Während im April 2022 die erste Volume der Anime-Serie Sing “Yesterday” for me ihren Weg in den deutschsprachigen Handel fand, reichte der hiesige Herausgeber Kazé Anime im Mai 2022 die zweite Ausgabe nach. Diese führt die Geschichte zu einem gelungenen und überraschenden Abschluss.
Im Mittelpunkt der Fortsetzung der Geschichte von Sing “Yesterday” for me steht wie bereits in der ersten Serienhälfte der Schwerenöter Uozumi Rikuo, der im Leben inzwischen ein wenig besser vorankommt. Mittlerweile erhält der Zuschauer jedoch auch einen besseren Eindruck in das Gefühlsleben der anderen drei Protagonisten. Nonaka Haru hat sich in Rikuo verliebt, wird von diesem aber weitgehend wenig beachtet. Stattdessen kommen sich Rikuo und seine Jugendliebe Morinome Shinako wieder ein wenig näher. Dies torpediert allerdings im Umkehrschluss die zwischenmenschliche Beziehung von Shinako und Hayakawa Rō, dem Bruder von Shinakos verstorbenem Freund. So drehen sich die Protagonisten, die sich auch allesamt untereinander kennen, ständig im Kreis. Romantik und Liebe sind die zwei großen Themen, nach denen sich die Figuren sehnen. Oft stehen sie davor, einen entscheidenden Schritt zu machen, nur damit sich die Geschichte noch einmal in eine ganz andere Richtung dreht. Im Gegensatz zu vielen anderen Anime-Serien lässt Sing “Yesterday” for me auch über das eigene Leben nachdenken, da sicherlich viele Zuschauer ganz ähnliche Situationen schon einmal selbst erlebt haben. Durch das sehr langsame Tempo und die gefühlsbetonte Erzählweise behandelt die Serie die Thematik erneut in einer sehr angemessenen Weise.
Melancholische Grundstimmung
An der technischen Prämisse hat sich seit den ersten Episoden von Sing “Yesterday” for me nicht viel geändert. Die Hintergründe wirken in der zweiten Serienhälfte immer noch so, als seien sie abfotografiert und anschließend überzeichnet worden. Das urbane Setting ist damit ebenso erwachsen und realitätsnah eingefangen wie die Handlung im Allgemeinen. Hinzu kommt, dass die meisten Szenen in der Dämmerung, am Abend oder in der Nacht spielen. Gibt es dann dennoch mal eine Sequenz, die tagsüber spielt, verdecken häufig Wolken den Himmel oder es regnet wie aus Kübeln. Kommt es selten mal zu Sonnenschein, werden die Schattierungen an den Figuren ungewöhnlich stark charakterisiert. Die Stimmung wird damit sehr melancholisch ausgeschmückt. Trotzdem gibt es immer wieder Lichtstellen, die die Dunkelheit verdrängen und dem Szenario einen hoffnungsvollen Anstrich verleihen. Im 16:9-Format und in der Auflösung von 1080p kommen aber nicht nur die Hintergründe zur Geltung. Auch die erwachsenen Charaktermodelle passen mit ihren Proportionen in das Gesamtbild. Die Animationen sind flüssig und die Bewegungen der Charaktere, die zumeist auf Mimik und Gestik zurückzuführen sind, unterstreichen ihre Handlungen parallel zu der erzählten Handlung von Sing “Yesterday” for me wunderbar und sind fast schon einzigartig.
Erinnerungswürdiger Abschied
Animationsstudio Dōga Kōbō, das sich ebenfalls für die Anime-Serie How heavy are the Dumbbells you lift? verantwortlich zeigt, war es aber nicht nur wichtig, Sing “Yesterday” for me visuell ansprechend zu gestalten. Auch die musikalische Note kommt auf mehreren Ebenen hervorragend zur Geltung. Im Tonformat DTS-HD Master Audio 2.0 untermalen ruhige Klänge die melancholische Atmosphäre. Ausgeliefert wird Sing “Yesterday” for me in einer normalen Blu-ray-Hülle im Pappmantel. Im Regal macht so etwas einiges her! Obwohl die äußeren Merkmale positiv wirken, enttäuscht die zweite Volume der Serie allerdings mit dem Bonusmaterial. Kurzum: Es gibt keines, weder digital noch physisch. Das ist vor allem deshalb schade, da der Manga, auf dem der Anime basiert, in den 1990er-Jahren entstand und fünf Jahre vor der Ausstrahlung der ersten Episode bereits abgeschlossen wurde. Der Zuschauer hätte in Form von Interviews, Making-ofs und Co einen kleinen, aber dennoch guten Einblick in die Umsetzung vom Anime zum Manga erhalten können. So wird der Zuschauer diesbezüglich am Ende traurig zurückgelassen. Der eigentlichen Anime-Serie schadet dies aber nicht. Diese ist über jeden Zweifel erhaben und erzählt eine von Anfang bis Ende gelungene Handlung, an die sich der Zuschauer noch Jahre nach dem ersten Ansehen erinnern wird.
Geschrieben von Eric Ebelt
Erics Fazit (basierend auf der Blu-ray-Fassung): Mit der zweiten Volume von Sing “Yesterday” for me ist Animationsstudio Dōga Kōbō eine wunderbare zweite Serienhälfte gelungen. Die Geschichte wird in einem ähnlich langsamen Trott vorangetrieben. Tatsächlich funktioniert die zweite Serienhälfte diesbezüglich sogar besser, da die Charaktere bereits etabliert sind und dies einen tiefgehenden Einblick in ihre Gefühlswelt ermöglicht. Häufig hat die Anime-Serie dabei einen melancholischen Unterton, aber ohne dabei viel zu sehr auf die Tränendrüse zu drücken, wie es bei vergleichbaren Werken wie etwa Die Ewigkeit, die du dir wünschst häufig der Fall ist. Trotzdem gelingt es der Anime-Serie am Ende für so gut wie jeden Charakter eine Lösung zu finden, was den Zuschauer mit einem wohligen Gefühl zurücklässt. Unterm Strich bleibt eine langsam, aber angenehm erzählte Geschichte, die mit ihren tiefgründigen Charakteren und realitätsnahen Situationen unvergessen bleibt. Wer die erste Volume von Sing “Yesterday” mochte, wird sich die Episoden der zweiten Ausgabe ebenso gerne anschauen wollen.
Vielen Dank an Kazé Anime für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Sing “Yesterday” for me (Vol. 2)!