Review: Shin Megami Tensei III: Nocturne HD Remaster

In den Herzen der Shin-Megami-Tensei-Fans hat der dritte Teil mit dem Untertitel Nocturne einen ganz besonderen Platz. Das Remaster des einstigen PlayStation-2-Titels gibt uns nun zum ersten Mal auf einer Nintendo-Plattform die Möglichkeit herauszufinden, woran das liegt.

Anfang der 2000er-Jahre war die Shin-Megami-Tensei-Reihe hauptsächlich auf den PlayStation-Systemen zu Hause, danach vermehrt auf Nintendo-Plattformen. Im Gegensatz zu den Handheld-Ablegern wirkt Shin Megami Tensei III: Nocturne HD Remaster viel größer. Dafür sorgt die erkundbare dreidimensionale Welt, die Sprachausgabe und die technisch aufwändigere Inszenierung. Diese ist die Story auch allemal wert: Schon nach zehn Spielminuten verabschiedet sich das moderne Tōkyō und an dessen Stelle tritt eine wüste Apokalypse samt Weltuntergangsstimmung. Verantwortlich für den neuen Anstrich Tōkyōs ist ein fanatischer Kult, der in der Wiedergeburt der Welt einen Neuanfang sieht. Leider wurde Japans Hauptstadt auch mit Dämonen aller Art überflutet und die überlebenden Menschen haben es alles andere als leicht. In unserer Rolle als nichtsahnender Jugendlicher sind wir in diesem Chaos gleichzeitig Auserwählter und unbedeutender Zuschauer. Eigentlich sollten wir zu Beginn des Spiels ums Leben kommen, aber wie es das Schicksal will, erhalten wir eine zweite Chance und werden als Halbdämon wiedergeboren. So irren wir durch die Überreste Tōkyōs, lernen die neuen Strukturen der Welt kennen und versuchen die wenigen uns bekannten Figuren vor der Apokalypse aufzufinden. Wirklich freundlich sind die Leute, auf die wir treffen, kaum.

Deals mit Dämonen

Diejenigen, die uns nicht feindlich gesinnt sind, äußern sich kryptisch und lösen sich gerne mal in Luft auf. Das Dasein als Teildämon hat auch seine Vorteile: Mit den besonderen Fähigkeiten haben wir es leichter, uns gegen die aggressiven Dämonen zur Wehr zu setzen und diese zu rekrutieren. Natürlich ist auch dieses Shin Megami Tensei ein rundenbasiertes Rollenspiel, erneut mit ansehnlichem Schwierigkeitsgrad – weswegen uns jede Hilfe recht ist. Das Spiel ist nicht immer auf der Seite des Spielers. Wiederbeleben und Heilen kostet in der Regel Geld, nicht alle Truhen enthalten Geschenke und das Rekrutieren neuer Dämonen geht mit einem Risiko einher. Sprechen wir einen unserer Gegner im Gefecht an, eröffnet sich uns die Möglichkeit, um dessen Gunst zu werben. Oft verlangen sie von uns Items und Ressourcen und suchen dann doch noch das Weite. Hier ist viel Versuch und Irrtum im Spiel. Wir sehen die Dämonenjagd aber als Herausforderung, weswegen hier selten Frust entsteht. In den Kämpfen sieht das anders aus. Diese treten zahlreich auf, werden in Zufallsbegegnungen ausgelöst und gehen sehr flott von der Hand. An unserer Seite kämpfen bis zu drei Dämonen, die sich in Stärken, Schwächen und Fähigkeiten unterscheiden. Treffen wir im elementarbasierten System einen Schwachpunkt, erhalten wir für diese Runde einen zusätzlichen Zug.

„Gnädiger“ oder hoher Schwierigkeitsgrad

Verfehlen wir das Ziel, verlieren wir einen weiteren Aktionspunkt. Das alles gilt auch für die Gegner. Das Konzept sorgt für spannende Kämpfe, aber auch für wechselnde Stimmungen, wenn wir von einer Welle des Pechs heimgesucht werden. Auch die künstliche Intelligenz der Gegner macht keine Mätzchen. Hier ist bewusstes Vorgehen wichtig. Neue Dämonen austesten und auf die Resistenzen der Gegner zu achten ist Pflicht. Wer sich umschaut, findet starke Upgrades. Grind ist trotzdem ein notweniges Mittel – spätestens nach fünf Stunden Spielzeit sorgt der erste harte Bossgegner automatisch dafür. Neu im Remaster ist der kostenlos herunterladbare „gnädige“ Schwierigkeitsgrad, vor dem Spieler mit Problemen nicht scheuen sollten, ihn auszuprobieren. Als Halbdämon haben wir dieselben Fähigkeiten wie die Dämonen. Neue Fähigkeiten erlernen wir über Magatama. In diesem Spiel handelt es sich hierbei um parasitenartige Lebewesen, die wir in unseren Körper aufnehmen und so Statuswerte erhöhen und neue Skills erlernen. Rüsten wir ein Eis-Magatama aus, erlernen wir Eisangriffe und haben eine Resistenz gegenüber Eisattacken, sind dafür aber schwach gegenüber Feuer. Die Skills bleiben auch beim Wechsel auf ein anderes Magatama erhalten. Das motiviert uns sehr. Für weitere Motivation sorgt zudem der frei verteilbare Statuspunkt beim Levelaufstieg.

Verpasste Chance für Verbesserungen

Klassische Ausrüstungen gibt es nicht. Trotzdem lohnt es sich, Tōkyōs Ruinen, die wie Dungeons funktionieren und über eine Oberweltkarte verbunden sind, zu erkunden. Shin Megami Tensei III: Nocturne HD Remaster spielt sich wie PlayStation-2-Spiel in HD. Das merken wir vor allem an der fummeligen Steuerung, am Intro im 4:3-Format und den sperrigen Menüs. Vor allem an letzteren hätte ein wenig Aufwand viele Verbesserungen bewirkt. Die Umgebungen sehen nicht schlecht aus und Beleuchtungseffekte sorgen mit der düsteren Optik für eine visuelle Identität. Hinzu kommt, dass die Figuren ein markantes Charakterdesign besitzen und dank leichtem Cel-Shading-Stil auch heute noch erinnerungswürdig sind. Dies liegt aber auch daran, weil manche Charaktere besonders mysteriös wirken. Identität hat auch der Soundtrack, der in Erinnerung bleibt. Das Remaster verpasst hier die Chance, die Audioqualität der PlayStation-2-Version aufzuwerten. Das sollte ohne Weiteres möglich sein. Immerhin existieren die Tracks in wesentlich besserer Qualität. Im Hinblick auf die neue Sprachausgabe, die für die HD-Version angefertigt wurde, wirkt das noch unverständlicher. Dieser Unterschied ist im direkten Vergleich zu spüren. Im Spiel fällt er nicht so stark ins Gewicht. Damit bleibt Shin Megami Tensei III: Nocturne HD Remaster trotz einiger verpasster Möglichkeiten immer noch ein gutes und einzigartiges Rollenspiel. Jetzt kann der fünfte Teil kommen!

Geschrieben von Jonas Maier

Jonas’ Fazit (basierend auf der Nintendo-Switch-Fassung): Shin Megami Tensei III: Nocturne HD Remaster hat mir wirklich gut gefallen. Das Original kenne ich kaum, weswegen ich wirklich motiviert bin, mehr über die Spielwelt und ihrer eigenartigen Bewohner und Strukturen zu erfahren. Das liegt auch daran, dass das Setting von Shin Megami Tensei III auch heute noch ziemlich unverbraucht wirkt und sich in dieser kruden Welt kaum jemand um uns schert. Etwas nervig finde ich aber die Fülle an Zufallskämpfen, auch wenn mir die Auseinandersetzungen per se Spaß machen. Selbst in Städten und Einkaufspassagen bleibe ich vor diesen nicht verschont. Leider ist das Spiel in Teilen auch eine verpasste Chance, den Klassiker vollständig an den richtigen Stellen zu überarbeiten. Während dem Spielen fällt es mir trotzdem leicht, mich vollständig auf das Spiel einzulassen. Dafür verlangt es mir einfach zu viel Aufmerksamkeit ab.

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