der „ehrenwerten“ Gesellschaft aussteigen will. Im Anschluss übernehmen wir die Kontrolle von Tommy und erleben, wie er im Jahr 1930 als Taxifahrer unfreiwillig in eine Schießerei hineingezogen wird. Dies führt dazu, dass er zum Spielball zwischen den „Familien“ von Don Morello und Don Salieri wird. Letzterem schließen wir uns in den ersten Kapiteln schließlich an, werden als Chauffeur und Rennfahrer eingesetzt und als Schläger gebraucht. Zu Zeiten der Prohibition schmuggeln wir des Weiteren Alkohol und werden mehr und mehr als Mordwerkzeug instrumentalisiert. Je mehr Tommy in den Moloch der Gewalt hineingezogen wird, desto mehr Gewissensbisse machen sich in ihm bemerkbar, die in der Definitive Edition aufgrund der angepassten Handlung noch deutlich besser zur Geltung kommen. Vor allem die neuen Story-Sequenzen mit Sarah zeigen, dass Tommy trotz seiner Taten über ein intaktes Moralsystem verfügt. Hinzu kommt, dass die Missionen und die Schießereien in den meisten Fällen nicht übermäßig stark ausarten, sodass in Mafia regelrecht düsteres Mobster-Filmflair entsteht.

Gameplay aus den späten 2000er-Jahren

In puncto Gameplay hat sich die Definitive Edition von Mafia im Vergleich zum ursprünglichen Spiel ebenfalls gewandelt, wenn der Sprung hier auch nicht so groß wie beim Storytelling ist. Sobald wir von Don Salieri den neuen Auftrag erhalten haben, decken wir uns im Hinterhof bei Vincenzo erst einmal mit den für den Job passenden Waffen ein und statten im Anschluss dem Stotterer Ralph einen Besuch ab, um ein Auto zugewiesen zu bekommen. Manchmal wird uns aber auch von unseren beiden Freunden Sam und Paulie, mit denen wir einen Großteil der Aufträge gemeinsam erledigen, ein Fahrzeug vorgesetzt. Hin und wieder dürfen wir uns aber auch aus unserem eigenen Fuhrpark einen Wagen aussuchen. Dabei blicken wir Tommy so gut wie immer über die Schulter, sodass die Verfolgerperspektive nur in den Zwischensequenzen kurzzeitig in eine cineastische Gesamtansicht wechselt. Die Missionen selbst laufen in der Regel nach demselben Schema ab. Erst düsen wir mit unserem Automobil durch das fiktive und an Chicago angelehnte Lost Heaven und erkunden dann per pedes die Umgebung. Obwohl wir meist mit Waffengewalt vorgehen, müssen wir in manchen Missionen jedoch auch schleichend, ruhig und sehr behutsam vorgehen, um keinen Alarm auszulösen. Werden wir dann dennoch mal in eine Schießerei verwickelt, fühlt sich Mafia wie ein typischer Deckungs-Third-Person-Shooter an, wie sie noch in den 2000er-Jahren entstanden.

Atmosphärische Neuinterpretation

Nichtsdestotrotz ist das alles nicht schlimm, denn die zwanzig Mission in Mafia sind – je nach gewähltem Schwierigkeitsgrad – bei einer gesamten Einmalspielzeit von mindestens zehn Stunden gut dosiert und funktionieren auch hervorragend als Intermezzo. Obwohl Lost Heaven wie eine Open World konstruiert ist, ist die Stadt nicht wirklich offen. Es gibt keine betretbaren Geschäfte, keinerlei Nebenmissionen und auch keine Nebenbeschäftigungen. Was in der Kampagne nicht negativ auffällt, schlägt uns jedoch im Spielmodus Freie Fahrt auf den Magen. Das war im Original zwar nicht anders, für ein Spiel aus dem Jahr 2020 hätten wir uns aufgrund des Fehlens des Freie-Fahrt-Extrem-Modus mit seinen Bonusaufgaben aber über ein paar Zusätze gefreut. Hier dürfen wir lediglich die immerhin hübsch inszenierte Stadt erkunden, versteckte Fahrzeuge für unsere Garage entdecken und kleine Collectibles wie Comic-Hefte und Zigarettenbildchen aufklauben. Das ist nicht annähernd so motivierend wie das Verfolgen der spannenden Handlung, dürfte aber zumindest sammelwütigen Spielern ein paar Stunden mehr aus Mafia herausholen. Im Gegensatz zu Mafia III, das auf dem PC eine Katastrophe war, läuft Mafia trotz der gleichen Engine auch auf älteren Rechnern butterweich. Zeitgenössische Musik von Louis Armstrong, Duke Ellington oder Django Reinhardt machen die Autofahrten zu einem atmosphärischen Genuss, während der restliche Soundtrack eher zweckmäßig ist. Wer Mafia von 2002 nicht kennt, muss es aber nicht nachholen, denn die Mafia – Definitive Edition ist genau das Remake geworden, das dem Klassiker gerecht wird.

Geschrieben von Eric Ebelt

Erics Fazit (basierend auf der PC-Fassung): Mafia aus dem Jahr 2002 gehört, seitdem ich es zum ersten Mal gespielt habe, zu meinen absoluten Lieblingsspielen. Die packende Story überzeugt bis zum Schluss, denn anstatt mich nur in immer wieder gleiche Schießereien zu verwickeln, wie es die Grand-Theft-Auto-Reihe gerne macht, wiederholt Mafia die diversen Ansätze nicht und baut so über zwanzig Missionen aufeinander auf. Nachdem Hangar 13 mit Mafia III nur ein halbgares, aber immerhin noch ein halbwegs zufriedenstellendes Produkt abgeliefert hatte, habe ich nach der Ankündigung der Definitive Edition des ersten Teils Angst gehabt. Zu groß war meine Sorge, die Entwickler würden das Spiel mit unnötigem Ballast füllen. Stattdessen hat Hangar 13 die exakt gleiche Story erzählt und dabei sogar noch kleine Lücken gefüllt. So fühlt sich die Kampagne sogar noch runder an als beim Original im Jahr 2002. Schade finde ich nur, dass der Freie-Fahrt-Modus nur eine nette Spielerei ist. Da bietet selbst das fiktive und ebenfalls eingeschränkte Empire Bay aus Mafia II mehr Tiefgang. Dennoch kann ich das Spiel vor allem aufgrund seiner intelligenten Geschichte, seinen facettenreichen Charakteren und der mitreißenden Atmosphäre jedem Actionfan bedingungslos ans Herz legen, denn das Remake macht ein ohnehin schon sehr gutes Spiel noch ein kleines Stückchen besser.

Vielen Dank an 2K für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Mafia – Definitive Edition!

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