Review: Mario Strikers: Battle League Football

2005 hatte Nintendos schnauzbärtiges Allroundtalent im GameCube-Spiel Mario Smash Football seine erste Berührung mit dem Fußballsport. Anderthalb Jahre später folgte 2007 mit Mario Strikers Charged Football auf der Wii der Nachfolger. Danach wurde es still um die Serie.

Mit Mario Strikers: Battle League Football wollen Publisher Nintendo und Entwicklerstudio Next Level Games nach über fünfzehn Jahren diese Stille brechen. Als das Spiel im Februar 2022 während einer fast schon legendären Nintendo-Direct-Ausgabe angekündigt wurde, sind Fans der beiden Vorgänger ausgerastet. Entsprechend hoch war die allgemeine Erwartungshaltung an das arcadelastige Fußballspiel. Vorweg können wir sagen, dass die meisten Hoffnungen und Wünsche wohl nicht erfüllt werden. Auch wenn die Spielmechaniken im Grunde gut bis sehr gut funktionieren, bietet das Spiel in puncto Umfang viel zu wenig. Mario Strikers: Battle League Football hinkt der Konkurrenz meilenweit hinterher. Starten wir den Titel zum ersten Mal, wird uns das Tutorial offeriert. Wir müssen dieses zwar nicht absolvieren, um in die anderen Modi einzutauchen, doch empfehlen wir jedem, die circa einstündige Einführung über sich ergehen zu lassen. Richtig gehört: Das gut gemeinte Tutorial dauert ungefähr eine Stunde, bis uns tatsächlich jede Aktion beigebracht wurde. In diesem Aspekt ist zu erkennen, dass die Spielmechanik des Arcade-Fußballspiels durchaus komplex und in manchen Punkten vielleicht auch etwas zu kompliziert ist. So gut wie jeder Knopf der Switch beziehungsweise des Pro Controllers wird verwendet, was Anfänger vor große Hürden stellt.

Enttäuschender Umfang

Durch stete Wiederholung in Fußballspielen sind zwar auch die kniffligeren Tricks irgendwann gelernt, doch Mario Strikers: Battle League Football verhindert durch den verzahnten Aufbau der Steuerung, dass Freunde mal eben schnell mit uns ins Spiel eintauchen können. Das ist gerade deshalb so schade, da der Titel vor allem auf seinen Mehrspielermodus setzt. Wer die Steuerung nicht beherrscht, wird insbesondere online kaum bis gar keine Chance gegen seine Gegner haben. Spieler, die ohnehin nicht bereit sind, eine kostenpflichtige Nintendo-Online-Mitgliedschaft abzuschließen, haben ohnehin kaum etwas vom Spiel. Solisten können sich entweder an Pokalen, bei dem sie mehrere Spiele hintereinander überstehen müssen, oder am Einzelspiel versuchen. In letzterem können verschiedene Einstellungsmöglichkeiten vorgenommen werden. Beispielsweise ob das Fußballspiel drei, vier, fünf oder zehn Minuten andauern soll, Hyperschüsse möglich sind, Items auf dem Rasen auftauchen und wie stark die künstliche Intelligenz der Gegner bemessen ist. Hier macht das Spiel grundsätzlich alles richtig, da wir das Match unseren Vorlieben entsprechend individualisieren können. Bei den Pokalspielen haben wir diese Option nicht. In diesen dauert jedes Match vier Minuten und die Gegnerstärke nimmt erst zum Ende etwas hin zu. Da wäre doch so viel mehr möglich!

Ideenlose Umsetzung

Beispielsweise hätten wir uns über einen Story-Modus gefreut, in dem wir Schusstechniken, Tricks und alle anderen Mechaniken mit der Zeit erlernt hätten, anstatt dies alles in rudimentäre Tutorials zu knallen, was wir nach einer Stunde eh nicht alles perfekt beherrschen. Auch Spezialaufgaben, Turniere, Karrieremodi oder Minispiele hätten dem Umfang des Spiels gut getan und noch dazu für deutlich mehr Abwechslung gesorgt. Es ist nicht einmal möglich, die Pokale in unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen anzugehen, wie es beispielsweise bei Mario Kart 8 Deluxe möglich ist. Freischaltbare Inhalte gibt es ebenfalls nicht. Von Beginn an stehen zehn Charaktere und fünf Stadientypen zur Auswahl. Wie gesagt, in puncto Umfang ist der Titel ein großer und noch dazu schlechter Witz. Nintendo und Next Level Games verschenken hier unglaublich viel Potenzial. Mario Strikers: Battle League Football wirkt unvollständig und in so manchem Aspekt sogar regelrecht unfertig, inspirationslos und einfach nicht zu Ende gedacht. Beispielsweise besteht jedes Stadion aus zwei Hälften wie einer Pilzlandschaft oder einem feurigen Schloss. Anstatt dass die beiden Stadienhälften unterschiedliche Auswirkungen auf die teilnehmenden Spieler oder sogar besondere Merkmale hätten, die für Abwechslung sorgen würden, sind die Stadienhälften rein kosmetischer Natur. Langweilig!

Gute Spielbarkeit in einem Haufen Chaos

Immerhin erhalten wir für gewonnene Spiele oder Pokale Goldmünzen, mit denen wir uns im Shop für jeden Spieler neue Ausrüstungsgegenstände kaufen können. Diese verändern Attribute wie Geschwindigkeit oder Technik. Für jeden Bonus gibt es einen gleichwertigen Malus, sodass Mario Strikers: Battle League Football stets fair bleibt. Wir werden dazu angetrieben, verschiedene Charaktere mit unterschiedlicher Ausrüstung auszuprobieren. Wem das nicht gefällt, kann vor einem Match auch auf die normalen Werte von Mario, Peach, Bowser, Rosalina, Toad, Yoshi und Co setzen. Der Titel lässt sich trotz aller Unkenrufe prima steuern, sofern es mal nicht zu chaotisch wird. Wir laufen übers Feld, passen den Ball auf zwei Ebenen unseren drei Mitspielern auf dem Feld zu, nutzen geschicktes Tackling, um den Gegnern den Ball abzuluchsen, sammeln Items wie Bananenschalen oder Schildkrötenpanzer zum Behindern der Gegner ein und nutzen jedwede Torchance. Haben wir eine leuchtende Kugel eingesammelt, können wir mit einem aufgeladenen Schuss auch einen Hyperschuss versuchen. Ist dieser erfolgreich, verdienen wir gleich zwei Punkte für das Tor. Schade ist nur, dass wir den Torwart nicht selbst spielen können und es bei der künstlichen Intelligenz nicht immer zum Besten steht. Einzelspieler haben es mit Mario Strikers: Battle League Football schwer. Wer aber bis zu sieben Freunde vor dem Fernseher versammeln kann, erlebt eine Wahnsinnsgaudi!

Geschrieben von Eric Ebelt

Erics Fazit: Es ist schon faszinierend, wie sich im Nachhinein eine fast schon legendäre Nintendo-Direct-Ausgabe selbst zerlegt. Chrono Cross erschien als technisches Desaster. Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp wartet noch immer auf einen Release-Termin, wenn auch aus nachvollziehbaren Gründen. Mario Strikers: Battle League Football ereilt nun dasselbe enttäuschende Schicksal wie Nintendo Switch Sports. Das Spiel wirkt an allen Ecken und Enden unfertig. Niemand bei Next Level Games kann ernsthaft geglaubt haben, dass ein Vollpreistitel mit diesem Umfang veröffentlicht werden darf. Natürlich funktionieren die grundlegenden Spielmechaniken trotz des auf dem Bildschirm oft vorhandenen Chaos recht anständig. Auch die Möglichkeit, dass ich meine Charaktere per erwerbbarer Ausrüstung anpassen kann, ist eine gute Idee, um Abwechslung ins Spiel zu bringen. Gerade einmal zehn Charaktere und fünf Stadien, die noch dazu rein kosmetischer Natur sind, sind aber genauso schwach wie der eigentliche Umfang des Spiels. Vor allem Einzelspieler werden enttäuscht, denn neben dem Einzelspiel und sechs relativ schnell zu erreichenden Pokalen wird ihnen hier nichts geboten. Wer häufig online spielt, kann aber dennoch seine Freude haben. Auch vor dem heimischen Fernseher könnte das Spiel für Mehrspielerpartien überzeugen, wäre da nicht das ausufernde Tutorial und die für Anfänger etwas zu komplizierte Steuerung. Wem es gelingt, diese Hürden zu überwinden, wird reichlich Spaß haben. Ansonsten bleibt abzuwarten, wie das Spiel über Monate oder vielleicht Jahre hinweg mit den bereits angekündigten kostenlosen Updates bereichert wird. Im aktuellen Zustand lässt sich der Titel aber genauso wie Nintendo Switch Sports wunderbar ignorieren.

Vielen Dank an Nintendo für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Mario Strikers: Battle League Football!

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s