Review: Battlefield V

Nachdem Electronic Arts im Jahr 2016 mit Battlefield 1 in den Ersten Weltkrieg aufbrach und damit neue Gefilde in der langjährigen Ego-Shooter-Reihe erschloss, rudert der Publisher mit Battlefield V zurück und schickt uns erstmals seit 2009 wieder in den Zweiten Weltkrieg. Ein Unterfangen, das unterm Strich jedoch zumindest teilweise besser hätte ausfallen können.

Als das Deutsche Reich am 1. September 1939 sein Nachbarland Polen überfiel und damit die Nationen der Erde endgültig in den Zweiten Weltkrieg stürzte, dauerte es nur zwei kurze Tage, bis das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland Adolf Hitlers nationalsozialistische Regime den Krieg erklärte. Mit Sir Winston Leonard Spencer-Churchills berühmter Rede beginnt die Anfangssequenz von Battlefield V und zeigt danach diverse nahtlos ineinander übergehende Gefechte der darauffolgenden sechs langen Jahre, die der Krieg in Europa verschlingen sollte. Diese fallen zwar allesamt sehr kurz aus, sind aber durchweg spielbar. 1940 steht der Nachtangriff britischer Infanterie auf das Dock der norwegischen Stadt Narvik im Mittelpunkt, während das Jahr 1941 mit dem letzten Durchbruch der Deutschen im libyschen Ṭubruq symbolisiert wird. Algerische Landstriche, die deutsche Hansestadt Hamburg und das niederländische Nijmegen sind drei weitere Schauplätze, die in der Einleitung thematisiert werden. Begleitet mit melancholischer Musik wird hier die Sinnlosigkeit des Krieges ausgedrückt. Battlefield V konzentriert sich im weiteren Verlauf der übersichtlichen Kampagne sowie im Mehrspielermodus nur auf den europäischen und nordafrikanischen Raum, der für den Zweiten Weltkrieg nicht unerhebliche Pazifikkrieg wird dabei ausgeklammert. Das ist aber nicht schlimm, denn das Ausmaß des Krieges wird auch sehr verständlich ausgedrückt.

Drei sehr kurze Szenarien

Aufgeteilt ist die Kampagne von Battlefield V in gerade einmal drei einzelne und dazu auch noch sehr kurze Szenarien. Im Kapitel „Unter kleiner Flagge“ wird die so genannte Special Boat Section vorgestellt, die in Nordafrika aktiv war. Der Spieler schlüpft im Jahr 1940 in die Haut von William S. Bridger, dessen Karriere als Bankräuber glimpflich im Gefängnis endete. Gezwungenermaßen soll er als „Freiwilliger“ mit seiner Truppe Munitionslager der Deutschen sprengen, was schlussendlich in reichlich Chaos endet und die Wirren des Krieges beschreibt. Solveig Fia Bjørnstad ist hingegen eine Widerstandskämpferin, die im Szenario „Nordlys“ im norwegischen Rjukan zunächst ihre Mutter Astrid befreien und daraufhin verhindern muss, dass den Nationalsozialisten im Jahr 1943 Deuteriumoxid für den Bau möglicher Atomwaffen in die Hände fällt. Beide Szenarien zeichnen sich dadurch aus, dass ein Teil der spielbaren Abschnitte sehr offen gestaltet sind und damit aus dem Raster des sonst eher schmalspurigen Ego-Shooter-Genres fallen. Das norwegische Szenario erinnert mit seiner Struktur auch an diverse Spionagefilme oder Stealth-Action-Titel. Im dritten und eher etwas lineareren Szenario „Tirailleur“ dreht sich alles um den titelgebenden Tirailleur Deme Cisse, der aus dem Sénégal stammt und für sein „Heimatland“ Frankreich, das er wohlgemerkt nie zuvor gesehen hat, im Herbst des Jahres 1944 in der südfranzösischen Provença kämpfen soll.

Überfällige mutige Entscheidung

Im Gegensatz zu Battlefield 1, in dem gleich fünf Kriegsgeschichten von Beginn an zur Verfügung stehen, ist der Umfang des Einzelspielermodus in Battlefield V leider unverkennbar geschrumpft. Am 4. Dezember 2018 hat Electronic Arts aber noch ein viertes Szenario nachgeliefert, was an dieser Stelle ganz besondere Erwähnung finden sollte. In „Der letzte Tiger“ schlüpft der Spieler erstmals in der Battlefield-Reihe in die Haut eines deutschen Soldaten, in diesem Falle Kommandant Peter Müller. Im Rhein-Ruhrgebiet kämpft er zusammen mit seiner kleinen Gruppe in den letzten Tagen des Krieges gegen die von Südwesten anrückenden US-Truppen. Besonderheit dieses Szenarios ist nicht etwa die, dass fast die ganze Zeit im Panzer gefahren werden darf, sondern viel eher, dass sich endlich mal ein Entwickler traut, den Zweiten Weltkrieg aus der deutschen Sicht zu erzählen. Dies gelingt Entwicklerstudio Digital Illusions Creative Entertainment insofern, dass sie Spielfigur Müller leicht an der nationalsozialistischen Doktrin zweifeln lassen, aber auch Figuren inszenieren, die dem Führer auf Basis ihres Eids blind bis in den Tod folgen. Da alle vier Szenarien jedoch viel zu kurz ausfallen, können sämtliche Persönlichkeiten leider nicht so stark charakterisiert werden, wie sie es eigentlich verdient hätten. Wenn die Anzahl der Szenarien schon minimiert wird, hätten die Entwickler ruhig an deren Länge schrauben und sie tiefgründiger erzählen dürfen.

Abwechslungsarme Ziele

An dieser Stelle sei ergänzend gesagt, dass sich auch Battlefield V vorwiegend an Mehrspieler-Enthusiasten und weniger an Einzelgänger richtet. Zwar sind alle Szenarien ähnlich spannend, mal mehr und mal weniger interessant gestaltet, doch nach circa sieben bis acht Stunden sollte jeder Spieler die Kriegsgeschichten, die im Endeffekt auf irgendwelche explodierenden Stützpunkte oder die Verteidigung einer Basis hinauslaufen, abgeschlossen haben. In puncto Schwierigkeitsgrad sollte dabei zumindest die normale Stufe gewählt werden, da der leichte Schwierigkeitsgrad jedweden Feind zur Schießbudenfigur verkommen lässt. Der Mehrspieleranteil untergliedert sich ebenfalls wie gehabt in mehrere Modi, die sich jedoch sehr stark ähneln. In „Vorherrschaft“ sollen Flaggen erobert und gehalten werden. Nebenher sollen dann noch möglichst viele Abschüsse geliefert werden, um die Infanterie des Gegners soweit es nur möglich ist, zu dezimieren, um die oft hitzige Schlacht für sich zu entscheiden. Im Modus „Durchbruch“ werden der Reihe nach mehrere Sektoren erschlossen, was ebenfalls über die Eroberung von Flaggen geschieht. Des Weiteren gibt es noch den Modus „Frontlinien“, in dem sich das Schlachtfeld dem Titel entsprechend verschiebt. Hinzu kommen der selbsterklärende Team-Deathmatch-Modus und die „großen Operationen“, in denen all das zusammenläuft und über mehrere Spieltage verteilt von den Spielern in Angriff genommen werden darf.

Einzigartiges Kriegsgeschehen

Obwohl es sowohl im Einzelspieler- als auch im Mehrspielermodus am Ende oft aufs Gleiche hinausläuft, unterscheidet sich vor allem das Spielen mit Freunden und unbekannten Spielern aufgrund der Klassen Sturmsoldaten, Sanitäter, Versorgungstrupp und Aufklärer stark, da alle Klassen unterschiedliche Rollen einnehmen. Während Sturmsoldaten vorpreschen, kümmern sich Sanitäter um Verletzte auf dem Schlachtfeld. Wer im Kampf besiegt wird, ist in Battlefield V übrigens nicht gleich völlig handlungsunfähig. Es ist dann immer noch möglich, nach Hilfe zu schreien. Erreicht ein Sanitäter oder gar ein Mitglied der eigenen Truppe in der Nähe den Verwundeten innerhalb einer bestimmten Frist, kann dieser an Ort und Stelle wiederbelebt werden. Ebenfalls gelungen ist die Möglichkeit, nahezu alle Gebäude auf dem Schlachtfeld in Schutt und Asche zu legen. Hat eine Hauswand zuvor physischen Schutz vor feindlichen Einheiten gewährleistet, bleibt nach einem Panzerangriff nicht mehr viel davon übrig. Auch wenn sich die Entwickler für Battlefield V eher unbekannte Schauplätze des Zweiten Weltkriegs ausgesucht haben, gehören die einzelnen Karten, die in ländlichen Gebieten oder mitten in halbintakten Städten zu den besten Maps, die es in Ego-Shootern zu bestaunen gilt. In dieser Disziplin wurde definitiv alles richtig gemacht, weshalb es sich auf kommende Updates absolut zu freuen gilt, die hoffentlich auch die häufigen Verbindungsabbrüche tilgen.

Technische Glanzleistung

In puncto Steuerung gibt es kaum etwas zu meckern: Die typische Ego-Shooter-Steuerung auf dem PC mit Maus und Tastatur funktioniert sehr, sehr gut. Nur das Treffer-Feedback könnte etwas besser ausfallen, denn hin und wieder wird die Spielfigur mit Kugeln durchsiebt und es ist nicht ganz klar, woher diese nun stammen. Die Fahrzeuge fühlen sich ebenfalls nicht immer so an, wie sie es eigentlich sollten. Während wir mit der Panzersteuerung keinerlei Probleme haben, kleben Geländewagen zu stark am Boden. Dies ist aber zu vernachlässigen, da ein Großteil des Spiels ohnehin als Infanterist bestritten wird. Unter technischen Gesichtspunkten ist Battlefield V abermals ein Musterbeispiel geworden, was Digital Illusions Creative Entertainment auf die Beine stellen kann. Sämtliche Texturen sind hochauflösend und auf älteren Mittelklasse-Rechnern läuft Battlefield V ebenfalls noch sehr gut. Auch die Gesichtsanimationen in den Zwischensequenzen wissen zu beeindrucken. Einzig und allein dass in den meisten Zwischensequenzen am oberen Bildschirmrand diverse Bildverschiebungen stattfinden, hätte vermieden werden können. Musikalisch kann uns das Spiel mit einem guten Soundtrack, allen voran im Einzelspielermodus, bei Laune halten. Unterm Strich ist Battlefield V wieder ein sehr guter kompetitiver Mehrspieler-Titel geworden, der es jedoch abermals verpasst hat, das immense Potenzial einer Einzelspieler-Kampagne fast vollständig zu ignorieren.

Geschrieben von Eric Ebelt

Erics Fazit (basierend auf der PC-Fassung): Battlefield V liefert grundsätzlich einen ähnlichen guten Eindruck wie der letzte große Eintrag der langjährigen Serie. Die Rückkehr zum Zweiten Weltkrieg wurde sich schon seit einigen Jahren gewünscht und nachdem es der wohl größte Konkurrent Activision es mit Call of Duty: WWII vorgemacht hat, zieht Electronic Arts endlich nach. Zwar kann die Einzelspielerkampagne mit ihren eher blassen Charakteren und der viel zu kurzen Spielzeit der einzelnen Szenarien nicht gänzlich überzeugen, doch gibt es auch hier den einen oder anderen erinnerungswürdigen Moment. Wenn beispielsweise das Lied „It’s a long Way to Tipperary“ aus einem alten Grammophon trällert, während dutzende Feinde ins virtuelle Nirwana gepustet werden, ist das vielleicht ein wenig glorifizierend, aber immer noch sehr stimmungsvoll inszeniert. Dennoch wird an allen Ecken und Enden die Sinnlosigkeit des Krieges hervorragend dargestellt. Wer sich gerne online mit Freunden oder unbekannten Spielern auf dem Schlachtfeld tummelt, wird zwar wenig abwechslungsreiche Spielmodi entdecken, dafür aber ein umso engeres Zusammenspiel, eines daraus resultierenden Abwechslungsreichtums und unterschiedliche zerstörbare Schauplätze erleben, die es auch außerhalb der Battlefield-Reihe mit anderen Ego-Shootern problemlos aufnehmen können.

Vielen Dank an Electronic Arts für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Battlefield V!

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