Seit 1999 ist die Valkyrie-Profile-Reihe eine der Videospielserien von Square Enix, die relativ wenig Aufmerksamkeit bekommt. Mit dem am 23. September 2022 veröffentlichten Action-Rollenspiel Valkyrie Elysium will der Publisher dem Franchises neues Leben einhauchen.
Valkyrie Elysium spielt in einer Welt, die im Begriff ist, unterzugehen. Um den als Ragnarök bezeichneten Weltuntergang abzuwehren, erschafft Allvater Odin mit letzter Kraft eine Walküre. In deren Rolle schlüpfen wir prompt nach dem Intro. Als Seelenhäscherin sollen wir aus der Welt der Asen, sprich Asgard, ausziehen, um in der Welt der Menschen, Midgard genannt, die Seelen Verstorbener zu läutern. Außerdem steht auf unserer Agenda das Sammeln mythologischer Artefakte, damit Odins göttliche Kräfte zurückkehren und die Welt gerettet werden kann. Aufgeteilt in neun Kapitel erfahren wir mehr und mehr über die Hintergründe der Welt. Durch Fortschritte in der Story schließen sich uns gefallene Kämpfer, die sogenannten Einherier, an. Diese verraten weitere Details über die Umstände des Untergangs, bleiben dabei aber genauso vage wie der Rest des Spiels. Erst im letzten Spieldrittel, in dem sich der Antagonist offenbart, wird Valkyrie Elysium konkreter. Da das Spiel zudem über mehrere Enden verfügt, die jeweils verschiedene aufgeworfene Fragen beantworten, kann die Geschichte nicht vollends glänzen. So bleibt der Titel in dieser Disziplin lediglich mittelmäßig. In Anbetracht der nordischen Mythologie, die als Vorlage dient, ist das wirklich bedauerlich. Trotzdem schließen wir die illustren Charaktere schnell ins Herz und fiebern bis zum Abspann mit ihnen mit.
Schmale, aber inhaltsreiche Spielwelt
Beim Gameplay lässt sich Valkyrie Elysium ins gehobene Mittelmaß einordnen. Mit der Walküre erkunden wir größere, aber weitgehend schlauchartige Gebiete aus der Verfolgeransicht. Überall am Wegesrand lassen sich blumenartige Hohlblüten einsammeln, die wichtige Informationen Verstorbener verraten. Diese machen in Anbetracht der elegischen Grundstimmung zwar einen wesentlichen Teil der Atmosphäre aus, doch interessanter dürften für die Walküre jede Menge Schatztruhen sein. In der Regel finden wir in diesen nützliche Tränke und Juwelen zum Verbessern unserer Fähigkeiten und Waffen. Gelegentlich stolpern wir aber auch über Ambrosia, das in drei unterschiedlichen Formen unsere Energieleisten verbessert. Auch Runen und Schriftrollen für neue Fähigkeiten sind in den Truhen zu finden. Daher empfehlen wir, die Spielwelt bis in die letzten Winkel abzusuchen. Es lohnt sich! Hilfestellung leistet die Übersichtskarte, die stets das ganze aktuelle Gebiet darstellt – inklusive Fundorten von Hohlblüten und freischaltbaren Nebenquests. Auf der einen Seite können wir zwar so keine wichtigen Inhalte verpassen, doch auf der anderen Seite bremst das ständige Nachschauen auf der Karte den Spielfortschritt im Minutentakt. Eine andere Form der Darstellung wäre in unseren Augen wohl die bessere Welt gewesen. Valkyrie Elysium hat aber andere Qualitäten zu bieten.
Flüssige Action in den Kämpfen
Allen voran ist hiermit das Kampfsystem gemeint, denn in flotten Echtzeit-Kloppereien legen wir uns mit den Untoten an, die sich uns regelmäßig in den Weg stellen. Zum Attackieren der Gegner steht uns ein peu à peu ansteigendes Arsenal an Schwertern und Speeren zur Verfügung. Mit leicht zu erlernenden Kombinationsangriffen geht es den Feinden an den Kragen. Sobald wir Einherier befehlen können, dürfen wir diese temporär als Unterstützung an unsere Seite zitieren. Dies macht die Kämpfe in gewisser Weise zwar unübersichtlicher, aber auch sehr viel angenehmer. So verfügt jeder Gegner in Valkyrie Elysium über eine Schwäche, die einem Element wie Feuer, Eis oder Licht zugeordnet ist. Sobald wir einen Einherier beschwören, erlangen wir zeitweise auch dessen Element und können bei den jeweiligen Gegnern wie Drachen, Steinstatuen, Gargoyles, Wölfen und anderem Getier ordentlich Schaden austeilen. Das Beschwören von Einherier zerrt jedoch an unserer Seelenenergie, die sich nur im Kampf, durch seltene Seelenelixiere und an Speicherkristallen auffüllen lässt. Noch dazu ist es möglich, dass wir die durch Schriftrollen gelernten Künste einsetzen, um damit beispielsweise Blitze, Meteore und Co herbeizuzaubern. Dies reduziert jedoch die Künste-Anzeige, die sich wiederum durch Treffer bei Gegnern auffüllen lässt. Es ist quasi ein geschlossener Kreislauf.
Juwelen und noch mehr Juwelen
Besiegte Gegner hinterlassen übrigens Juwelen, die wir im Charaktermenü in konsekutive Fähigkeiten investieren. Früher oder später können wir uns so zum Beispiel an Gegner heranziehen und dabei einen besonderen Angriff starten. Auch Schadensreduktionen und eine höhere Gesundheitsleiste sind möglich. Letzteres ist besonders wertvoll, da stärkere Gegner in der Lage sind, mehrere Angriffe zu verketten und uns schneller nach Walhalla schicken als uns lieb ist. Werden wir niedergestreckt, können wir am letzten Kontrollpunkt starten oder über den Umweg über den Titelbildschirm auch einen früheren Spielstand laden. Damit es erst gar nicht so weit kommt, sollten wir die Juwelen an Speicherkristallen auch in unsere Waffen stecken. Mit diesen können wir dann deutlich mehr Schaden austeilen. Haben die Waffen darüber hinaus ein bestimmtes Level erreicht, lassen sich auch ein bis zwei Runen, die wir jederzeit auswechseln dürfen, verarbeiten. Wer also gerne noch mehr Schaden anrichten, sich besser vor gegnerischen Angriffen schützen oder lieber schneller seine Energieleiste auffüllen will, hat in Valkyrie Elysium die Qual der Wahl. Um alle Fähigkeiten zu lernen und alle Waffen aufs Maximum zu bringen, ist im Übrigen so gut wie keine Wiederholung einzelner Kapitel nötig. Juwelen gibt es überall zuhauf zu finden – unserer Walküre gefällt das!
Sinnfreie Rätsel
Trotz allem versucht Valkyrie Elysium in puncto Schwierigkeitsgrad kleinere Hürden einzubauen. So benötigen wir für bestimmte Fähigkeiten oder Waffenstufen Juwelen, die es erst ab einem bestimmten Gebiet zu finden gibt. Wer also darauf hofft, sich von Anfang an auf nur eine Waffe zu konzentrieren, um die Ragnarök vorschnell auszulösen, hat dazu keinerlei Gelegenheit. Uns gefällt dieses Konzept, da wir so niemals das Gefühl haben, übermächtig zu sein. Diese Befriedigung stellt sich höchstens zum Ende hin ein, wenn wir uns nur so durch die Gegner schnetzeln. Darüber hinaus bietet Valkyrie Elysium ein paar Rätsel, die aber bestenfalls als anspruchslos zu bezeichnen sind. Beispielsweise versperren uns in regelmäßigen Intervallen verschlossene Türen den Weg. Der Schlüssel befindet sich meistens zehn Meter weiter in einer Truhe, die wir einfach so aufschließen können. Außerdem gibt es hin und wieder Stellen wie Dornenranken und Abgründe, die wir nur mit einem bestimmten Einherier aus dem Weg räumen oder überwinden können. Bis auf eine brüchige Mauer im ersten Areal, für die ein weiterer Besuch zwingend notwendig ist, da wir zu diesem Zeitpunkt noch keinen Einherier haben, ist das aber großer Quatsch. Wenn schon solche Metroid-Elemente eingebaut werden, dann sollte auch die Spielwelt so strukturiert sein. Das ist aber nicht der Fall.
Heftiges Bedienungsdefizit
Es wäre doch richtig schön gewesen, in ältere Gebiete später zurückzukehren und mit neuen Fähigkeiten bis dahin verschlossene Areale zu öffnen. Stattdessen arbeitet Valkyrie Elysium mit Nebenquests, die wie bereits erwähnt, zunächst freigeschaltet werden müssen. So stoßen wir in der Spielwelt auf umherirrende Seelen oder selten auch mal Menschen, die uns einen Auftrag erteilen. Sobald wir nach Abschluss des Kapitels zurück in Walhalla sind, können wir ähnlich wie bei Nioh über eine Liste die Nebenquest auswählen und anschließend in einem extra zu diesem Zweck abgesteckten Teil der Spielwelt zur Mission aufbrechen. Trotz ganz passabler Nebengeschichten müssen wir stets nur ein Item finden oder Monster niederstrecken. Das ginge bestimmt besser. Selbiges betrifft die Steuerung des Spiels. So liegt der Eingabebefehl auf der L2-Taste, die auf der PlayStation 5 aufgrund des analogen Druckpunkts zudem viel zu empfindlich reagiert und damit ständig die Seelenkette aktiviert, die wir außerhalb der Kämpfe viel zu selten benötigen. Das nervt ungemein. Unserer Meinung nach sollten die Entwickler dringend die Intensität in der PlayStation-5-Fassung abschwächen, denn gerade dies macht uns beim Spielen regelrecht wahnsinnig. Dass das den Entwicklern spätestens bei der Qualitätssicherung nicht aufgefallen sein könnte, ist schlicht und einfach nicht möglich.
Action-Rollenspiel der vorletzten Generation
Bitte nicht falsch verstehen. Dank der seichten Rätselkost spielt sich Valkyrie Elysium, zumindest bis auf den ersten Waldabschnitt und abseits der Hohlblütensuche, flüssig. Es hätte aber sehr viel besser sein können, wenn die Spielwelt schlicht anders aufgebaut wäre. Bis auf simple wie seltene Raumkonstruktionen rasen wir durch Schlauchabschnitte und gucken uns hier und da mal eine kleine Ruine an und stolpern vielleicht über Schatztruhen. Auch dies soll bitte nicht falsch verstanden werden. Es passt zum schmalspurigen Gameplay, das sich auf die Kämpfe konzentriert. Allerdings kommt das Spiel in dieser Form zum Veröffentlichungszeitpunkt zwölf bis fünfzehn Jahre zu spät. Die grauen bis braunen Texturen passen zwar zur Atmosphäre, zeigen aber genau das Bild, wie viele Titel in der PlayStation-3- und Xbox-360-Ära ausgesehen haben. Würde das Spiel nicht so flüssig laufen, würden wir auch anhand von ein paar Effekten und den hölzernen Gesichtsanimationen auf den Gedanken kommen, einen wesentlich älteren Titel zu spielen. Dafür passt wiederum der Soundtrack von Komponistenlegende Sakuraba Motoi, der zuvor an Tales of Arise gearbeitet hat. Auch wenn das nicht alle Defizite wettmacht, dürfen Fans von Action-Rollenspielen einen Blick riskieren. Kämpfe, Charaktere, Setting und Musik machen je nach Spielertyp 12 bis 25 Stunden lang Laune.
Geschrieben von Eric Ebelt
Erics Fazit (basierend auf der PlayStation-5-Fassung): Da ich die vorherigen Serienteile bis heute allesamt nicht gespielt habe, kann ich nicht sagen, ob mir das Gameplay im Stile der früheren Episoden besser gefallen würde. Mit Valkyrie Elysium habe ich aber durchaus meinen Spaß. Vor allem die Kämpfe, die sowohl simpel als auch komplex sein können, gefallen mir ziemlich gut. Es macht einfach Laune, sich durch die Gegnerhorden zu metzeln und dazwischen die elegische Grundstimmung der untergehenden Welt zu inhalieren. Ebenfalls finde ich es gut, dass die Charakterentwicklung an den Spielfortschritt gekoppelt ist. So werde ich niemals zu früh übermächtig, was dem Schwierigkeitsgrad in meinen Augen sehr zugute kommt. Anders sehe ich es beim Aufbau der Spielwelt und den Möglichkeiten, die mir als Spieler in die Hand gedrückt werden. So erhalte ich hin und wieder neue Optionen, Hindernisse zu überwinden. Wenn diese Hindernisse aber bis auf eine einzige Stelle nicht dazu einladen, in bisherige Gebiete zurückzukehren, dann hätten es sich die Entwickler genauso sparen können wie das Aufspüren von Schlüsseln, die nur ein paar Schritte neben der verschlossenen Tür in einer Truhe auf mich warten. Es ist wirklich zum Haareraufen! Durch die allgemein sehr lineare Spielwelt und die überwiegend grauen und braunen Texturen wirkt das Spiel zudem noch wie ein Spiel für die vorletzte Konsolengeneration, das aber bis auf wirklich sehr seltene Einbrüche in der Bildwiederholrate flüssig läuft. Wer sich auf Valkyrie Elysium einlassen will, muss mit diesen Tatsachen zurechtkommen. Sind die Defizite und komischen Designentscheidungen aber einmal verinnerlicht, kann der Titel 12 bis 25 Stunden wunderbar mit den Kämpfen, den Charakteren, dem Setting und der Musik punkten.
Vielen Dank an Square Enix für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Valkyrie Elysium!